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# taz.de -- Theaterfestival „Radikal jung“: Schauspieler mit Street Credibi…
> Unangestrengt und leichthändig sind die Arbeiten der Regisseurin Daniela
> Löffner. Mit „Kinder der Sonne“ gastiert sie am Münchner Volkstheater.
Bild: Die Regisseurin Daniela Löffner. Mit „Kinder der Sonne“ ist sie auf …
Für ihre Schauspieler erfindet Daniela Löffner bemerkenswerte Auftritte.
Mal schlüpfen sie aus einem Berg Baumwollflocken wie in „Das Ding“ am
Deutschen Theater Berlin. Sie steigen aus Standuhren oder tauchen
spektakulär aus einem milchig-weißen Wasserbassin auf, das so flach ist,
dass man darin keinen Menschen vermutet.
Durchnässt stehen die Spieler dann da in Löffners Braunschweiger
Inszenierung von Shakespeares „Der Sturm“, Schiffbrüchige auf einer Insel,
die Prospero mithilfe von Zauberkräften beherrscht.
Und doch strahlen sie eine widerständige Street Credibility aus, lassen
sich nicht so einfach einnehmen, weder von der ungewöhnlichen
Spielsituation noch von Prosperos Launigkeiten. Leichthändig, unangestrengt
wirkt das und schlüssig aus dem Kern des Stoffs entwickelt.
## Die Regisseure und ihre Schauspieler
Im Theater gibt es den Sinnspruch, dass der Regisseur vom Almosen der
Schauspieler lebt. Lange Zeit galt diese Haltung als altmodisch,
mittlerweile hat die Allianz wieder an Bedeutung gewonnen. Auch Löffner
sagt, dass ihre Inszenierungen mit den Schauspielern stehen und fallen. Sie
bilden das Zentrum. Andererseits wirkt es auf der Bühne so, als gebe erst
Löffner den Figuren über die Regie den Atem, sich zu entfalten.
Daniela Löffners Schauspielertheater ist keines im konventionellen Sinn.
Die Rollen werden jeweils erspielt, die Zuschauer können so an der
Entstehung teilhaben. Und immer lagert sich im Laufe eines Abends etwas
Lebenssattes an.
Kommen die Schauspieler bei ihr mit dem Knalleffekt einer Regieidee auf die
Bühne, gehen sie am Ende als Menschen ab. Bis dahin durchleben sie
Beziehungen und Abhängigkeiten.
## Das Verhältnis des Einzelnen zur Welt
Das Verhältnis des Einzelnen zu der Welt, die ihn umgibt, ist das
wiedererkennbare Thema in Löffners Inszenierungen. „Wann ist ein Mensch
stark, wann schwach? Über dieses Thema könnte ich auf Proben stundenlang
reden. Denn man ist das nie von allein, dazu gehören andere Menschen, eine
Umgebung, eine Gesellschaft, eine Staatsform“, erzählt sie.
In ihrer Inszenierung von Maxim Gorkis „Kinder der Sonne“, die zum
diesjährigen Theaterfestival „Radikal jung“ eingeladen ist, zeigt sie ein
breites Tableau dieser Abhängigkeit. Die Hausgemeinschaft um dem
Wissenschaftler Pawel Protassow versucht sich vor der Außenwelt zu
verschanzen.
Aber damit ist man sich gegenseitig umso ungeschützter ausgesetzt. Im
Zentrum steht Pawel, vom Streben nach Höherem beseelt, der doch
begriffsstutzig das kleinste Zwischenmenschliche übersieht.
Daneben seine Schwester Lisa, die durch die Zuneigung des Tierarztes
Tschepurnoj erst den Schrecken und die Schlechtigkeit der Welt erkennt. Der
rüpelhafte Handwerker Jegor oder der trinkfreudige Arzt Kiril
vervollständigen dieses Beziehungsgeflecht mitsamt der Licht- und
Schattenseiten.
## Ein Tableau der Abhängigkeiten
Ursprünglich wollte Löffner, 1980 in Freiburg geboren, selbst
Schauspielerin werden. Nach dem ersten Theaterpraktikum siegte die
Einsicht, lieber auf die Regieseite zu wechseln.
Statt eines Studiums sammelte sie über Assistenzen erste Erfahrungen und
hat sich in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich vorangearbeitet. Als
Hausregisseurin in Braunschweig besteht zu dem Haus ein besonderes
Vertrauensverhältnis, das Experimente ermöglicht.
## Ein menschliches Bienenvolk auf der Bühne
Als Gast inszeniert sie auch an größeren Häusern wie dem Schauspielhaus
Zürich. Ihre Arbeit lebt von der ureigenen Qualität des Theaters: gute
Schauspieler, wenig Requisiten, schachtelartige Räume.
So spielt „Kinder der Sonne“ in einem Raum aus Bienenwaben, ohne Türen und
Fenster, die Schauspieler treten aus der ersten Sitzreihe auf und ab.
Vorschnelle Assoziationen an ein Bienenvolk verlieren sich im intensiven
Spiel, das sich aufs menschliche Miteinanders konzentriert. Und das
leuchtet Löffner bis in Nuancen aus.
18 Apr 2013
## AUTOREN
Simone Kaempf
## TAGS
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