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# taz.de -- Polizeihund wittert im Knast: Dresdens neuer Handyschnüffler
> Egal, wie klein ein Handy ist, ob ein- oder abgeschaltet – Polizeihund
> Artus findet es. Er ist Deutschlands erster Handyspürhund.
Bild: Artus hat bisher jedes Handy gefunden.
DRESDEN dpa | Artus geht zum Arbeiten in den Knast. Für den drei Jahre
alten Belgischen Schäferhund ist der Dienst hinter Gittern so etwas wie
Spielen. Findet er die in Gefängnissen verbotenen Handys, bekommt er den
„Jackpot“. So heißt sein Lieblingsspielzeug, ein kleiner grüner Ball.
Und deshalb ist Artus Lübeck Airport – so der komplette Namen des Hundes –
schwanzwedelnd bei der Arbeit. „Das verrät seine Aufregung und seinen
Spieltrieb“, sagt Matthias Richter, Ausbildungsleiter in der
Diensthundeschule der sächsischen Polizei.
Handyspürhunde gibt es nach Angaben der sächsischen Justiz bislang in den
USA und Großbritannien. Der Hintergrund: Mobiltelefone werden immer kleiner
und lassen sich immer besser tarnen. „In den 1990er Jahren wäre es kaum
möglich gewesen, ein Handy im Haftraum zu verstecken, es sei denn, man
hätte es als Kühlschrank ausgewiesen“, sagt Sachsens Justizminister Jürgen
Martens (FDP) mit Verweis auf die Größe der ersten „Handy-Knochen“.
Egal wie klein – in Haftanstalten gelten Handys als Sicherheitsrisiko. Zu
groß ist die Gefahr, dass Insassen kriminelle Geschäfte von drinnen weiter
steuern oder Zeugen beeinflussen.
Artus wuchs bei Jörg Siebert auf. Der 42 Jahre alte Justizbeamte ist heute
sein Hundeführer und hat mit Bela auch noch einen Rauschgiftspürhund an der
Leine. Siebert winkt ab. Nein, es sei völlig egal, ob das Handy nun
eingeschaltet ist oder nicht. Auch mit Frequenzen habe die Suche nichts zu
tun.
## Eigengeruch der Handys
Siebert spricht vom besonderen „Eigengeruch“ der Handys. „In den USA lief…
einst Untersuchungen, ob die Lithium-Akkus einen Duft absondern. Wir gehen
davon aus, dass es die Mischung ist. Die Plastikgehäuse, die nur von
wenigen Herstellern auf der Welt stammen, enthalten Weichmacher“, erklärt
Hans-Jürgen Conradi, Ausbilder in der Diensthundeschule.
Ein ganzes Jahr hat die Ausbildung von Artus gedauert, viel länger als bei
anderen Spürhunden, die oft nach 12 bis 14 Wochen ihre Prüfung ablegen. Das
Zusammenspiel zwischen Herrchen und Hund ist Teamarbeit. Jeder Spürhund ist
nur so gut wie der Mensch am anderen Ende der Leine, sagen die Experten.
Und Geduld gilt als oberstes Prinzip. Außerdem ist der Hundeführer auch als
Psychologe gefragt. „Wenn ein Hund sechs Gefängniszellen erfolglos absucht,
dann braucht er erstmal wieder ein Erfolgserlebnis“, sagt Conradi. Dann
werde eben ein leicht auffindbares Handy für ihn platziert. Gut ist ein
Handyspürhund, wenn er eine Erfolgsquote von 80 Prozent hat.
## Auf die Arbeit im Knast konditioniert
Artus scheint momentan in Hochform. Bisher habe er alles aufgespürt,
berichtet Conradi. Auf die Handys von Siebert oder von Menschen außerhalb
der Gefängnismauern reagiert der Hund nicht, er ist speziell für die Arbeit
hinter Gittern konditioniert.
Dabei muss er nicht nur in Zellen suchen. Gelegentlich werden Handys auch
über Gefängnismauern geworfen. Selbst die Autos von Dienstleistern, die im
Knast zu tun haben, müssen zur Kontrolle. Deshalb umfasste Artus' Prüfung
auch drei Teile: Räumlichkeit, Fahrzeuge, Freigelände. Er bestand den Test
mit „befriedigend“ – in der Hundeschule eine gute Note.
Die Sachsen bilden inzwischen fast alle ihre Spürhunde als sogenannte
Passivhunde aus: Wenn sie etwas finden, sollen sie nicht „aktiv“ werden.
„Der Hund darf in der Zelle nicht randalieren. Sonst ist der Gefangene
schnell mit seinem Anwalt da“, erklärt Conradi. Und auch bei
Fahrzeugkontrollen lasse sich kein Besitzer einer Nobelkarosse gern die
Rückbank zerkratzen.
Die Sachsen hoffen nun darauf, dass Artus noch jahrelang gut schnüffelt.
Ihre Erfahrungen bei der Ausbildung des Hundes wollen sie gern an die
Kollegen in anderen Bundesländern weitergeben.
18 Mar 2013
## AUTOREN
Jörg Schurig
## TAGS
Gefängnis
Polizei
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Internet
Knast
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