# taz.de -- Neue Massaker im Kongo: Zivilisten wieder einmal ohne Schutz | |
> Schlachten zwischen Regierungstruppen und einer Miliz im Ostkongo haben | |
> vermutlich Hunderte Tote gefordert. UN-Soldaten blieben untätig. | |
Bild: Hinterlassenschaften des Krieges: Eine Straße in den Masisi-Bergen. Die … | |
BERLIN taz | Bei den blutigsten Massakern im Osten der Demokratischen | |
Republik Kongo seit Jahren sind in der Stadt Kitshanga Hunderte Menschen | |
getötet worden. 300 Tote meldete das lokale Rote Kreuz nach schweren | |
Kämpfen mitten in der Stadt, andere unabhängige Kreise berichten von 100 | |
bis 250 Getöteten. Die Provinzregierung von Nord-Kivu sprach von 80 Toten. | |
Kitshanga – mit einigen zehntausend Einwohnern – liegt in den Masisi-Bergen | |
der Provinz Nord-Kivu. In einem Gebiet, das sich seit Jahrzehnten ethnische | |
Milizen streitig machen. Zuletzt war Kitshanga unter Kontrolle von | |
Einheiten der Regierungsarmee, denen allerdings weithin nachgesagt wurde, | |
heimlich mit der Tutsi-geführten Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. | |
März) zu sympathisieren, die weiter östlich steht. | |
Um sich gegen die M23 zu behaupten, hatte Kongos Armee in den letzten | |
Wochen ethnische Milizen aufgerüstet. Diese haben sich dem Kampf gegen die | |
der M23-Nähe verdächtigten ruandischstämmigen Bevölkerungsteile der Hutu | |
und Tutsi verschrieben. Eine davon ist die APCLS (Allianz der Patrioten für | |
einen freien und souveränen Kongo) des Bahunde-Volkes. Deren Kämpfer | |
durften in Kitshanga einrücken – und fanden dort Tutsi als | |
Regierungssoldaten vor. | |
## „Gegen die Tutsi kämpfen“ | |
Am 27. Februar begannen APCLS-Milizionäre in Kitshanga, ruandischstämmige | |
Stadtbewohner anzugreifen und zu töten. Zuvor riefen sie die | |
Bahunde-Bevölkerung zur Flucht auf. „Die APCLS-Kämpfer gingen von Tür zu | |
Tür und ordneten an, dass Frauen, Kinder und andere ängstliche Leute die | |
Stadt verlassen, damit sie gegen die jungen Tutsi kämpfen können“, heißt es | |
in einem Augenzeugenbericht der lokalen Organisation „Grace“, der der taz | |
vorliegt. „Zwei Stunden später sagten sie den Zurückgebliebenen, sie | |
sollten jetzt auch gehen, weil die Militärs Bomben einsetzten.“ | |
Die Armee übte nämlich blutige Rache und beschoss Bahunde-Stadtviertel mit | |
schwerer Artillerie. Die geflohene APCLS kehrte am vergangenen Sonntag nach | |
Kitshanga zurück, wurde aber am Montag erneut von Regierungstruppen | |
vertrieben. | |
30 Prozent der Stadt sollen inzwischen zerstört sein. „Zahlreiche Gebäude | |
sind zerstört, darunter unsere Basis“, berichtete das Hilfswerk „Ärzte oh… | |
Grenzen“ (MSF), das schon letzte Woche in einer ersten Bilanz 55 Tote | |
gezählt hatte. | |
Fragen richten sich nun an die UN-Mission im Kongo (Monusco), die eine | |
Basis in Kitshanga hat, aber nicht eingriff. 400 Zivilisten fanden nach | |
UN-Angaben zu Beginn der Kämpfe Zuflucht bei den Blauhelmen; 3.000 weitere | |
drängelten sich vor der Basis. Laut „Grace“ schickten die Blauhelme sie | |
nach Hause, außer wenn ihre Häuser bereits zerstört waren. | |
5 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
Dominic Johnson | |
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