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# taz.de -- Zum Tod von Christian Semler: „Sein Humor wird uns fehlen“
> Wie sich Polen und Deutsche an einen freundlichen Menschen erinnern: Eine
> Auswahl von Nachrufen zum Tod von Christian Semler.
Bild: Christian Semler – wie so oft beim Lesen.
BERLIN taz | „Am 13. Februar 2013 starb Christian Semler, der linke
Intellektuelle, scharfsinnige Journalist und Redakteur der Berliner
Tageszeitung taz. Er war ein Mensch mit offenem Geist und großem Herzen.
Seit den 1980er Jahren hatte er gemeinsam mit seiner Frau Ruth Henning die
Solidarnosc-Bewegung unterstützt, indem er viele Aufgaben in Polen und
Deutschland übernahm.
Seine klare Beobachtungsgabe wird uns sehr fehlen, sein Sinn für Humor,
seine lustigen Kommentare und die Aufmerksamkeit, mit der er sich voll
Wärme jeder Unterhaltung widmete. Liebe Ruth, wir fühlen mit Dir. Deine
polnischen Freunde.“
So ehrt das deutsch-polnische Internetportal [1][Transodra Online] in
seinem Nachruf unseren Freund und Kollegen Christian Semler (1938–2013),
der im Alter von 74 Jahren verstorben ist.
Die taz hat Christians in ihrer Ausgabe vom 14. Februar gedacht. Die
Erinnerungen und Nachrufe sind auf [2][taz.de] nachzulesen.
Wir fühlen mit Ruth Henning, mit Christians Schwester Susanne Hess, seinem
Neffen Benedikt Hess sowie mit allen, die ihn kannten – ob persönlich oder
als Leser seiner Texte – und die sein Tod traurig macht.
Das Europäisches Zentrum der Solidarnosc ECS in Gdansk [3][gedenkt]
Christian Semlers mit diesen Worten: „Er war der Solidarnosc-Bewegung seit
1980 eine Stütze, weil er in vielen Artikeln, Broschüren und anderen
Publikationen sein Wissen über das kommunistische Polen verbreitete.
Nachdem das Kriegsrecht ausgerufen worden war, unterstützte er die
Opposition, organisierte Demonstrationen, aber auch Treffen, Konzerte und
Filmabende, die die Situation in Polen thematisierten. Er half auch
unmittelbar dem Untergrund der Solidarnosc. Für seine Hilfe und
Unterstützung erhielt er 2010 vom polnischen Präsidenten Bronislaw
Komorowski die Dankesmedaille des ECS.“
## Von „FAZ“ bis „FR“
In den deutschen Printmedien hat der Tod von Christian Semler ein großes
und vielfältiges Echo ausgelöst – insbesondere, was seine bemerkenswerte
Entwicklung als politischer Mensch betrifft.
So schreibt Lorenz Jäger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Die
Spannung, die in diesem Leben zu bewältigen war, kann man sich an der
Herkunft klarmachen. Christian Semlers Mutter war die Schauspielerin und
Kabarettistin Ursula Herking, die früh in der ’Dreigroschenoper‘ die Jenny
gespielt hatte, dann, in der NS-Zeit, ein Kabarett mit Werner Finckh
führte, die in der Bundesrepublik mit der Münchner Lach- und
Schießgesellschaft auftrat und mit Wolfgang Neuss. […] Der Vater aber,
Johannes Semler, war einer der Gründer der CSU gewesen. […]
Auch Christian Semler gründete eine Partei. Es war die Kommunistische
Partei Deutschlands/Aufbauorganisation (KPD/AO), später schlichter und
zugleich anspruchsvoller KPD. Am Ende versteht und kann man doch nur das,
was die Eltern schon beim Essen beredeten. Dass man es dann anders macht,
gerade in der Wiederholung, gehört zur Sache selbst.“
Auf [4][Spiegel Online] erinnern sich Christians ehemalige taz-Kollegen
Michael Sontheimer und Stefan Kuzmany: „Die Wandlung des maoistischen
Hardliners zu einem linksalternativen Intellektuellen vollzog Semler mit
einer in der Linken selten anzutreffenden Gelassenheit – ohne
bekenntnishafte Generalabrechnung mit der eigenen Vergangenheit, aber doch
mit beständiger Hinterfragung seiner Positionen in der täglichen Arbeit, in
seinen Kommentaren zum Zeitgeschehen, die er selbst gerne
’Besinnungsaufsätze‘ nannte.“
In der Frankfurter Rundschau/Berliner Zeitung schreibt der ehemalige
taz-Chefredakteur Thomas Schmid: „Anders als viele seiner politischen
Weggefährten wurde Semler nie ein Renegat, der seiner peinlichen
Vergangenheit einfach abschwor und danach gegenteilige Positionen vertrat.
Er blieb, nach einem gewiss mühsamen Selbstfindungs- und Lernprozess, ein
Linker.
Sein journalistisches Engagement galt fortan vor allem dem Rechtsstaat, den
er einst frivol verhöhnt hatte. Er verteidigte die Bürgerrechte, schrieb
gegen politische Entmündigung an und setzte sich für die Belange sozial
Benachteiligter ein. Für sein publizistisches Werk erhielt er 2009 den
renommierten Otto-Brenner-Preis.“
## taz als Forum
Der Autor Willi Winkler meint in der [5][SZ:] „Jedes Leben ist, wenn es zu
Ende ist, unvollendet. Doch fand der Unruhegeist Semler in der von
ständigen Fraktionskämpfen zerrissenen taz endlich das Forum, in dem er
seinen eigenen Dogmatismus loswerden und andere an seinem enzyklopädischen
Wissen teilhaben lassen konnte. Wie er einmal sagte, hat ihn die Zeitung
nicht wegen ihres entschlossenen Linkstums interessiert, sondern weil sie –
selige Zeiten! – eine ’Kritik der Mittelgebirge‘ veröffentlichte.“
Bei Christian Semler ist sich die taz aber ausnahmsweise mal einig: Wir
haben einen Gesprächspartner verloren, den niemand ersetzen kann.
Anfang März wird in Berlin eine öffentliche Trauerfeier für Christian
Semler stattfinden, genauer Termin und Ort folgen.
(Übersetzungen aus dem Polnischen von Emilia Smechowski)
15 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.transodra-online.net/de/node/18614
[2] /
[3] http://www.ecs.gda.pl/
[4] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/nachruf-auf-christian-semler-a-88…
[5] http://www.sueddeutsche.de/kultur/autor-christian-semler-ist-tot-einer-der-…
## TAGS
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