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# taz.de -- Debatte Drohnen: Drohnen für alle
> Eine neue Rüstungsspirale droht. Nicht nur Deutschland wird unbemannte
> Flugobjekte haben wollen – und sie auch einsetzen.
Bild: Gefährliche Schönheiten. Bald auch im Deutschen Luftraum?
In Kürze will uns der Verteidigungsminister verraten, welche Kampfdrohne er
seiner Bundeswehr nun zugedacht hat: die so heiß gewünschte
US-amerikanische Predator? Oder das noch zu entwickelnde Modell von EADS?
Auf Letzteres drängten die Drohnenfans unter den deutschen
Verteidigungspolitikern, das Wohl der heimischen Industrie stets im Blick.
Mit kalkuliert wachsender Vehemenz hat Minister Thomas de Maizière (CDU) in
den vergangenen Wochen einen Einsatz bewaffneter Drohnen gerechtfertigt:
Anders als die USA werde Deutschland Killerdrohnen nur in offiziell
legitimierten Kriegseinsätzen verwenden. Sie seien präziser als anderer
Raketenbeschuss, schonten daher Zivilisten und die eigenen Truppen sowieso.
Drohnen, will der Minister damit sagen, sind – grundgesetzgemäß eingesetzt
– ein weiteres Beispiel dafür, dass Effizienz ethisch ist. Wie schwer das
zu widerlegen ist, hat Eric Chauvistré kürzlich an dieser Stelle (taz vom
9. 2.) geschrieben: Wer den vergrößerten räumlichen Abstand zwischen Pilot
und Ziel „zum Zivilisationsbruch erklärt“, verkläre damit die Art von
Krieg, die wir längst haben. Oder dachte jemand, der Flugzeugpilot sieht
den Leuten in die Augen, auf die er die Rakete abschießt?
Und doch birgt das „Nichts Neues unter der Sonne“-Argument Chauvistrés die
Gefahr, den qualitativen Sprung in der Rüstungsentwicklung zu übersehen,
den die Drohnen bringen. Denn sie bescheren uns aller Voraussicht nach eine
neue Rüstungsspirale – und zwar im Rahmen der unübersichtlichen neuen
Weltordnung.
## So praktisch, so vielseitig
Drohnen sind das Produkt, das so praktisch, so vielseitig und am Ende so
billig sein wird, dass alle militärisch aktiven Staaten und Organisationen
sie haben wollen werden. Der US-Antiterrorkampf mit Killerdrohnen sprengt
seit 2001 die Grenzen zwischen Kriegs- und Polizeieinsatz, er richtet sich
immer stärker gegen Individuen und nicht mehr gegen herkömmliche
militärische Gegner.
Umgekehrt werden Drohnen aber auch das Mittel sein, mit dem kriminelle
Individuen und Milizen sich an Staaten rächen. Die Bedeutung des
Drohneneinsatzes ist deshalb längst nicht darauf reduzierbar, ob und wann
bewaffnetes Fluggerät in einem deutschen Fliegerhorst steht. Die Frage
lautet, ob es gelingen wird, weltweite Regeln des Drohneneinsatzes zu
verabreden – und sie durchzusetzen.
Für alle, die sich an den Kalten Krieg nicht erinnern: Rüstungsspirale oder
auch -wettlauf sind die Wörter dafür, dass sich bis 1989 zwei Supermächte
unglaublich zerstörerische Waffen bauen ließen, die gereicht hätten, den
Planeten ein paar Mal in Stücke zu sprengen. Begründet wurde dies
jahrzehntelang damit, dass Abschreckung leider notwendig sei.
## Es wird wieder abgeschreckt
Nicht umsonst tauchte dieses altertümlich anmutende Wort jüngst in der
Regierungsantwort auf eine Grünen-Anfrage wieder auf. „Neuartige
militärische Fähigkeiten sind in erster Linie Ausdruck eines
technologischen Vorsprungs“, schrieb das Auswärtige Amt über Kampfdrohnen:
„Ihr Sicherheitsgewinn liegt in glaubhafter Abschreckung.“
Womit auch deutlich wird, dass die Behauptung, Afghanistan habe
Kampfdrohnen notwendig gemacht, vorgeschoben ist. Eigentlich geht es der
Regierung darum, dass Deutschland technisch, wirtschaftlich und militärisch
am rasant anwachsenden Drohnengeschäft teilhat. Und es soll gegen die
daraus resultierenden Gefahren gerüstet werden. Das Szenario sieht so aus:
Die erste, rein US- und israelisch dominierte Phase des Drohnenzeitalters
ist bereits vorbei. Die nächste Phase lautet: Drohnen für alle. Über Israel
wurde vergangenen Herbst eine Hisbollah-Drohne abgeschossen. Der
US-Drohnenexperte Peter Singer spricht von 76 Ländern mit „military
robotics“-Programmen – und das sind nicht nur Demokratien.
Noch haben die USA und Israel technisch die Nase weit vorn. Die wohl
bekanntesten Produkte, Predator und Reaper von General Atomics, wachsen
stetig. Die größten Drohnen aber liefert Northrop Grumman: Die – noch –
unbewaffneten Global und Euro Hawk kommen auf bald 40 Meter Spannweite und
kosten 200 Millionen Dollar aufwärts das Stück. Gleichzeitig aber basteln
Hobbyingenieure weltweit an ihren eigenen kleinen Drohnen: Auf
DIYdrones.com – DIY heißt Do It Yourself – sind Bastelsets für wenige
hundert Dollar im Angebot.
## Kuhdiebe fangen
Dabei wirkt der Versuch, zwischen zivilem und militärischem Nutzen der
Drohnen zu unterscheiden, etwas künstlich. Der Hauptzweck der Drohne ist
bereits jetzt zivil wie polizeilich und militärisch, nämlich die
Beobachtung und Überwachung von Kriegsgebieten, Grenzen, Gegnern,
Demonstranten, Verkehrswegen, Vulkanen und Wetterkatastrophen. 2011 wurde
eine Predator B in North Dakota eingesetzt, um Kuhdiebe einzufangen.
Es ist leicht, sich über Leute lustig zu machen, die Angst vor neuen
Techniken haben und verlangen, dass darüber noch einmal grundsätzlich
diskutiert wird. Doch es bedarf keiner übermäßigen Fantasie, um sich
auszumalen, was passiert, wenn die Lufträume den Märkten geöffnet werden
(in Deutschland wurde eine erste entsprechende Gesetzesänderung 2011 eher
unauffällig auf den Weg gebracht).
Es wird Drohnen geben, die in ganz falsche Hände geraten. Angeblich
harmlose Drohnen werden zu Waffen gemacht werden. Es werden Kampfdrohnen an
Staaten verkauft werden, die sich das gleiche Recht wie die USA und Israel
herausnehmen, damit überall auf der Welt Menschen zu erschießen, die sie
für Terroristen halten. Von den selben Konzernen, die Drohnen bauen,
dürften dann Abwehrprogramme angeboten werden.
„Wir können nicht sagen, wir bleiben bei der Postkutsche, wenn alle anderen
die Eisenbahn entwickeln“, so plädierte de Maizière jüngst im Bundestag f�…
die Drohnen. Nach allem, was die Industrieprospekte derzeit hergeben, wird
die Eisenbahn, die de Maizière meint, den Menschen schaden und sie nicht
transportieren. Wer verlangt, dass Deutschland bei dieser Art Fortschritt
dabei ist, soll bitte Nutzen und Risiko offen abwägen.
18 Feb 2013
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
Ulrike Winkelmann
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Drohnen
Drohnenkrieg
Bundeswehr
EADS
Euro Hawk
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Rassismus
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