# taz.de -- Kommentar Deutschlandstipendium: Ein Selbstbedienungsladen | |
> Unternehmen und Private dürfen Unis bei der Auswahl der Stipendiaten | |
> reinreden. Dabei gewinnen jene, die am meisten haben: die Kinder von | |
> Bildungsbürgern. | |
Bild: Ist nicht Schavan. Was nicht heißt, dass sie Stipendien für Bildungsbü… | |
Es mag sein, dass sich viele Geldgeber aus reiner Menschenliebe am | |
Deutschlandstipendium beteiligen. Dass sie sich nur das Gefühl erkaufen | |
möchten, einem jungen Talent ein paar sorgenfreie Semester zu finanzieren | |
und allein damit schon glücklich sind. Trotzdem ist es kein Zufall, wenn | |
Unternehmen und Privatleuten den Unis bei der Auswahl der Stipendiaten | |
massiv reinreden: Wer als begabt gilt, entscheidet im Zweifel derjenige, | |
der das Geld gibt. | |
Die Tücke liegt im Gesetz selbst. Einflussnahme wird einerseits strikt | |
ausgeschlossen, andererseits explizit ermöglicht. Die Geldgeber dürfen zwar | |
nicht per Fingerzeig angeben, wen sie beglücken wollen, wohl aber | |
unverbindliche Wünsche äußern. Aber wie ungebunden kann eine Universität | |
sich noch fühlen, wenn sie ihrem Finanzier direkt gegenüber sitzt? | |
Man muss es so klar sagen: Diese Unschärfe zur Bestechung ist gewollt, | |
Kungeln offenbar erwünscht. Denn natürlich hätte man das | |
Deutschlandstipendium anders konstruieren können. Man hätte | |
spendierfreudige Unternehmen etwa in einen hochschulübergreifenden Topf | |
einzahlen lassen können, ihn mit Bundesmitteln auffüllen und daraus begabte | |
Studierende unterstützten können. Die direkte Beziehung vom Geldgeber zum | |
Geldempfänger wäre dann immerhin gekappt. Einem Förderer, dem es wirklich | |
rein um die Menschenliebe geht, sollte das recht sein. | |
Eine wirkliche große Tat könnte die neue Bildungsministerin Johanna Wanka | |
(CDU) allerdings vollbringen, wenn sie das Deutschlandstipendium ganz | |
knicken würde – und möglichst alle anderen mit. Nicht nur, um Einflussnahme | |
zu vermeiden. Sondern weil Stipendien der falsche Weg zur | |
Studienfinanzierung sind. Jeder Kommilitone, der Bafög beantragt, muss erst | |
einmal seine Bedürftigkeit nachweisen. Den Stipendiaten, den vermeintlich | |
Begaben, werden 300 Euro einfach hinterhergeworfen. | |
Das Geld kommt denen zu Gute, die es am wenigsten brauchen. Dazu trägt auch | |
bei, dass eben Stipendien nicht ausschließlich nach halbwegs objektiven | |
Kriterien wie Noten vergeben werden. Wer die Förderung erhalten will, muss | |
mit Engagement und Persönlichkeit punkten – Akdademikerkindern wissen sich | |
in einer Auswahlrunde aus Professoren fast zwangsläufig besser zu | |
verkaufen. Das Stipendienwesen ist ein Selbstbedienungsladen des | |
Bildungsbürgertums. Er gehört geschlossen. | |
21 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
Bernd Kramer | |
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