Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hausdurchsuchung bei taz-Fotografen: In eigener Sache
> Die taz verurteilt die Durchsuchungen bei zwei unserer Fotografen.
> Chefredakteurin Ines Pohl sieht darin einen gefährlichen Eingriff in die
> Pressefreiheit.
Bild: Krawalle mit Nachspiel: Demonstration gegen Kapitalismus in Frankfurt am …
BERLIN taz | Die Polizei hat am Mittwoch die Wohnungen von neun Fotografen
in vier Bundesländern durchsucht. Um sechs Uhr klingelte es auch in Berlin
an der Tür von Christian Mang, der als freier Journalist für die taz und
andere Auftraggeber arbeitet. 12 Polizisten standen vor der Tür, unter
anderem von den Landeskriminalämtern Hessen und Berlin.
Vier Stunden lang durchforsteten sie seine Wohnung und vor allem die
Festplatten seines Computers und seines Laptops. Als sie dort eine
[1][verschlüsselte Datei] fanden, holten sie auch noch Verstärkung vom
Bundeskriminalamt. Die Beamten suchten nach Bildern, die Mang am 31. März
vergangenen Jahres in Frankfurt am Main geschossen hatte.
An jenem Samstag hatten sich 5.000 linke AktivistInnen aus ganz Europa zu
einem antikapitalistischen Protestmarsch durch die Bankenmetropole
getroffen. Gewaltbereite Demonstranten warfen Pflastersteine auf Geschäfte,
Autos und Bankgebäude. Die Polizei nahm über 100 Teilnehmer fest.
Bis heute sucht die Polizei allerdings noch die schwarz gekleideten
Personen, die auf einen Polizeibeamten mit einem Kantholz einprügelten, ihn
traten und mit Reizgas besprühten. Der Beamte wurde schwer verletzt und kam
für mehrere Tage auf die Intensivstation. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt
hofft, dass einer der zehn Fotografen diese Tat festgehalten hat und sie
auf den Fotos die Täter identifizieren kann. Unter den Fotografen ist auch
Björn Kietzmann, der genau wie Mang als freier Journalist für die taz
arbeitet.
taz-Chefredakteurin Ines Pohl kritisiert: „Es ist ein gefährlicher Eingriff
in die Freiheit der Presse, wenn Fotografen damit rechnen müssen, dass ihre
grundgesetzlich geschützten Wohnungen durchsucht werden. Deshalb
verurteilen wir das Vorgehen der Beamten aufs Schärfste.“ Die
Pressefreiheit sei „ein sehr hohes Gut, das unbedingten Schutz genießen
muss“.
##
Die beiden taz-Fotografen werden rechtlich gegen die Durchsuchung vorgehen.
Sie können sich dabei auf das Beschlagnahmeverbot gemäß
//www.gesetze-im-internet.de/stpo/__97.html:§ 97 der Strafprozessordnung
berufen, das für Journalisten ebenso gilt wie für Rechtsanwälte, Pfarrer,
Ärzte und Abgeordnete. Das Bundesverfassungsgericht war 2007 im
[2][Cicero-Urteil] zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Journalisten nur
durchsucht werden darf. wenn es Beweise dafür gibt, dass sie selbst eine
Straftat begangen haben. Sonst aber nicht, denn: „Eine Durchsuchung in
Presseräumen stellt wegen der damit verbundenen Störung der redaktionellen
Arbeit und der Möglichkeit einer einschüchternden Wirkung eine
Beeinträchtigung der Pressefreiheit dar.“
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt begründet die Durchsuchung mit einem
Missverständnis. Man sei „davon ausgegangen, dass es sich nicht um
Pressefotografen handelt“, erklärt Pressesprecherin Doris Möller-Scheu.
Wenn sich jetzt „Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich doch um
Pressefotografen handelt, wird das gesicherte Material nicht gesichtet bis
der Sachverhalt insoweit geklärt ist“. Bei Nicht-Journalisten wäre die
Durchsuchung gemäß [3][§ 103] der Strafprozessordnung erlaubt.
Christian Mang hält die Aussage der Staatsanwaltschaft für völlig
unglaubwürdig. Eine einfache Google-Suche nach seinem Namen führt
schließlich auf seine [4][Website], auf der er als „Fotojournalist“
bezeichnet wird und auf der auch eine Liste seiner Auftraggeber steht. Bei
Björn Kietzmann ist es genauso leicht. Bei ihm kommt hinzu: Er gehört zu
den Journalisten, die so häufig mit der Pressestelle der Berliner Polizei
in Kontakt sind, dass sie im Dezember mit einer Weihnachtskarte bedacht
wurden. Auch den durchsuchenden Beamten war bewusst, was sie taten. Im
Polizeiprotokoll, das er ausgehändigt bekam, ist ausdrücklich vermerkt, es
sei der „Wohn- und Redaktionsraum“ Kietzmanns durchsucht worden.
Die Durchsuchung sei ein „ungeheuerlicher Vorgang“, kritisiert Cornelia
Haß, Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion
in Ver.di. „Die durchgeführten Maßnahmen entbehren jeder
Verhältnismäßigkeit und entsprechen keinerlei rechtsstaatlichen Standards.“
Hier würden „Pressevertreter mit brachialen Methoden gezwungen,
Hilfspolizisten zu spielen“.
Siehe auch: [5][Warum wir keine Bilder freiwillig herausgeben]
6 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.truecrypt.org/
[2] http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20070227_1bvr053806…
[3] http://dejure.org/gesetze/StPO/103.html
[4] http://www.christianmang.com/
[5] http://blogs.taz.de/hausblog/2013/02/06/strafverfolgung-warum-wir-keine-bil…
## AUTOREN
Sebastian Heiser
Sebastian Heiser
## TAGS
taz
Fotografie
in eigener Sache
Durchsuchung
Immobilienmarkt
Hausdurchsuchung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Besetztes Uni-Gebäude in Frankfurt: Richter lassen Räumung zu
Das „Institut für vergleichende Irrelevanz“ muss dicht machen, so will es
das Landgericht Frankfurt. Der klagende Hausbesitzer war mit einem
juristischen Kniff erfolgreich.
Hausdurchsuchungen bei Fotografen: Grundrechte? Lästig!
Sollten Fotografen ihre Bilder freiwillig der Polizei überlassen? Natürlich
nicht - weil ihre Unabhängigkeit sonst infrage stünde.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.