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# taz.de -- Kampf um Jüdisches Museum in Köln: Sparen für Geschichtsvergesse…
> Kölns jüdische Gemeinde ist die älteste nördlich der Alpen. Ein Jüdisches
> Museum fehlt. Eine Initiative will, dass das so bleibt – aus
> Kostengründen.
Bild: Computersimulation des geplanten Jüdischen Museums in Köln.
KÖLN taz | Köln hat viele Museen: darunter das Römisch-Germanische, eines
für ostasiatische und eines für moderne Kunst. Nur ein jüdisches Museum ist
nicht dabei. Geht es nach den Initiatoren des Appells „Mut zum Verzicht“
soll dies auf absehbare Zeit auch so bleiben. Angesichts der desolaten
Haushaltslage könne sich Köln ein solches Prestigeobjekt derzeit nicht
leisten. Sie wollen bis Anfang April 50.000 Unterschriften „für ein
Moratorium aller Kölner Großprojekte“ zusammenbringen. Damit geht ein
schier unendlicher Streit in die nächste Runde.
Seit Jahren tobt die Diskussion, ob und wo in der Domstadt ein jüdisches
Museum entstehen soll. Überfällig wäre es längst. Immerhin gilt die
jüdische Gemeinde in Köln als die älteste nördlich der Alpen – urkundlich
nachweisbar seit der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts. Im Mai 2006 schien
eine Vorentscheidung gefallen zu sein: Der Stadtrat fasste mit den Stimmen
von SPD, Grünen, FDP und Linkspartei den Grundsatzbeschluss für den Bau
eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur unmittelbar vor dem
Historischen Rathaus. Hier befand sich einst das Zentrum eines der größten
und ältesten jüdischen Stadtquartiere Mitteleuropas.
Lange Zeit war der Platz vor dem Sitz der Kölner Stadtregierung nicht mehr
als eine dem Zweiten Weltkrieg geschuldete Freifläche. Inzwischen wird auf
der abschüssigen Nachkriegsbrache jedoch kräftig gegraben. Denn unter der
Erde lagern beeindruckende Zeugnisse aus zwei Jahrtausenden Kölner
Stadtgeschichte, darunter die Reste der mittelalterlichen Synagoge und eine
weitgehend erhaltene Mikwe, ein aus dem 8. Jahrhundert stammendes jüdisches
Bad zur rituellen Reinigung.
Seit 2007 entsteht hier eine archäologische Zone, die nach den bisherigen
Planungen der Stadt mit dem jüdischen Museum verbunden werden soll. So
könnte eine einzigartige über- und unterirdische Museumslandschaft im
Herzen Kölns geschaffen werden. Die kalkulierten Baukosten liegen bei rund
52 Millionen Euro, wovon das Land Nordrhein-Westfalen 14,3 Millionen Euro
tragen würde. Ein Anteil von rund 37,5 Millionen Euro verbliebe bei der
Stadt. Damit würde das Museum in etwa so viel kosten wie eine neue
U-Bahn-Haltestelle am Hauptbahnhof.
## Agitation „aus städtebaulichen Gründen“
Doch es gibt Widerstände. Nicht nur die rechtsextreme „Bürgerbewegung pro
Köln“ agitiert „aus städtebaulichen Gründen“ gegen den Museumsbau auf …
Rathausvorplatz. Die CDU und die Freien Wähler sprachen sich im Rat
ebenfalls dagegen aus: zu teuer, zu groß. Nach ihrer Ansicht sollte die
Planung für die Bebauung auf ein Minimum reduziert werden. Das heißt, sie
sollte auf die „notwendigen Schutzbauten“ für die Archäologische Zone
beschränkt werden. Das würde das Aus für das jüdische Museum bedeuten.
Die parlamentarischen Gegner bekommen unerwartet außerparlamentarische
Schützenhilfe. Unter der Überschrift „Mut zum Verzicht“ fordert eine
Initiative um den ehemaligen SPD-Stadtrat Karl-Heinz Pütz, Organisator der
legendären antirassistischen „Arsch huh, Zäng ussenander“-Konzerte, und d…
Hotelier Werner Peters, Ex-Mitarbeiter der CDU-Bundesgeschäftsstelle und
Chef der „Partei der Nichtwähler“, ein Moratorium aller Kölner
Großprojekte. „An erster Stelle gilt dies für das jüdische Museum über der
archäologischen Zone vor dem Rathaus“, heißt es in ihrem Appell. Der wird
vom Kölner Kreisverband der Piratenpartei unterstützt.
Die Begründung der „Mut zum Verzicht“-Initiative: „Angesichts der
katastrophalen finanziellen Situation der Stadt mit einem Haushaltsloch von
300 Millionen Euro ist es geradezu verantwortungslos, ein neues Museum und
andere Großprojekte zu beschließen und unbeirrt weiterzuverfolgen.“ Schon
jetzt gebe es keine ausreichenden finanziellen Mittel, um bestehende Museen
angemessen zu sanieren. Außerdem fehle Geld für soziale Projekte.
Eine Argumentation, die das Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde
Abraham Lehrer nicht gelten lassen will. Der Protest sei „populistisch“:
„An den Sozialausgaben wird unabhängig von dem Museumsbau gekürzt, kommt er
nicht, wird sich daran nichts ändern“, sagte Lehrer der Zeitung Jüdische
Allgemeine. Es solle endlich mit dem Bau des Museums begonnen werden. Noch
steht die rot-grüne Stadtspitze hinter dem Museumsprojekt. Jürgen Roter
(SPD), Kölns Oberbürgermeister, sieht das ähnlich. Er sagt: „Ein
historische Chance würde vergeben, ohne dass eine spürbare Entlastung des
städtischen Haushalts eintritt.“
15 Feb 2013
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Köln
Jüdisches Museum
Moratorium
Haushalt
Judentum
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einspringen.
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