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# taz.de -- Piratenvorstand darf weitermachen: Gut, darüber geredet zu haben
> Trotz der verheerenden Parteiumfrage zu Piraten-Chef Ponader wird der
> jetzige Parteivorstand wohl bleiben. Das will die Partei so – und er
> selbst auch.
Bild: Piratige Zusammenarbeit: Schlömer (l.) macht den offiziellen Teil, Ponad…
BERLIN taz | Nie zuvor hat ein amtierendes Vorstandsmitglied einer in
mehreren Landtagen vertretenen Partei einen so gigantischen [1][Shitstorm]
gegen sich selbst publik gemacht wie Johannes Ponader, der Politische
Geschäftsführer der Piraten. Seit ein paar Tagen steht das via
Mitgliederbefragung eingeholte [2][„Feedback“ der Basis schon im Netz].
Es enthält reihenweise Beleidigungen, dutzende Rücktrittsforderungen. Die
meistvergebene Zensur der Basis an den 36-jährigen Theaterpädagogen ist die
Schulnote Sechs. Und was sagt Parteichef Bernd Schlömer dazu? „Ich war am
Wochenende auf einer Familienfeier und habe mir die Kommentare nicht
angeschaut.“
Es ist Montagvormittag. Im Café St. Oberholz, einem Treffpunkt der
digitalen Boheme in Berlin-Mitte, hat die Piratenpartei zum Pressefrühstück
geladen. Seit Wochen machen die Piraten fast nur noch mit ihrem
Führungsstreit auf sich aufmerksam. In den Meinungsumfragen sind sie
abgestürzt. Um sich einen Weg aus der Sackgasse zu bahnen und den
Machtkampf im Vorstand zu entscheiden, hat der Bundesvorstand schließlich
gegen Ponaders Willen eine groß angelegte, in der Partei umstrittene
Basisbefragung angezettelt.
Nun hat er zur Präsentation der Ergebnisse geladen. Natürlich seien „gute
Sitten und Anstand auch in der Informationsgesellschaft“ wichtig, fügt
Schlömer leidenschaftslos an. Dann stellt er klar: Dieser neue Weg der
Vorstandsbenotung belege das innovative Potenzial der Piraten. „Wir sind
die erste relevante Partei, die so ein Feedback-Instrument angewendet hat.“
In Unternehmen seien ähnliche Mitarbeiterbefragungen längst üblich. „Mutige
Vorgesetzte stellen sich der Kritik“, argumentiert Schlömer.
Er persönlich sei jedenfalls ein großer Anhänger von „Open Leadership“. …
648 Kommentare, die er von der Basis erhalten habe, werde er allerdings
nicht ins Netz stellen. Denn solche Bewertungen dienten nur der
„persönlichen Information“. Stattdessen nur so viel: 60 Prozent der
Umfrageteilnehmer hätten sich mit seiner Arbeit zufrieden gezeigt.
## Der Vorstand bleibt
Ja, man könnte an diesem Montag auf die Idee kommen, es wäre alles in
bester Ordnung bei den Piraten. Parteichef Schlömer gibt sich entspannt,
hat sogar seinen Hund mitgebracht, der gelangweilt um die Beine der
Journalisten herumschnuffelt. Die zentrale Botschaft der Veranstaltung: Die
Piraten werden – allen Personalquerelen und Rücktrittsforderungen zum Trotz
– wohl mit dem amtierenden Vorstand in den Bundestagswahlkampf ziehen.
Dieser Wunsch der Basis geht laut Schlömer aus dem Ergebnis der vergangene
Woche zu Ende gegangenen Online-Befragung hervor, an der rund 5.000 der
32.000 Parteimitglieder teilgenommen hätten.
Die meisten Sympathiepunkte erhielt demnach der Vorschlag, im Mai in
Neumarkt einen reinen Programmparteitag zu veranstalten und keine
Vorstandsposten neu zu besetzen. Auf Platz zwei landete die Option, ein
Wochenende lang an einem Wahlprogramm zu arbeiten und zuvor am Freitag
lediglich zwei Posten im Vorstand nachzubesetzen, die seit dem Rücktritt
von Julia Schramm und Matthias Schrade im vergangenen November vakant sind.
Über diese Möglichkeiten wolle der Bundesvorstand in seiner nächsten
Sitzung am Mittwoch entscheiden, kündigte Schlömer an.
Wird der Endlosstreit an der Parteispitze also weitergehen? Schließlich
bliebe Johannes Ponader bei beiden Parteitagsvarianten weiter Teil des
Bundesvorstands. „Eine sachliche Zusammenarbeit mit Johannes Ponader war,
ist und wird immer möglich sein“, antwortet Schlömer. Er sei übrigens ein
optimistischer Mensch. „Bei mir ist das Glas immer halb voll und nicht halb
leer.“ Mehr wolle er zu der Personalie nicht sagen.
## Ponader rührt im Kakao
Das muss er auch nicht. Schließlich ist zur allgemeinen Überraschung auch
Johannes Ponader gekommen. Er hat sich während der Pressekonferenz hinten
unter die Journalisten gemischt. Dort rührt er entspannt in einem heißen
Kakao und lauscht. Kaum ist der offizielle Teil der Pressekonferenz
beendet, eröffnet Ponader den inoffiziellen Part. Sachliche Zusammenarbeit
nach Piratenart.
Ein Pulk von Journalisten steht um Ponader herum. Einfach zurückzutreten,
das komme für ihn nicht in Frage, erläutert der Politische Geschäftsführer.
Schließlich sei die Art und Weise, wie die Umfrage abgelaufen sei, nicht in
Ordnung gewesen. Außerdem müsste seine Partei im Falle seines Rücktritts ja
ohne Politischen Geschäftsführer in den Bundestagswahlkampf ziehen. „Und
das ist auch keine Möglichkeit.“ Beim Parteitag im Mai wolle er aber sein
Amt zur Verfügung stellen, wenn die Basis dies verlange.
Jeder normale Politiker würde nach einem solch verheerenden „Feedback“ der
Basis seinen Rücktritt anbieten. Oder gleich gehen. Doch Ponader versichert
den Reportern: Ein Rücktritt käme für ihn nur in Frage, „wenn ich wirklich
schlimme Fehler gemacht hätte“. Die aber könne er nicht erkennen. Ist nicht
allein seine Parallel-Pressekonferenz ein weiterer Affront gegen den
Parteichef? Ponader schüttelt den Kopf. „Ich bin jetzt selbst verwundert,
dass hier so viele Journalisten um mich herumstehen.“
4 Mar 2013
## LINKS
[1] http://pastebin.com/tZRNhEkb
[2] http://pastebin.com/n326qcgA
## AUTOREN
Astrid Geisler
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