# taz.de -- Neues Kabinett in Israel: „Eher jüdisch als demokratisch“ | |
> Die wichtigen Posten in der israelischen Regierung gehen an Politiker, | |
> die für eine verstärkte Besiedlung des Westjordanland eintreten. Die | |
> Siedler freut's. | |
Bild: Israelische Familie auf ihrem Balkon in der Siedlung Beit El. | |
JERUSALEM taz | Ganze zwei Tage vor dem Besuch von US-Präsident Barack | |
Obama in Israel sollen am Montag die Minister der neuen Regierung vereidigt | |
werden. Die letzten Krümel des Kabinetts verteilte der in seinem Amt | |
bestätigte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Sonntag unter den eigenen | |
Parteifreunden. Einer nach dem anderen zogen die Likud-Politiker ins Büro | |
des Chefs, um seine Botschaft über die Ämterverteilung zu vernehmen. Ganze | |
sieben Ministerposten ließen die Koalitionspartner der stärksten Fraktion | |
übrig. | |
Mit Genugtuung reagierten die Siedler auf die Ernennung von Mosche Jaalon | |
zum Verteidigungsminister. Er gehört zu den Hardlinern des Likud. Jaalon | |
beendete im Sommer 2005 seine Zeit als Generalstabschefs genau einen Monat | |
vor Israels Abzug aus dem Gazastreifen, den er vehement ablehnte. | |
Gegenüber Iran verfolgt der künftige Verteidigungsminister eine ähnliche | |
Position wie Netanjahu und sprach in der Vergangenheit sogar davon, dass | |
man über eine Exekution des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad | |
nachdenken müsse. | |
„Die neue Regierung wird zu einer verstärkten Ansiedlung in Judäa und | |
Samaria führen“, kommentierte Igal Dilmoni, Sprecher von Jescha, dem | |
Dachverband der israelischen Siedler, auf telefonische Anfrage. Die | |
wichtigen Ministerien gingen allesamt an Politiker, die dem Ausbau der | |
Siedlungen im Westjordanland wohlgesonnen sind. | |
Yaalon zur Seite sitzen zwei Vertreter der ultrarechten Partei Habajit | |
Hajehudi, die künftig das Bau- und Wohnungsministerium sowie das Industrie- | |
und Handelsministerium übernehmen. „Unsere Betteltage sind vorbei“, | |
zitierte die Tageszeitung Jedioth Ahronot den Chef des Siedlerverbandes, | |
Avi Roeh. | |
## Zipi Livni ist zuständig für Gespräche mit Palästinensern | |
Einzig Zipi Livni, ehemals Chefin im Außenamt und künftig Justizministerin, | |
macht die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zu ihrem zentralen Ziel. | |
„Unter Generalaufsicht“ des Regierungschefs soll Livni laut ihrer | |
Vereinbarung mit Netanjahu ein Verhandlungsteam zusammenstellen und die | |
Verhandlungen leiten. | |
„Die Regierung wird sich für die Stärkung des Rechtsstaats in Israel | |
einsetzen und für demokratische Werte“, heißt es in der Vereinbarung weiter | |
– die einzige, die bisher veröffentlicht wurde. Laut Berichten der | |
liberalen Zeitung Haaretz vom Sonntag ist „die Orgie der antidemokratischen | |
Gesetzentwürfe“ jedoch noch nicht vorbei. In der letzten Regierungsperiode | |
wurde der umstrittene Treueschwur auf Israel als „demokratischer und | |
jüdischer Staat“ verabschiedet sowie das Verbot, die „Nakba“, den Beginn | |
des palästinensischen Flüchtlingsproblems, zu feiern. | |
„Die Flut rassistischer Reformvorschläge“ wird andauern, schreibt Haaretz | |
und berichtet, dass sich laut Vereinbarung zwischen Likud und Habajit | |
Hajehudi Israels neue Regierung dafür starkmachen werde, den „Staat des | |
jüdischen Volkes“ zu festigen. „Eher jüdisch als demokratisch“, so bewe… | |
Haaretz die Reformpläne, die offenbar eine Umverteilung der öffentlichen | |
Gelder zum Wohl der jüdischen Bürger vorsieht sowie möglicherweise die | |
Abschaffung des Arabischen als Landessprache. | |
17 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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