# taz.de -- Indische Frauenbewegung beim taz.lab: „Ein Plädoyer für Beschei… | |
> Die indische Autorin Geetanjali Shree über ihr Land, sexuelle Gewalt, | |
> Menschlichkeit und den Beginn weiblicher Emanzipation. | |
Bild: Schreiben als politisches Mittel für Indien, aber auch Europa | |
taz.lab: Frau Shree, worum geht es in Ihrem neuen Buch? | |
Geetanjali Shree: Um das problematische Verhältnis zwischen Gemeinschaften, | |
die ihre unterschiedlichen Identitäten betonen. In diesem Fall konkret um | |
Hindus und Muslime. Der Diskurs bei uns ist gespalten: Die einen glauben, | |
dass sie friedlich zusammenleben können, die anderen meinen, dass ihre | |
Weltanschauungen zu verschieden seien, um eine Einheit werden zu können. | |
Der Roman handelt von Personen unterschiedlicher Glaubensrichtungen, die an | |
die Einheit der Religionen glauben, und erkundet die gegenwärtige | |
Atmosphäre diverser Ideologien, die auch das Leben derjenigen | |
beeinträchtigen, die sich ihnen entgegenstellen. | |
Spielt die Suche nach einer besseren Gesellschaft eine Rolle? | |
In allen meinen Werken gibt es Sensibilisierungen für „andere“ Arten, zu | |
denken und zu leben. In dem Roman „Mai“ (dt. „Mutter“) steht die jünge… | |
Generation, die sich mit dem „modernen“ Feminismus identifiziert, der | |
Mutter gegenüber, die eine frühere Generation repräsentiert. Es geht nicht | |
darum, zu behaupten, den richtigen Weg gefunden zu haben, sondern darum, | |
andere Wege und Menschen mit Respekt zu behandeln – es ist ein Plädoyer für | |
Bescheidenheit und Menschlichkeit. | |
Wie bewerten Sie die Fälle sexualisierter Gewalt gegen Frauen in Indien? | |
Ich war Historikerin, bevor ich meine wirkliche Bestimmung entdeckte. Meine | |
frühere Beschäftigung mit Geschichte beeinflusst die Art, wie ich die Dinge | |
betrachte. Das, was uns mit seiner Plötzlichkeit überrascht, ist nur der | |
Ausbruch dessen, was verborgen unter der Oberfläche geglommen hat. Die | |
Leute, gewöhnt an Allgegenwart von Gewalt um sie herum, werden nur dann | |
aufgerüttelt, wenn die „normale“ Gewalt plötzlich einen besonders grausam… | |
Ausdruck findet. | |
Eine Bloggerin löste hier mit dem Aufruf, sexuelle Übergriffe öffentlich zu | |
machen, eine heftige Debatte aus. Müsste der Feminismus nicht weiter sein? | |
Die Idee, dass es in Teilen der Welt eine Emanzipation der Frauen gegeben | |
hat, im Unterschied zu der unverfrorenen Unterordnung anderswo, ist weit | |
verbreitet. Die traurige Wahrheit ist jedoch, dass es nirgendwo mehr als | |
nur einen Anfang gegeben hat. Vielfältige Faktoren bringen Frauen | |
angesichts von Diskriminierung und Ausbeutung zum Schweigen. Auch dort, wo | |
Frauen einen gewissen Grad von materiellem Wohlstand erlangt haben, erleben | |
sie weiterhin auf vielfältige Arten Diskriminierung und Gewalt. Die Denkart | |
der Gesellschaften ist bemerkenswert ähnlich, der „männliche“ Blick ist | |
weiter verbreitet, als wir zuzugeben bereit sind. | |
Lässt sich Gewalt literarisch verarbeiten? | |
Es gibt kein einfaches Rezept. Literatur kann ein Instrument für die | |
angestrebte Veränderung sein. Das wird jedoch langsam und unmerklich vor | |
sich gehen. Es wird kaum geschehen, dass eine Person sich hinsetzt, ein | |
Buch liest und zu einer anderen Person wird! Literatur bedeutet, die | |
Menschen zu sensibilisieren, das ist alles. Künste sind ein Maßstab für | |
das, was Menschen anstreben, und für das, was menschliche Wesen werden | |
können. | |
17 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Sophie Fedrau | |
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