# taz.de -- SIPRI-Studie zu Rüstungsausgaben: Trendwende beim Panzer-Shopping | |
> In China, Russland und dem Nahen Osten wird aufgerüstet. In Europa machen | |
> sich hingegen die leeren Staatskassen bemerkbar. | |
Bild: Die großen Zeiten des Panzers sind vorbei. | |
STOCKHOLM taz | Zum ersten Mal seit 1998 sind im vergangenen Jahr die | |
weltweiten Militärausgaben gesunken, und zwar um 0,5 Prozent auf 1,75 | |
Billionen Dollar. Das könne man durchaus als „momentane Trendwende“ | |
ansehen, vergleiche man diese Entwicklung mit jeweiligen Steigerungsraten | |
von über 5 Prozent im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts, meint Sam | |
Perlo-Freeman vom Friedensforschungsinstitut Sipri. Das Institut | |
präsentiert am Montag die aktuellen Zahlen in seinem Bericht über die | |
Militärausgaben für das Jahr 2012. | |
Der Bericht zeigt noch eine andere Trendwende an. „Wir sehen vermutlich den | |
Beginn einer Verschiebung in der Balance der weltweiten Militärausgaben von | |
den reichen westlichen Ländern zu den aufstrebenden Regionen“, meint | |
Perlo-Freeman: „Als Resultat der Sparpolitik und des Rückzugs aus | |
Afghanistan auf der einen und den wachsenden finanziellen Ressourcen auf | |
der anderen Seite.“ | |
So hat China, das Land mit dem zweitgrößten Militärhaushalt, seine Ausgaben | |
um 7,8 Prozent auf von Sipri geschätzte 166 Milliarden und das | |
drittplatzierte Russland um 16 Prozent auf 90 Milliarden Dollar gesteigert. | |
In Russland wird sich diese Entwicklung nach Einschätzung der | |
Friedensforscher aufgrund eines bis 2020 laufenden Modernisierungsprogramms | |
fortsetzen. | |
Auch Nordafrika (plus 7,8) und der Mittlere und Nahe Osten (plus 8,3) – | |
hier vor allem Saudi-Arabien plus 12 und Kuwait plus 10 Prozent – fallen | |
durch hohe Steigerungsraten auf. In Zentral- und Südasien sanken die | |
Militärausgaben, während sie in Vietnam und Indonesien stiegen. Dafür macht | |
Sipri hauptsächlich Spannungen mit China beziehungsweise den Wunsch, die | |
eigenen Territorialgewässer besser zu kontrollieren, verantwortlich. | |
## USA geben weniger für Rüstung aus | |
Nach wie vor liegen die Ausgaben aller Nato-Länder mit rund einer Billion | |
Dollar weit über denen der übrigen Welt zusammengenommen, obwohl die USA | |
als größte Militärmacht im vergangenen Jahr ihre Militärausgaben um 6 | |
Prozent auf 682 Milliarden Dollar gesenkt haben. Damit liegt der US-Anteil | |
an den globalen Ausgaben für den Militärsektor, in den die Sipri-Statistik | |
alle Posten von Investitionen in Waffen, Ausrüstung, Infrastruktur und | |
Forschung bis zu den gesamten Personalausgaben einrechnet, erstmals seit | |
der Auflösung der Sowjetunion unter 40 Prozent. Aufgrund der Haushaltslage | |
in den Vereinigten Staaten werde sich diese Entwicklung auch 2013 | |
fortsetzen, lautet die Prognose. | |
Bei den europäischen Nato- und EU-Mitgliedsstaaten ist der Abwärtstrend | |
noch ausgeprägter: 18 von 31 Ländern haben seit 2008 ihre Militärausgaben | |
um mehr als 10 Prozent zurückgefahren. Unter den 15 Ländern mit den | |
weltweit höchsten Militäretats gibt es nur ein EU-Land, in dem 2012 diese | |
Ausgaben gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind: Deutschland. Mit einem Plus | |
von – inflationsbereinigt – 0,9 Prozent auf von Sipri geschätzte 45,8 | |
Milliarden Dollar rangiert Deutschland auf Platz 9 der Top-Liste hinter | |
Indien und dem von Rang 8 auf Rang 7 gekletterten Saudi-Arabien. | |
Während die europäischen Nato-Staaten von 2008 bis 2012 ihre Ausgaben um | |
7,5 Prozent senkten, wuchsen sie in Deutschland um 2,6 Prozent. Nur | |
Russland und die Ukraine – plus 24 Prozent – weisen noch ein Plus auf. | |
Insgesamt liegen die Militärausgaben noch über dem Niveau zu Ende des | |
Kalten Kriegs in den späten 1980er Jahren und ein Drittel höher als Mitte | |
der 1990er Jahre. Global fließen laut Sipri 2,5 Prozent des | |
Bruttoinlandprodukts in den Militärsektor. In Deutschland sind es 1,4 | |
Prozent, dreieinhalbmal mehr als in die Entwicklungshilfe. | |
15 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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