# taz.de -- Kommentar zu Minijobs: Einmal drin, immer drin | |
> Statt Minjobs zu verbieten, hat die Bundesregierung die Regelungen dafür | |
> weiter erleichtert. Davon haben die Beschäftigten nur kurzfristig etwas. | |
Bild: Hier lockt die Billigjobfalle: Supermarktfilialen in Frankfurt am Main | |
Die Frauen sind doch selber schuld. Wer heute nicht weiß, dass Minijobs, in | |
denen hauptsächlich Frauen arbeiten, vom besser verdienenden Ehemann | |
abhängig machen, zu keiner Rente führen und vielfach leicht kündbar sind, | |
hat den Arbeits- und Rentenmarkt nicht verstanden. Und wohl auch keine | |
Zeitung gelesen - schließlich berichten Medien viel über solche prekären | |
Arbeitsverhältnisse. Ja, so kann man das sehen. | |
Man kann es aber auch anders betrachten: Wenn Frauen sich in einer | |
bestimmten Familienphase für diese Form der Erwerbsarbeit entscheiden, dann | |
tun sie das häufig in dem Glauben, ihre geringfügigen Beschäftigungen seien | |
nicht von allzu langer Dauer. Schließlich sind viele von ihnen gut | |
ausgebildet, sie steigen durch den Minijob nicht komplett aus dem | |
Erwerbsleben aus - und rechnen sich deshalb später, wenn die Kinder größer | |
sind, gute Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt aus. Aber sie irren. | |
Gerade weisen erneut zwei Studien nach, was Experten den "Klebeeffekt" | |
nennen: einmal drin, immer drin. Selbst jüngere Akademikerinnen, die sich | |
ihr Studium mit Minijobs verdient haben, berichten lange nach ihrem | |
Abschluss, dass sie nicht mehr aus dem Callcenter rauskommen, nicht weg von | |
der Aldi-Kasse und runter von der Putzstelle. | |
Auch dem Scheidungsrecht stehen Minijobs entgegen. Frauen sind nach einer | |
Trennung heute verpflichtet, selbst für sich zu sorgen. Auf die | |
Alimentation durch den Ex-Mann können sie nicht in jedem Fall und schon gar | |
nicht bis an ihr Lebensende hoffen. | |
Aus genau diesen Gründen fordern GewerkschafterInnen, Arbeitsmarkt- und | |
RentenexpertInnen sowie PolitikerInnen zurecht immer wieder, Minijobs | |
abzuschaffen. Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und | |
Frauenministerin Kristina Schröder (beide CDU) geben oft kund, dass | |
Minijobs geradewegs in die Armut und vor allem in die Altersarmut führen. | |
Was folgt daraus? Nichts. | |
Stattdessen wurde die Verdienstobergrenze bei Minijobs von 400 Euro auf 450 | |
Euro angehoben. Das hat so manche Betroffene sicher gefreut, 50 Euro sind | |
für viele viel Geld. Doch die Freude darüber dürfte von kurzer Dauer sein. | |
Selbst für die Wirtschaft. Sie profitiert zunächst zwar von den geringeren | |
Lohnnebenkosten. Aber der von der Industrie so beklagte Fachkräftemangel | |
wird dadurch bestärkt. Oder hört man etwa von MinijobberInnen mit | |
Fortbildungen? | |
18 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
Simone Schmollack | |
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