# taz.de -- Einigung beim Meldegesetz: Kein Freibrief für's Daten-Absaugen | |
> Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat einen | |
> Kompromiss ausgehandelt: Ohne Zustimmung der Bürger dürfen die Behörden | |
> keine Daten rausgeben. | |
Bild: Bürger demonstrieren im vergangenen Herbst gegen das Melderecht. | |
BERLIN dpa | Bund und Länder haben ihren monatelangen Streit über das | |
Melderecht beigelegt. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat | |
billigte am Dienstagabend nach Angaben aus Verhandlungskreisen einen | |
zuletzt erzielten Kompromiss. | |
Im Juni 2012 hatte der Bundestag das [1][umstrittene Meldegesetz] | |
verabschiedet – vor leeren Parlamentsrängen während des | |
Fußball-EM-Halbfinales zwischen Deutschland und Italien. Die Empörung war | |
groß, Datenschützer liefen Sturm gegen die Pläne. Nach den überarbeiteten | |
Gesetzesplänen dürfen Meldeämter Namen und Adressen nur dann zu | |
Werbezwecken an Firmen weitergeben, wenn Betroffene dem vorher ausdrücklich | |
zustimmen. | |
Dem Ergebnis müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. Der | |
Vermittlungsausschuss machte zugleich den Weg frei für die Umsetzung der | |
EU-Regeln für Banküberweisungen in Europa sowie des „[2][Unisex-Urteils]“ | |
zu einheitlichen Versicherungstarifen für Männer und Frauen. | |
Geplant ist, dass Bürger entweder ihre generelle Zustimmung bei der | |
Meldebehörde erklären. Oder aber das Unternehmen, das die Daten nutzen | |
will, holt das Okay der Betroffenen ein. Meldeämter sollen stichprobenartig | |
prüfen, ob solche Einwilligungserklärungen bei den Firmen vorliegen. Bei | |
Verstößen soll ein Bußgeld fällig werden. | |
Auch zur Zweckbindung gab es einen Kompromiss. Empfänger von Meldedaten | |
dürfen diese nur für den Zweck verwenden, für dessen Erfüllung sie | |
übermittelt wurden. Danach sind die Daten zu löschen. Weitere Ergebnisse | |
des Vermittlungsausschusses: | |
„Unisex-Tarife“/Banküberweisungen: Beide Vorhaben sind Teil des | |
„Sepa-Gesetzes“ und eigentlich unstrittig. Die Umsetzung in nationales | |
Recht lag aber auf Eis, weil sich Bund und Länder nicht über geplante | |
Erleichterungen für Lebensversicherer einigen konnten. | |
Die waren ebenfalls Teil des „Sepa-Gesetzes“, sollen nun aber herausgelöst | |
und später separat gelöst werden. Mit Blick auf "Unisex-Tarife" hatten die | |
Versicherungswirtschaft und die Finanzaufsicht BaFin klargestellt, dass | |
trotz der Verzögerungen seit dem EU-weiten Stichtag 21. Dezember 2012 keine | |
Versicherungen mehr verkauft werden, bei denen Männer und Frauen wegen | |
ihres Geschlechts unterschiedliche Preise zahlen. | |
Lebensversicherungen: Ein Bund-Länder-Kompromiss zur Ausschüttung von | |
Bewertungsreserven war gescheitert. Entlastungen werden aber weiter geprüft | |
für Lebensversicherer, die durch die anhaltende Niedrigzinsphase Probleme | |
haben, Zusagen zu erwirtschaften. | |
Bisher war vorgesehen, dass Versicherer einen kleineren Teil ihrer stillen | |
Reserven auf festverzinsliche Anlagen an Kunden ausschütten müssen. Die | |
rot-grün geführten Länder hatten diese Pläne gestoppt. Die Branche pocht | |
weiter auf eine faire Neuregelung für alle Versicherten mit Härtefallregeln | |
für jetzt ausscheidende Kunden. | |
„Streubesitzdividenden“: Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern hatte sich | |
auf einen Kompromiss zur Besteuerung von Dividenden für | |
Mini-Firmenbeteiligungen verständigt. Er bedeutet Mehrbelastungen für | |
deutsche Firmen. | |
Von März 2013 an sollen in- und ausländische Aktionäre bei der | |
Kapitalertragsteuer aus „Streubesitz“ bei Beteiligungen von weniger als | |
zehn Prozent gleich behandelt werden sollen. Für Altfälle soll es nach | |
einem EuGH-Urteil Milliarden-Erstattungen an ausländische Firmenaktionäre | |
geben. | |
Wettbewerbsrecht: Hier wurden die Beratungen erneut vertagt und eine | |
Arbeitsgruppe gebildet. Die Länder wollen unter anderem verhindern, dass | |
die Ausweitung des Kartellrechts auf Krankenkassen die Versorgungsqualität | |
der Patienten beeinträchtigt und die Kassen dem europäischen | |
Wettbewerbsrecht unterstellt werden. | |
27 Feb 2013 | |
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