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# taz.de -- Geplantes Kraftwerk in Liberia: Vattenfall-Rückzug bedroht Bauern
> Mit Holz aus Liberia wollte der Energiekonzern seine Klimabilanz
> verbessern. Doch auch der Ausstieg aus dem Projekt schafft nun Probleme.
Bild: In Deutschland ist Vattenfall vor allem für Tagebaue und AKWs bekannt. I…
STOCKHOLM taz | „Cut and run“, abholzen und sich aus dem Staub machen: Das
sei das Fazit des vor drei Jahren als zukunftsweisend gerühmten
Entwicklungshilfe- und Bioenergieprojekts von Vattenfall, sagt Viveka
Risberg von Swedwatch.
Die schwedische NGO, die sich für eine sozial gerechte und ökologisch
verträgliche globale Entwicklung engagiert, konstatiert nun in einem
[1][Rapport], dass das, was der schwedische Energiekonzern in Liberia
hinterlassen habe, gerade solchen Kriterien fundamental widerspreche.
Alte Kautschukbäume im westafrikanischen Liberia abholzen, zu
Holzschnitzeln verarbeiten und jährlich Millionen Tonnen davon in
europäischen Kraftwerken verfeuern – auch in einem Fernwärmewerk in Berlin:
Das war die Geschäftsidee. Aus ökologischer wie sozialer Hinsicht [2][von
Anfang an umstritten], wurde sie teilweise auch als klimapolitische
Augenwischerei kritisiert. Der weltweite Klimagasanstieg werde nicht
verringert, sondern der schwedische Konzern versuche durch den Import von
Holz aus Afrika nur, seine eigene CO2-Bilanz durch Einsatz von Holz statt
Kohle günstiger aussehen zu lassen.
Das Ganze rechnete sich auch nicht. Nach Verlusten, die Vattenfall selbst
auf rund 150 Millionen Euro schätzt, stieg der Konzern vor einem Jahr
überstürzt wieder aus dem Projekt aus. Das war damit am Ende.
## Bauern im Stich gelassen
Leidtragende sind die liberianischen Bauern, die man einfach im Stich ließ.
Die alten Kautschukbäume sind gefällt; neue wurden zwar gepflanzt, aber
produktiv werden sie frühestens in sieben Jahren sein. Für die
Zwischenversorgung der Bauern will nach der vorzeitigen Beendigung des
Projekts niemand mehr zuständig sein.
Vattenfall und die schwedische Entwicklungshilfeorganisation Swedfund
schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu und verweisen im Übrigen
gemeinsam auf den formalen Mehrheitsaktionär Buchanan Renewables. Doch
dabei handelt es sich laut Swedwatch eher um ein Geflecht von
Briefkastenfirmen. Das Unternehmen fühlt sich an die bei Projektbeginn
gegebenen Versprechungen und Abkommen nicht mehr gebunden – mit der
Begründung, dass man selbst keine Einnahmen mehr habe.
Die wegen des radikalen Kahlschlags der Plantagen nun einkommenslosen
Bauern müssen versuchen sich anders zu versorgen und können deshalb die
arbeits- und kostenintensive Pflege der Neupflanzungen nicht selbst
leisten. Die Folge: „Die Kautschukbäume werden nie produzieren und nie
Einkommen schaffen können“, befürchtet Swedwatch. Ermittlungen vor Ort in
Liberia hätten ergeben, dass die jungen Bäume schon jetzt völlig
zugewachsen und überwuchert sind.
Bei seinem Ausstieg 2012 hatte Vattenfall behauptet, man habe ein
Übereinkommen mit Buchanan Renewables, diese würden das Projekt
weiterführen und auch dafür sorgen, dass es keine negativen Folgen für die
Bauern gebe. Nun zeigt man sich offiziell überrascht, dass dies nicht der
Fall ist. „Stimmen diese Informationen, ist das bedauerlich“, meint Anders
Dahl, Vattenfalls Schweden-Chef.
„Es geht nicht an, dass ein schwedisches Staatsunternehmen die
Lokalbevölkerung mit solchen Problemen sitzen lässt und keine Verantwortung
übernimmt“, empört sich Gunilla Hallonsten, bei der schwedischen Kirche
zuständig für internationale Beziehungen. Als Minderheiten-Gesellschaft
habe man keine Management-Kontrolle gehabt, argumentiert Vattenfall.
Das Unternehmen wolle daraus Lehren ziehen und in Zukunft bei solch
strategisch wichtigen Projekten nicht einem anderen Partner die
Verantwortung überlassen. Man könnte es aber auch anders herum sehen: Die
gewählte Konstruktion erwies sich als ideal, um sich im Falle eines
Scheiterns des Projekts von jeglicher Verantwortung möglichst freisprechen
zu können.
3 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.swedwatch.org/sites/default/files/cut_and_run_final_report_0.pdf
[2] /Strom-aus-Holz/!56360/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
Reinhard Wolff
## TAGS
Liberia
Vattenfall
Kraftwerk
Vattenfall
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Atomkraft
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