# taz.de -- Wohnungspolitik in Hamburg: Das Mietpreis-Märchen | |
> Für die SPD gilt die Hamburger Wohnungspolitik als Erfolgsmodell. Doch | |
> auch in der Hansestadt schrumpft die Zahl der Sozialwohnungen. | |
Bild: Steigende Mieten, Wohnungsnot: keine rosigen Aussichten für Wohnungssuch… | |
HAMBURG taz | Die SPD hat die Wohnungspolitik zu einem ihrer großen | |
Wahlkampfthemen erklärt. „Wer bezahlbare Mieten und soziale Städte will, | |
wählt die SPD“, heißt es im Konzept für eine neue Wohn- und Stadtpolitik, | |
das die SPD zum Jahresbeginn präsentierte. Hamburg gilt für die Partei als | |
Vorzeigebeispiel. Aber taugt die Hamburger Wohnungspolitik als Modell für | |
andere Städte? | |
Hamburg macht seit langem wegen steigender Mieten und Wohnungsnot | |
Schlagzeilen. Zum Semesterbeginn mussten Studierende erstmals in Turnhallen | |
schlafen. Bei Wohnungsbesichtigungen reicht die Schlange oft bis auf die | |
Straße. Nirgendwo in Deutschland stiegen die Mieten in den letzten sieben | |
Jahren so stark. Die Preise für Neuvermietungen erhöhten sich laut dem | |
Mieterverein um 25 Prozent. „Unter elf Euro kalt findet man in ganz Hamburg | |
keine Wohnung mehr“, sagt Stefan Schmalfeldt vom Mieterverein. Wohnungen in | |
Neubauten kosten 13 Euro und mehr. Tendenz steigend. | |
Hamburg wächst. Seit 1990 stieg die Bevölkerung um fast 150.000 Menschen | |
auf aktuell 1,8 Millionen. In 20 Jahren könnten es zwei Millionen sein, | |
prognostizierte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch. Mit einem | |
Wohnungsbauprogramm will die allein regierende SPD in Hamburg die Lage in | |
den Griff bekommen. Das Ziel sind 6.000 neue Wohnungen pro Jahr. | |
2012 wurden in Hamburg sogar 8.731 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt. | |
Doch genau genommen trickst der SPD-Senat bei seiner Bilanz. Neuerdings | |
lässt er selbst zählen – mit dem Ergebnis, dass 2011 fast 1.800 | |
Baugenehmigungen mehr auf dem Papier standen als beim Statistikamt Nord. | |
Denn der Senat zählt nur die Baugenehmigungen, zieht aber nicht die | |
Wohnungen ab, die für den Neubau weichen müssen. | |
## Mietpreis-Deckelung | |
Die Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) tat sich mit einer | |
Bundesratsinitiative zur Mietpreis-Deckelung hervor. Ihr Vorstoß empörte | |
die Wohnungswirtschaft. | |
In Hamburg fehlen vor allem Sozialwohnungen. Der Senat setzt beim Neubau | |
auf den sogenannten Drittelmix. Investoren sollen zu einem Drittel | |
öffentlich geförderte Wohnungen bauen. Die städtische | |
Wohnungsbaukreditanstalt hat im vergangenen Jahr zwar 2.120 Wohnungen | |
öffentlich gefördert. 2.095 davon sind klassische Sozialwohnungen nach dem | |
ersten Förderweg mit einer Anfangsmiete von 5,90 Euro pro Quadratmeter. Die | |
Einkommensgrenze für einen Einpersonenhaushalt liegt hier bei 15.600 Euro | |
netto. | |
25 Wohnungen werden nach dem neuen zweiten Förderweg für Haushalte mit | |
mittlerem Einkommen gebaut. Bei einem Single-Haushalt darf das Einkommen | |
nicht mehr als 19.200 Euro netto betragen. Die Mieten liegen hier bei acht | |
Euro pro Quadratmeter. | |
## Weniger Sozialwohnungen | |
Weil aber bei vielen Wohnungen die Mietpreisbindung ausläuft, fielen im | |
vergangenen Jahr unter dem Strich dennoch 3.000 Sozialwohnungen weg. In den | |
70er Jahren gab es in der Stadt noch rund 400.000 Sozialwohnungen, heute | |
sind es noch rund 95.000. Dabei hätten laut der Linksfraktion weiter | |
400.000 Haushalte einen Anspruch auf geförderten Wohnraum. Laut | |
Mieterverein werden in den nächsten fünf Jahren 25.000 weitere | |
Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung fallen. | |
Olaf Scholz hat recht, wenn er sagt, dass in den letzten zehn Jahren in | |
Hamburg zu wenig Wohnungen gebaut wurden. Gerade hat er eingeräumt, dass | |
6.000 neue Wohnungen im Jahr nicht genügen. Doch an das drängende Thema, | |
dass Sozialwohnungen künftig nicht mehr nach 20 Jahren aus der Bindung | |
auslaufen sollten, traut sich die Hamburger SPD nicht ran. | |
4 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
Lena Kaiser | |
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