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# taz.de -- Politik will Plagiatsfall aufklären: Dr. Vattenfall im Landtag
> War die Uni Cottbus bei der Doktortitel-Vergabe besonders großzügig, weil
> sie Geld von Vattenfall erhält? Die Brandenburgische Politik sucht
> Antworten.
Bild: Mit „Kohle“ geht alles leichter.
MÜNCHEN taz | Ein Vattenfall-Manager schreibt in seiner Doktorarbeit
mutmaßlich ab, aber die Brandenburgische Technische Universität (BTU)
Cottbus will den Titel nicht entziehen: Nachdem die taz am Mittwoch über
den Plagiatsfall berichtete, beschäftigt sich nun der Landtag in Potsdam
mit dem Vorgehen der Universität.
„Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wissenschaftliche Leistungen an
Brandenburger Hochschulen käuflich sind“, sagte Peer Jürgens,
Wissenschaftsexperte der Linksfraktion. Kommende Woche werde er in der
Plenarsitzung die rot-rote Landesregierung zur Angelegenheit befragen.
Die BTU Cottbus erhält seit den 1990er Jahren Forschungsmittel von
Vattenfall, zuletzt über 800.000 Euro pro Jahr. Ein leitender Mitarbeiter
des Konzerns, Detlev Dähnert, promovierte 1999 an der Universität. Er
organisiert die Umsiedlung von Dörfern in der Lausitz, die dem Abbau von
Braunkohle im Weg stehen. Davon handelt auch seine Doktorarbeit.
Das Problem: Insgesamt 125 Passagen stammen aus fremden Texten, sind aber
nicht korrekt als Zitate gekennzeichnet. Die Universität leitete 2011 ein
Untersuchungsverfahren ein. Aus dem Abschlussbericht der zuständigen
Kommission, der der taz vorliegt, geht aber hervor: Viele der verdächtigen
Stellen prüfte sie überhaupt nicht.
## Uni klagt gegen Anordnung
Mitarbeiter der parteilosen Wissenschaftsministerin Sabine Kunst wiesen die
BTU daraufhin mehrfach an, alle Passagen zu untersuchen. Doch die
Kommission weigerte sich; gegen die jüngste Anordnung klagt die Universität
derzeit vor dem Verwaltungsgericht Cottbus.
Damit stößt sie quer durch die Landtagsfraktionen auf Unverständnis. „Das
Agieren der BTU-Kommission wirft Fragen auf. Es ist zu begrüßen, dass das
Wissenschaftsministerium hier nachhakt“, sagte Marie Luise von Halem
(Grüne). Auch Jens Lipsdorf (FDP) ist empört: Wenn die Vorwürfe zuträfen,
schade der Vorgang der Universität und damit auch dem Land Brandenburg.
Generell stellt Lipsdorf die Titelflut in Führungsetagen infrage: „Ist ein
Doktortitel in der Wirtschaft so nötig wie in der Wissenschaft? Wer ihn
will, soll ihn machen dürfen. Aber dann sollten zumindest die gleichen
Anforderungen gelten, wie an alle andere auch.“
## Kein Kommentar
BTU-Präsident Walther Zimmerli sagte, dass Vorwürfe gegen die Universität
„in die Irre führen“. Eine detaillierte Stellungnahme lehnte er wegen des
laufenden Verfahrens ab. Auch Vattenfall äußerte sich nicht. Dähnert selbst
war für die taz nicht zu erreichen.
Dafür sorgt seine Doktorarbeit in der Wissenschaftsszene für
Gesprächsstoff. So sagte Andreas Keller, Hochschulexperte im Vorstand der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft: „Jede Universität muss bereits den
Anschein vermeiden, dass sie Doktorhüte gegen bare Münze vergibt – im
eigenen Interesse, aber auch im Interesse des Wissenschaftsstandorts
Deutschland.“
Norman Weiss, Vorsitzender des Doktorandennetzwerks Thesis, bemängelt, dass
die BTU das Verfahren ungünstig und undurchsichtig gemanagt habe. Trotzdem
müssten die Vorwürfe differenziert betrachtet werden. „Der Doktorvater
kannte einige der Plagiate bei der Begutachtung, hat sie aber nicht
beanstandet. Das lässt sich im Nachhinein nicht korrigieren.“ Übrig bleiben
fast hundert weitere verdächtige Stellen. Von ihnen hat der Doktorvater
nach eigenen Angaben erst im Sommer 2012 erfahren – 13 Jahre nach der
Begutachtung.
18 Apr 2013
## AUTOREN
Tobias Schulze
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Vattenfall
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