| # taz.de -- Neue Armeeoffensive im Kongo: Räuber gegen Vergewaltiger | |
| > Die Armee im Kongo startet eine Operation gegen die ruandischen | |
| > Hutu-Milizen in den Kivu-Provinzen. Dabei kämpfen aber nicht Gut gegen | |
| > Böse, sondern Räuber gegen Vergewaltiger. | |
| Bild: Leidtragende sind wieder die Zivilisten und besonders die Kinder. | |
| BERLIN taz | Im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat die Armee ihre | |
| lang angekündigte neue Großoffensive gegen ruandische Hutu-Milizen | |
| gestartet. Als erster Erfolg der sogenannten Operation Kimia Zwei habe die | |
| Armee seit Sonntag neun Dörfer in der Provinz Süd-Kivu von den Milizen der | |
| Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR) zurückerobert, meldeten | |
| gestern früh lokale Rundfunksender. Das Kampfgebiet liegt in den bergigen | |
| Waldgebieten unmittelbar westlich der Provinzhauptstadt Bukavu sowie um die | |
| Goldgräberstadt Shabunda. | |
| Die Armeeoperation wird von Kongos Regierung als zweite Stufe einer groß | |
| angelegten Kampagne zur endgültigen Zerschlagung der FDLR dargestellt. | |
| Diese Gruppe, Nachfolgeorganisation der für den Völkermord an Ruandas Tutsi | |
| verantwortlichen und danach in den Kongo geflohenen Hutu-Milizen, | |
| kontrolliert große Teile der beiden Kivu-Provinzen. Im Januar und Februar | |
| waren die Armeen Kongos und Ruandas gemeinsam gegen die FDLR in Nord-Kivu | |
| vorgegangen; nun ist Süd-Kivu an der Reihe, allerdings ohne Truppen aus | |
| Ruanda. | |
| Da seit Februar die FDLR in Nord-Kivu die meisten ihrer ehemaligen | |
| Positionen wieder eingenommen hat, schätzen Beobachter die | |
| Erfolgsaussichten der neuen Offensive in Süd-Kivu gering ein. In | |
| Vorbereitung auf die Offensive hat die FDLR in beiden Provinzen ihre | |
| territoriale Kontrolle gefestigt. Seit November 2008 sind laut UNO 350.000 | |
| Menschen in Nord-Kivu vertrieben worden und 450.000 in Süd-Kivu. Fast | |
| täglich werden jetzt von der UNO in Süd-Kivu FDLR-Angriffe auf Dörfer | |
| gemeldet, bei denen Hütten angezündet und Menschen vertrieben werden. Die | |
| UNO verzeichnet in Süd-Kivu eine Verdoppelung der Vergewaltigungen | |
| gegenüber 2008. | |
| Die Armee ist demgegenüber auf die Kampfkraft von Tutsi-Rebellen | |
| angewiesen, die einst unter Laurent Nkunda gegen Kongos Regierung kämpften, | |
| aber inzwischen in die Armee eingetreten sind. Eine homogene Truppe ist | |
| dadurch nicht entstanden. Die 10.000 Regierungssoldaten in Nord-Kivu und | |
| 8.000 in Süd-Kivu bekommen zwar Lebensmittelrationen von der UN-Mission im | |
| Kongo (Monuc), aber keinen Sold. Kongos Regierungssprecher Lambert Mende | |
| sagte dazu, die Nichtzahlung von Sold sei lediglich ein technisches Problem | |
| und keineswegs auf den Osten des Landes beschränkt. | |
| In Süd-Kivu sind Regierungssoldaten laut UNO für 40 Prozent aller | |
| Plünderungen verantwortlich; die Monuc unterstützt die Armee trotzdem und | |
| beschränkt sich bei "Kimia Zwei" auf die Forderung, Fluchtkorridore für | |
| Zivilisten einzurichten. In Nord-Kivu meuterten Mitte Juni unbezahlte | |
| Soldaten in mehreren Städten. | |
| Als ein Grund für die Schwierigkeiten gilt, dass die Armee im Rahmen | |
| diverser Friedensprozesse laufend Kämpfer aus Milizen integriert und | |
| niemand einen Überblick mehr hat. Eine Folge davon ist allerdings, dass | |
| frisch integrierte Kämpfer schnell wieder desertieren, zu ihren | |
| Waffenlagern zurückgehen und ihre Milizen wiederbeleben. | |
| Derzeit leben ethnische Milizen vor allem in Nord-Kivu wieder auf. Eine im | |
| Januar gegründete Allianz der Patrioten für einen freien und souveränen | |
| Kongo (APCLS), die dem Bündnis Kongos und Ruandas den Kampf ansagt, trat | |
| letzte Woche erstmals stärker in Aktion und griff die Armee an zwei Orten | |
| Nord-Kivus an; es gab mehrere dutzend Tote. In der Stadt Kanyabayonga | |
| bewarfen am Mittwoch wütende Jugendliche die Armee mit Steinen, nachdem | |
| Bewaffnete in der Nacht 40 Häuser angezündet hatten. | |
| Das sind schlechte Aussichten für den angekündigten Besuch von Staatschef | |
| Joseph Kabila in Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma zu Kongos | |
| Unabhängigkeitstag am 30. Juni. In Vorbereitung wurden Marineschnellboote, | |
| für Patrouillen auf dem Kivu-See gedacht, auf Lastwagen montiert und durch | |
| Goma gefahren, zur großen Erheiterung der Bevölkerung. | |
| 26 Jun 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |