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# taz.de -- Kommentar Internet und Knast: Smartphones für alle Inhaftierten!
> Wer die Risiken des Internets durchdekliniert, entzaubert die
> tatsächliche Brisanz. Alle Inhaftierten sollten freien Zugang zum
> Internet bekommen.
Alle Inhaftierten in Deutschland sollten freien Zugang zum Internet
bekommen. Politiker, die das fordern, dürfen nicht auf politisches Kapital
hoffen. WLAN für alle Inhaftierten! Das dürfte die Mehrheit in diesem Land
als Wahnsinn empfinden. Als Bestätigung der These vom Luxusvollzug.
Tatsächlich sollte es heißen: Internet, na logisch! Selbstverständlich
sollten Männer und Frauen auch im Gefängnis freien Zugang zu Informationen
haben. Warum auch nicht? Würde Bullerbü sonst im Chaos versinken? Könnten
wir Kinder, Gebrechliche und Alte nicht mehr ohne Geleitschutz auf die
Straße lassen? Sind digitale Verabredungen zu Straftaten zu befürchten?
Steigt die Internetkriminalität?
Bei den meisten Inhaftierten besteht das Problem nicht darin, dass sie bei
der nächsten Gelegenheit den Quellcode der Deutschen Bank hacken. Zum
Bildungsadel im Knast zählt schon einer mit abgeschlossener Lehre. Aber es
geht auch gar nicht um das Internet.
Hat das Münztelefon im Knast die Gesellschaft an den Abgrund geführt? Der
Fernseher? Stellen Pornoheftchen eine Gefahr für die Allgemeinheit dar?
Muss Mohnkuchen wie in manchen Anstalten ernsthaft als mögliches
Rauschmittel verboten werden? Mitunter gilt selbst der juristische
Kommentar zum Strafvollzugsgesetz als nicht zumutbare Gefahr: Der Schmöker
ist so dick, dass ein Waffe darin verborgen sein könnte.
Wer die Risiken des Internets durchdekliniert, entzaubert die tatsächliche
Brisanz. Die Frage aber, ob ein Internetzugang tragbar wäre, vermischt sich
mit dem Impuls: Den Insassen im Knast besser nur nicht zu viel geben! Bei
Debatten zum Strafvollzug bildet Unwissen meistens die Grundlage. Kaum
einer kennt die Rechtslage.
So heißt es im Strafvollzugsgesetz: „Das Leben im Vollzug soll den
allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden.“
Geradezu irrsinnig mag folgender Paragraf erscheinen: „Schädlichen Folgen
des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.“ Die Richter des
Bundesverfassungsgerichts glauben gar: „Der Vollzug von Freiheitsstrafen
ist […] von Verfassungs wegen dem Ziel der Resozialisierung verpflichtet.“
Wer sich draußen umschaut, sieht Menschen, die mit anderen kommunizieren,
per Handy und per Internet. Alle, die mehr Härte gegen Täter fordern,
müssten gesetzestreu rufen: Smartphones für alle Inhaftierten!
19 Feb 2013
## AUTOREN
Kai Schlieter
Kai Schlieter
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Internet
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JVA
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