| # taz.de -- Zwischenlagersuche: Gesucht: AKW in Hafennähe | |
| > Bundesumweltminister Peter Altmaier schlägt das AKW Unterweser als | |
| > Zwischenlager für strahlenden Abfall aus Sellafield vor – als Ergänzung | |
| > zu Brunsbüttel. Niedersachsens Landesregierung lehnt das ab. | |
| Bild: Bald könnten Castor-Transporte die Schafe auf dem Deich stören: Atomkra… | |
| HANNOVER/ HAMBURG taz | Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat das | |
| Atomkraftwerk Unterweser in der Wesermarsch als mögliches Zwischenlager für | |
| Atommüll ins Spiel gebracht. Konkret geht es um 21 Castoren, die aus der | |
| Wiederaufbereitungsanlage im britischen Sellafield ab 2015 zurück nach | |
| Deutschland kommen. | |
| Bisher war vor allem das AKW im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel dafür | |
| im Gespräch – nachdem der Kieler Umweltminister Robert Habeck (Grüne) seine | |
| grundsätzliche Bereitschaft erklärt hatte, einen Teil des Mülls in seinem | |
| Land zwischenzulagern. Doch kurz nach dem Angebot präzisierte Habeck, dass | |
| Schleswig-Holstein keinesfalls alle Castoren aufnehmen wolle. Daraufhin hat | |
| jetzt Altmaier das niedersächsische AKW ins Spiel gebracht. | |
| Nötig wird die Suche nach neuen Lagerplätzen für den strahlenden Müll, weil | |
| das Zwischenlager Gorleben keine weiteren Castoren aufnehmen soll. Diese | |
| Einigung ist Teil des Konsenses von CDU, SPD, Grünen und FDP, der den Weg | |
| zur bundesweiten Suche nach einem Endlager freigemacht hat. Es gibt 13 | |
| kleinere sogenannte Standort-Zwischenlager an Atomkraftwerken in | |
| Deutschland. Sie sind vor allem dafür da, den Müll aus den dazugehörigen | |
| Anlagen aufzubewahren. Für Brunsbüttel – und nun Unterweser – argumentiert | |
| Altmaier vor allem mit praktischen Gründen: Beide AKWs liegen in der Nähe | |
| von Häfen – die Castoren aus Sellafield kommen per Schiff. Ein kurzer | |
| Landweg macht den Transport günstiger – und schwerer störbar. | |
| Doch für Niedersachsens rot-grüne Landesregierung in Hannover geht es | |
| weniger um praktische Fragen, als viel mehr um politische. Altmaiers | |
| Gedankenspiele hört man hier nur ungern. | |
| Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) pocht auf eine Lastenteilung zwischen | |
| den Bundesländern und lehnt eine Zwischenlagerung in Unterweser ebenso ab | |
| wie an anderen AKW-Standorten in Niedersachsen. Die Zwischenlager-Frage sei | |
| der „Lackmustest“ für die Bereitschaft, die Last der Atommüllentsorgung | |
| tatsächlich gemeinsam zu tragen, so Weil am Mittwoch in seiner | |
| Regierungserklärung zum Endlagerkonsens. Für ihn geht es auch um die | |
| Glaubwürdigkeit des gesamten Endlagersuchverfahrens: Jeder einzelne der | |
| derzeit 113 Atommüllbehälter im Zwischenlager Gorleben sei „von den | |
| Wendländern verständlicherweise als vorgezogene Endlagerentscheidung | |
| verstanden worden“, sagte Weil. Er nannte den Castor-Stopp nach Gorleben | |
| eine „gute Nachricht“. | |
| Bei der Frage, wo der Atommüll stattdessen zwischengelagert werden solle, | |
| sei allerdings Bundesumweltminister Altmaier in der Pflicht, sagte er. | |
| Für Weil ist die Zwischenlager-Suche für die Castoren aus Großbritannien | |
| und Frankreich eine Frage seiner Glaubwürdigkeit. Noch während der | |
| Regierungsbildung im Februar hatten Weil und sein Umweltminister Stefan | |
| Wenzel (Grüne) angekündigt, keinem Endlagersuchgesetz zuzustimmen, in dem | |
| Gorleben vorkommt. Jetzt muss er sich von der schwarz-gelben Opposition im | |
| Landtag vorwerfen lassen, mit seiner Zustimmung zum Endlagerkonsens ein | |
| „zentrales Wahlversprechen“ gebrochen zu haben. Denn Gorleben ist nicht von | |
| vornherein ausgeschlossen. | |
| Das sorgt auch im Wendland für Misstrauen. Freitagabend besuchen Weil und | |
| Umweltminister Wenzel die örtlichen Bürgerinitiativen – und werden um | |
| Vertrauen werben müssen. Den angekündigten Castor-Stopp halten die | |
| Gorleben-Gegner schlicht für eine „Beruhigungspille“. Dass tatsächlich | |
| keine Castoren mehr ins Zwischenlager rollen, mag man noch nicht glauben. | |
| Immerhin: Niedersachsens rot-grüne Landesregierung hört die Initiativen zum | |
| Bund-Länder-Konsens vor Ort an. Das Bundesumweltministerium in Berlin hat | |
| lediglich eine schriftliche Stellungnahme zu dem 75 Seiten starken Gesetz | |
| gefordert – innerhalb einer Frist von 48 Stunden. | |
| 17 Apr 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Daniel Kummetz | |
| Teresa Havlicek | |
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