# taz.de -- Streit um NSU-Prozess: Doch noch freie Plätze? | |
> Die Kritik an der Vergabe der Presseplätze beim NSU-Prozess reißt nicht | |
> ab. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir warnt vor einem Ansehensverlust | |
> Deutschlands. | |
Bild: Hier soll am 17. April der NSU-Prozess beginnen: Sitzungssaal des Oberlan… | |
BERLIN dpa | Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer der | |
NSU-Morde, Barbara John, hofft auf eine Lösung im Streit um die | |
Presseplätze für türkische Medien beim Münchner NSU-Prozess. Sie habe noch | |
einmal mit dem Oberlandesgericht in München gesprochen, sagte John der | |
Passauer Neuen Presse. „Das Oberlandesgericht hat mir zugesagt, die | |
türkischen Medien einzubinden – was auch immer das heißt. Ich hoffe, dass | |
das Problem gelöst werden kann.“ | |
Für das Verfahren, das am 17. April beginnt, soll kein türkisches Medium | |
einen der 50 reservierten Plätze für Journalisten im Gerichtssaal bekommen, | |
obwohl acht der zehn Mordopfer der rechtsextremen Terrorzelle NSU | |
türkischer Abstammung waren. „Es wäre besser gewesen, den Prozess in einen | |
größeren Saal zu verlegen“, meinte John. | |
Auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir forderte das Gericht am Donnerstag | |
im ZDF-Morgenmagazin zum Einlenken auf. „Nichts, gar nichts, außer | |
Sturheit“ spreche dagegen, das Verfahren für Journalisten in einen anderen | |
Raum zu übertragen. | |
Der Grünen-Bundesvorsitzende wies auf den drohenden Ansehensverlust | |
Deutschlands hin. „Es ist einer der wichtigsten Prozesse im | |
Nachkriegs-Deutschland“, sagte er. „Das ist ein Prozess, der nicht nur | |
national, sondern auch international viel Aufmerksamkeit erregt. Man schaut | |
auf unser Land, will wissen, wie wir umgehen mit all den ganzen Pannen und | |
Versäumnissen, die es gab während der NSU-Mordserie.“ | |
## Videoübertragung wie beim Public Viewing | |
Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Siegfried Kauder (CDU), | |
verteidigte das Gericht gegen die wachsende Kritik. „Eine Videoübertragung | |
in einen anderen Saal hätte ein bisschen was von Schauprozess und Public | |
Viewing und wäre ein Verstoß gegen die Menschenwürde der Angeklagten“, | |
sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. | |
Mit Blick auf den Ausschluss türkischer Medien von garantierten Sitzplätzen | |
fügte Kauder hinzu: „Ob türkisch oder nicht türkisch, danach unterscheidet | |
die Justiz nicht. Im Übrigen wird immerhin die Hälfte der Sitzplätze für | |
Journalisten freigehalten. Die Entscheidungen des Gerichts bewegen sich im | |
Rahmen des rechtlich Zulässigen und Möglichen.“ | |
Dagegen plädierte der Verfassungsrechtler Wolfgang Hoffmann-Riem für eine | |
nachträgliche Zulassung türkischer Medien. Diese hätten angesichts von acht | |
türkischen Opfern ein spezifisches Interesse an dem Verfahren. | |
„Ich würde dem Gerichtspräsidenten raten, dass er in sich geht und sich | |
einen Ruck gibt“, sagte der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht | |
am Mittwoch in den ARD-Tagesthemen. Möglichkeiten seien etwa die | |
Videoübertragung in einen anderen Gerichtssaal oder der von verschiedenen | |
deutschen Medien angebotene Tausch der Plätze mit türkischen Kollegen. | |
Auch die Bundesregierung hatte am Mittwoch Verständnis dafür gezeigt, dass | |
das Interesse der türkischen Medien an dem Verfahren groß sei. „Die | |
Hoffnung muss sein, dass mit diesem Medieninteresse auch sensibel | |
umgegangen wird“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Das OLG hatte | |
die Akkreditierungen nach eigener Darstellung nach Eingang der Anträge | |
vergeben – demnach waren andere Medien schneller als die türkischen. | |
28 Mar 2013 | |
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