# taz.de -- Regierungschef Italien: Ein schwacher Trost | |
> Der Vizechef der Demokratischen Partei Italiens, Enrico Letta, soll die | |
> neue Regierung bilden. Seine Partei könnte das zerreißen. | |
Bild: Enrico Letta strebt eine große Koalition an. | |
ROM taz | Italiens politisches Patt ist zwei Monate nach den | |
Parlamentswahlen überwunden. Am Mittwoch erteilte der eben erst | |
wiedergewählte Staatspräsident [1][Giorgio Napolitano] dem | |
Stellvertretenden Vorsitzenden der Partito Democratico (PD), [2][Enrico | |
Letta], den Auftrag zur Regierungsbildung. | |
Letta strebt eine große Koalition aus der sozialdemokratischen PD, aus | |
Silvio Berlusconis Popolo della Libertà (PdL – Volk der Freiheit) und aus | |
Mario Montis Scelta Civica (SC – Bürgerliche Entscheidung) an. Nach den | |
Wahlen vom 24./25. Februar verfügte die Mitte-links-Allianz über eine | |
absolute Mehrheit von 345 der 630 Sitze verfügt. | |
Doch im gleichberechtigten Senat reichte es nur für 122 der 315 Mandate. | |
Deshalb setzte der bisherige PD-Chef Bersani auf Tolerierung durch Beppe | |
Grillos Movimento 5 Stelle (M5S), die 25 Prozent der Stimmen gewann. Grillo | |
jedoch hielt am Kurs der Fundamentalopposition fest, während Bersani alle | |
Koalitionsangebote Silvio Berlusconis kategorisch ablehnte. | |
Doch die Wahl des Staatspräsidenten Ende letzter Woche wurde dann endgültig | |
zum Waterloo der PD. Sie zeigte sich unfähig, einen eigenen Kandidaten | |
geschlossen zu unterstützen. Am Ende musste sie Napolitano anflehen, im Amt | |
zu bleiben – und Napolitano diktiert seither die Bedingungen. | |
## Berlusconi ist zentraler Protagonist | |
Seine Wiederwahl machte er von der Bereitschaft der Parteien zu einer | |
großen Koalition abhängig. Berlusconi wird so zum zentralen Protagonisten, | |
und es ist ein schwacher Trost für die PD, dass sie den Regierungschef | |
stellen wird. Auf die tiefe Spaltung seiner Partei hat der gescheiterte | |
Chef, Pier Luigi Bersani, am Dienstag mit seinem definitiven Rücktritt | |
reagiert. | |
Offen sprach er auf der Sitzung des erweiterten Vorstandes von „Anarchie | |
und Feudalwesen“ in der PD, in der zahlreiche kleine Potentaten einander | |
bekämpfen. Ein anderer führender Parteivertreter warnte gar davor, dass die | |
PD bald das Schicksal der Pasok, der in die Bedeutungslosigkeit | |
abgestürzten griechischen Sozialdemokratie, ereilen könne. | |
Ein Offenbarungseid war jedenfalls die am Ende fast einstimmig | |
verabschiedete Resolution: Sie stellte es Staatspräsident Napolitano | |
anheim, in absoluter Machtvollkommenheit über den Ausweg aus der | |
Regierungskrise zu entscheiden. Dieser Ausweg ist nun mit der Ernennung | |
Enrico Lettas gefunden. Letta könnte allerdings der auf lange Zeit letzte | |
Ministerpräsident werden, der aus den Reihen der PD stammt. | |
Denn die Partei geht auf eine schwere Zerreißprobe zu; auch Abspaltungen am | |
linken Rand werden nicht ausgeschlossen. Zur letzten Hoffnung wird darüber | |
der 38-jährige Bürgermeister von Florenz, Matteo Renzi, Italiens zurzeit | |
populärster Politiker. Auch seine innerparteilichen Gegner tragen ihm | |
mittlerweile offen die Parteiführung an. | |
24 Apr 2013 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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