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# taz.de -- Islamisten in Haft: Die Spirale des Hasses
> Vier in NRW festgenommene Salafisten kommen in U-Haft. Sie sollen
> Attentate auf Funktionäre der islamfeindlichen Partei „Pro NRW“ geplant
> haben.
Bild: Ihn wollte die Salafisten möglicherweise ausspähen: Markus Beisicht.
KÖLN/BERLIN taz | Am späten Donnerstagabend hat ein Ermittlungsrichter am
Dortmunder Amtsgericht entschieden: Vier in der Nacht zuvor in Leverkusen,
Essen und Bonn festgenommene Männer im Alter von 23 bis 43 Jahren kommen in
Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die angeblichen
Salafisten, „schwere staatsgefährdende Straftaten“ geplant zu haben. Die
Männer selber schwiegen bisher zu den Vorwürfen.
Es ist der vorläufige Höhepunkt der Hassspirale zwischen Islamisten und
Islamfeinden. Nach Überzeugung der nordrhein-westfälischen Ermittler wollte
das Quartett den Chef von „Pro NRW“ ausspähen, um möglicherweise einen
Mordanschlag auf ihn und weitere Funktionäre der rechtsextremen Partei zu
verüben.
Schon vor zehn Monaten war ein Aufruf im Netz veröffentlicht worden,
Mitgliedern der für ihre antimuslimischen Provokationen berüchtigten
selbsterklärten „Bürgerbewegung“ aufzulauern und sie umzubringen.
Seit November hatten die Essener Polizei und die Dortmunder
Staatsanwaltschaft die Vierergruppe im Visier. Die Ermittler überwachten
sie mit verdeckten Mitteln.
## Brisante Funde
Als zwei von ihnen, Enea B. und Marco G., um kurz nach zwölf Uhr in der
Nacht auf Mittwoch mit dem Auto im Wohnviertel des „Pro NRW“-Chefs Markus
Beisicht in Leverkusen unterwegs waren, gingen die Behörden dann aber auf
Nummer sicher. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei nahm die beiden fest,
um eine mögliche Gefahr abzuwehren.
Wie sich herausstellte, hatten die beiden Männer aber keine Waffe dabei.
Daher muss man bisher davon ausgehen, dass sie in dieser Nacht höchstens
die Gegend, in der Beisicht wohnt, für künftige Pläne auskundschafteten.
Der frühzeitige Zugriff war der Vorsicht geschuldet, könnte sich aber noch
als problematisch erweisen, wenn es um die Frage der strafrechtlichen
Bewertung des nächtlichen Ausflugs geht.
Dafür machte die Polizei in Wohnungen, die sie noch in derselben Nacht in
Essen und Bonn durchsuchte, brisante Funde: Neben einem Totschläger,
Schreckschusswaffen und einer schusssicheren Weste stellten die Ermittler
dabei auch eine scharfe 7,65-Millimeter-Pistole samt Munition sicher sowie
616 Gramm einer „explosionsfähigen Chemikalie“, wie es ein Polizeisprecher
formulierte. Im Rahmen dieser Razzia wurden auch die beiden weiteren
Verdächtigen, Tayfun S. und Koray D., festgenommen.
## „Brennpunkte der Islamisierung“
Gefunden wurde bei dem nun in Untersuchungshaft sitzenden Quartett aus der
nordrhein-westfälischen Salafistenszene auch eine vermutlich aus dem
Internet heruntergeladene Liste mit „Pro NRW“-Funktionären. Auf ihr sollen
neun Namen rot markiert worden sein – darunter der des Chefs der
Rechtsaußenpartei, Markus Beisicht.
Begonnen hatte die gefährliche Zuspitzung zwischen Islamisten und
Islamfeinden im Frühjahr vergangenen Jahres. Vor der Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen startete „Pro NRW“ eine Tour zu angeblichen
„Brennpunkten der Islamisierung“. Mit der berühmt-berüchtigten Karikatur
des Propheten Mohammed im Gepäck, auf der dieser eine Bombe unter dem
Turban trägt, zogen die Rechten vor Moscheen und andere islamische
Einrichtungen.
Anfang Mai kam es darauf im Rheinland zu schweren Ausschreitungen. In
Solingen versuchten mehrere Dutzend Salafisten eine Polizeiabsperrung zu
durchbrechen und schlugen mit Stöcken auf die Beamten ein. Wenige Tage
später lieferten sich vor der Bonner König-Fahd-Akademie rund 200 militante
Fanatiker eine Straßenschlacht mit der Polizei. Zwei Beamte wurden dabei
von einem islamistischen Messerstecher schwer verletzt.
Kurz darauf wurde der Aufruf im Internet veröffentlicht, „Pro
NRW“-Mitgliedern nachzustellen und sie zu töten. Ein knappes Jahr später
könnten sich Salafisten in Nordrhein-Westfalen womöglich daran orientiert
haben.
15 Mar 2013
## AUTOREN
P. Beucker
W. Schmidt
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Pro NRW
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