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# taz.de -- Frischer Wind in der Arktis: Vor Grönland wird nicht mehr gebohrt
> Ab Freitag hat die Insel eine neue Regierung. Und die steht für
> Naturschutz. Bohrlizenzen für's Meer gibt es nicht mehr. Und auch an Land
> geht es dann strenger zu.
Bild: Dieses Stück Eis-Paradies wird wohl auch in Zukunft unberührt bleiben.
STOCKHOLM taz | Die Zeit des nahezu ungehinderten Zugriffs internationaler
Öl- und Grubenkonzerne auf die grönländischen Bodenschätze ist erst einmal
vorbei. Grönlands neue Regierung, die an diesem Freitag ihr Amt antritt und
erstmals von einer Frau, der Sozialdemokratin Aleqa Hammond, geführt wird,
will ihre Wahlversprechen erfüllen. Laut ihrem in der vergangenen Woche
veröffentlichten Regierungsprogramm sollen keine neuen
Offshore-Bohrlizenzen für die umstrittene Öl- und Gassuche vor der Küste
mehr erteilt werden. Und auch die Gesetzgebung zur Rohstoffausbeutung an
Land wird revidiert.
Als einen „großen Schritt, Grönland vor einer katastrophalen Ölpest zu
schützen“, begrüßt Jon Burgwald, Arktisexperte von Greenpeace-Dänemark, d…
Umschwung. Gleichzeitig fordert die Umweltschutzorganisation aber weitere
Beschränkungen. Die bislang schon erteilten Bohrlizenzen stellten eine
große Gefahr für die arktische Umwelt dar. Doch die gelten teils bis 2020
und könnten aus juristischen Gründen nicht einfach zurückgenommen werden,
erklärte Hammond.
Allerdings hat sich das Interesse, diese Lizenzen auch tatsächlich
auszunutzen, bislang in Grenzen gehalten. Obwohl die bisherige Regierung in
Nuuk damit gelockt hatte, dass die Konzerne 40 Prozent der Einnahmen aus
künftigen Öl- und Gasfunden für sich behalten dürften, wagte sich nur die
kleine schottische Ölgesellschaft Cairn Energy an das Risiko. Doch nachdem
sie in den Sommermonaten der Jahre 2010 und 2011 an acht verschiedenen
Stellen erfolglos gebohrt hatte, gab sie mit einem Verlust von rund einer
Milliarde Dollar erst einmal auf.
Exxon, Shell, Chevron und Statoil nutzten nach dieser ernüchternden Bilanz
ihre Bohrlizenzen bis heute nicht aus. Wohl auch wegen der vergleichsweise
hohen Kosten: Cairn musste beispielsweise zwei Eisbrecher mieten, die
ständig Eisberge aus der Nähe der Bohrinseln wegschleppten oder durch den
Beschuss mit Wasserkanonen fernzuhalten versuchten.
## Größere Rücksicht auf Natur
Nachdem die US-Regierung vor drei Wochen in einem Rapport schwere Fehler
und Sicherheitsmängel bei den bisherigen arktischen Ölbohrungen konstatiert
hatte und viele Experten die Risiken dieser Aktivitäten für nicht
beherrschbar halten, kündigte Hammond auch eine Überprüfung der
Sicherheitsauflagen an. Vor allem solle öffentliche Einsicht durch ein
parlamentarisches Überwachungsgremium hergestellt werden. Bislang herrschte
große Geheimniskrämerei und weite Teile der Sicherheits- und
Katastropenpläne waren vom der Rohstoffbehörde geheim gehalten worden. Was
eine öffentliche Kontrolle nahezu unmöglich gemacht hatte.
Neben mehr Offenheit und Mitbestimmung seitens der Bevölkerung werde eine
größere Rücksicht auf Natur und Umwelt die maßgebliche Leitlinie der neuen
Regierung sein, heißt es im Regierungsprogramm. Man werde bis zum kommenden
Jahr ein neues Gesetz zu den Voraussetzungen für die Genehmigung großer
Grubenprojekte ausarbeiten.
Konkret sollen beim Abbau von Erzen und anderen Rohstoffen von Anfang an
Abgaben auf die geförderte Menge, so genannte Royalities, und eine
Produktionssteuer fällig werden. Zudem soll für wie den Einsatz von
Arbeitskräften einheimisches Recht gelten.
Bei vielen Investoren werde es nun „eine Vollbremsung“ geben, zitiert der
grönländische Rundfunk KNR den Vertreter einer Grubengesellschaft.
Grönlands bisherige Regierung war da nämlich wesentlich großzügiger: Die
Konzerne sollten lediglich - durch Steuertricks erfahrungsgemäß leicht zu
umgehende - Gewinnsteuern zahlen und aus dem Ausland angeheuerte billige
Arbeitskraft sollte ohne Geltung grönländischen Arbeits- und Tarifrechts
beschäftigt werden können. Damit würde Grönland die Vergangenheit als
dänische Kolonie mit der Zukunft einer bloßen Rohstoff-Kolonie vertauschen,
hatte Hammond kritisiert.
4 Apr 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
Reinhard Wolff
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