| # taz.de -- Neue Konzessionsrichtlinie: EU lenkt beim Wasser ein | |
| > Weniger Kommunen sollen Aufträge EU-weit ausschreiben müssen. Diese | |
| > Ankündigung von EU-Binnenkommissar Barnier löst geteiltes Echo aus. | |
| Bild: Noch nicht von der EU reglementiert: Tautropfen. | |
| BERLIN taz | Die EU-Kommission will klare Regeln festzurren. In der neuen | |
| Konzessionsrichtlinie soll festgelegt werden, wie das Verfahren ablaufen | |
| muss, wenn eine Gemeinde etwa den Betrieb von Energienetzen einem | |
| Privatunternehmen überträgt. Das Ziel: Transparenz herstellen, Korruption | |
| verhindern. | |
| Die Neuerung betrifft auch die Wasserversorgung und deshalb sind deutsche | |
| Städte und Gemeinden nicht damit einverstanden. Denn unter bestimmten | |
| Umständen müssen sie die Wasserversorgung, die bislang kommunale Versorger | |
| übernehmen, in Zukunft EU-weit ausschreiben. Sie fürchten | |
| Qualitätsverluste. | |
| Der EU-Binnenkommissar kommt den Kritikern nun etwas entgegen. In einer | |
| Sitzung des zuständigen Ausschusses kündigte Michel Barnier jetzt an, dass | |
| die EU-weite Ausschreibungspflicht für weniger kommunale Unternehmen gelten | |
| soll als bislang geplant. Und einmal mehr wehrte sich Barnier gegen den | |
| Vorwurf, er wolle die Wasserversorgung privatisieren. „Die Kommission hat | |
| keineswegs vor, die Wasserwirtschaft zu privatisieren – weder heute noch | |
| morgen“, sagte Barnier [1][laut Redemanuskript]. | |
| Eine europaweite Initiative, die sich ausdrücklich gegen die | |
| Wasserprivatisierung fordert, hat inzwischen [2][mehr als eine Million | |
| Unterschriften gesammelt]. Die jüngste Entwicklung sei deshalb „auch auf | |
| den öffentlichen Widerstand und die laufende Europäische Bürgerinitiative | |
| für ein Recht auf Wasser zurückzuführen“, sagte Michael Efler, | |
| Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. | |
| ## Weitere Korrekturen gefordert | |
| Ändern soll sich nun ein kleines, aber entscheidendes Detail: Bisher | |
| sollten Wasseraufträge europaweit ausgeschrieben werden müssen, sobald der | |
| kommunale Versorger mehr als 20 Prozent seines Geschäfts außerhalb der | |
| Kommune tätigt. Seit der Strommarkt liberalisiert ist, trifft das im | |
| Prinzip auf alle zu. Jetzt soll die Wassersparte separat betrachtet werden. | |
| Wenn also ein kommunales Unternehmen mehr als 80 Prozent seines | |
| Wassergeschäfts in der eigenen Kommune macht, kann auf eine Ausschreibung | |
| verzichtet werden. | |
| „Wenn sie sauber umgesetzt wird, habe ich kein Problem mehr mit der | |
| Richtlinie“, sagt Evelyne Gebhardt, SPD-Abgeordnete im Europarlament, die | |
| im Ausschuss deshalb nicht dafür gestimmt hat. Städtetagspräsident | |
| Christian Ude sprach von einem „positiven Signal“. „Den Ankündigungen | |
| müssen jetzt allerdings Taten folgen“, so Ude, der auch | |
| Aufsichtsratsvorsitzender der Münchner Stadtwerke ist. | |
| Der Verband kommunaler Unternehmen fordert weitere Korrekturen. Nach wie | |
| vor seien 400 von 800 der kommunalen Wasserversorger von der | |
| Ausschreibungspflicht betroffen, schätzt der Verband. All jene nämlich, die | |
| über eine private Beteiligung verfügen. Der Kölner Versorger Rheinenergie, | |
| an dem der RWE-Konzern zu 20 Prozent beteiligt ist, sieht das anders. | |
| Man habe Barniers Einlenken „mit sehr großer Freude“ aufgenommen, so | |
| Unternehmenssprecher Christoph Preuß zur taz. Sollte Barniers Ankündigung | |
| umgesetzt werden, gebe es keinen Grund mehr für Kritik. Denn Rheinenergie | |
| macht deutlich mehr als 80 Prozent seines Wassergeschäfts direkt in Köln. | |
| Nach der Interpretation des Unternehmens sollen auch teilprivatisierte | |
| Versorgungsunternehmen von der Neuregelung betroffen sein. | |
| Die grüne Europaabgeordnete Heide Rühle kann eine solche Änderung nicht | |
| erkennen. Zudem werde gerade kleinere Kommunen die Kooperation bei der | |
| Wasserversorgung weiterhin erschwert. Banier hatte lediglich schwammig | |
| gesagt, dass die Probleme gelöst werden können. | |
| Welche Interpretation auch stimmen mag – verbindlich ist erst ein | |
| schriftlicher Entwurf, der dann zwischen der EU-Kommission, den | |
| EU-Regierungen und dem EU-Parlament diskutiert wird. Um in jedem Fall auf | |
| der sicheren Seite zu sein, fordern die Kritiker eine generelle | |
| Ausnahmeregelung für die Wasserwirtschaft. | |
| 22 Feb 2013 | |
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| [1] http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-13-149_fr.htm | |
| [2] /!110769/ | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Erb | |
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