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# taz.de -- Urteil zur Leiharbeit: Keine Nachzahlung
> Das Bundesarbeitsgericht Erfurt verhindert den Ausgleich zwischen
> Billigtarifen und Stammlöhnen. Damit dürften die Ansprüche auf
> Nachzahlung fast verfallen sein.
Bild: 1.500 Männer und Frauen klagten.
FREIBURG taz | LeiharbeitnehmerInnen können in der Regel nur drei Monate
lang den vollen Lohn einklagen – auch wenn ein Billigtarifvertrag für
nichtig erklärt wurde. Das entschied am Mittwoch das Bundesarbeitsgericht
in Erfurt.
Eine der Klägerinnen war Marina Fischer (Name geändert) aus der Nähe von
Fürstenwalde. Die heute 53-Jährige war arbeitslos und bekam dann 2009 einen
Job bei der Magdeburger Zeitarbeitsfirma DIEpA.
„Der Lohn war unter aller Kanone. Aber ich war froh, überhaupt wieder
Arbeit zu haben“, erinnert sich Fischer. Sie bekam von DIEpA einen
Stundenlohn von 6,15 Euro und wurde bei Biotronik in Berlin, einer Firma
für Medizintechnik, eingesetzt. Stammkräfte erhalten dort 12,84 Euro pro
Stunde.
## Ausnahmeregel
Laut Gesetz müssen Leiharbeiter im Prinzip gleich bezahlt werden wie die
Festangestellten. Es sei denn, es existiert ein spezieller Tarifvertrag für
Leiharbeit. Auf diese Ausnahme berief sich DIEpA, denn die kleine
christliche Leiharbeiter-Gewerkschaft CGZP hatte mit dem Arbeitgeberverband
AMP einen Tarifvertrag geschlossen, der sehr niedrige Löhne vorsah.
Bundesweit wurde in den Arbeitsverträgen von rund 280.000 ZeitarbeiterInnen
auf den CGZP-Tarifvertrag Bezug genommen. Die DGB-Gewerkschaften
kritisierten, dass die CGZP keine richtige Gewerkschaft sei, weil sie nur
rund 1.300 der 800.000 LeiharbeiterInnen organisiere und deshalb nicht
durchsetzungsfähig sei.
Tatsächlich entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Dezember 2010, dass
die CGZP nicht tariffähig sei. Damit waren alle von der CGZP geschlossenen
Tarifverträge nichtig. 280.000 Leiharbeiter hätten also Anspruch auf
gleiche Bezahlung gehabt.
Doch von den Betroffenen klagten nur 1.500 Männer und Frauen die
Lohndifferenz ein, darunter Marina Fischer. Sie verlangte für ihre
14-monatige Zeit bei DIEpA 16.300 Euro Lohnnachzahlung. DIEpA verweigerte
jedoch die Zahlung, weil der Anspruch verfallen sei. Laut Arbeitsvertrag
müssten Ansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten geltend
gemacht werden. Fischer hatte jedoch erst später, nach dem BAG-Urteil zur
fehlenden Tariffähigkeit der CGZP, geklagt.
In den unteren Instanzen hatte Fischers Klage trotzdem Erfolg. Doch das BAG
entschied nun, dass die Ausschlussfrist strikt zu beachten sei. Marina
Fischer hätte ihre monatliche Lohnabrechnung also schon nach jeweils drei
Monaten beanstanden müssen. Da fast alle Leiharbeiter-Verträge solche
Ausschlussfristen vorsehen, dürften damit die Ansprüche der Leiharbeiter
auf Nachzahlung fast generell verfallen sein.
Az.: 5 AZR 954/11
14 Mar 2013
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Billiglohn
Leiharbeit
Bundesarbeitsgericht
Prekariat
Mindestlohn
Mindestlohn
FDP
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