# taz.de -- Neuer Chef der italienschen Linken: Matteo Renzi Superstar | |
> Der neue Vorsitzende der Partito Democratico ist anders als alle seine | |
> Vorgänger bei der italienschen Linken: jung, smart und rhetorisch begabt. | |
Bild: Matteo Renzi sieht irgendwie aus wie Mr. Bean. | |
ROM taz | Der neue Chef der gemäßigten Linken Italiens heißt Matteo Renzi. | |
Bei den offenen Urwahlen der Partito Democratico (PD) konnte der 38-jährige | |
Bürgermeister von Florenz einen überwältigenden Sieg verbuchen. Knapp drei | |
Millionen Anhänger der PD stimmten ab; stolze 68 Prozent votierten für | |
Renzi. | |
Der smarte, schlagfertige, rednerisch begabte und immer gut angezogene | |
Jungpolitiker ist das exakte Gegenteil aller Anführer, die Italiens Linke | |
in den letzten Jahrzehnten hatte – und das bescherte ihm jetzt den Triumph. | |
Denn die PD befindet sich in einer schweren Krise, nachdem im Februar 2013 | |
die Parlamentswahlen nicht gewonnen werden konnten. | |
Die Krise wurde zur Katastrophe, als dann im April der Gründervater der PD, | |
Romano Prodi, bei der Wahl zum Staatspräsidenten an mehr als 100 | |
Heckenschützen aus den eigenen Reihen scheiterte und die PD auch noch in | |
eine Notstandsregierung mit der Berlusconi-Rechten einwilligen musste. | |
Damit waren der Apparat der PD und die traditionellen Anführer vollends | |
diskreditiert. Das bekam der 52-jährige Gianni Cuperlo zu spüren: Er musste | |
sich mit demütigenden 18 Prozent zufriedengeben. Vor allem die traditionell | |
linken Regionen litaliens – Emilia-Romagna, Toskana, Marken und Umbrien –, | |
in denen erst die KPI und dann die PD geherrscht hatten, straften den | |
Apparat-Kandidaten gnadenlos ab. | |
## Komplettaustausch der Führung | |
Renzi gewann, weil er offen für die „Verschrottung“ der alten Parteigranden | |
eintritt. Auch sie meinte er, als er in seiner Siegesrede Italien | |
bescheinigte, es habe „die schlechteste politische Führungsschicht im | |
Europa der letzten 30 Jahre“, und ausrief: „Jetzt sind wir an der Reihe!“ | |
Der PD steht damit ein Komplettaustausch der Führung bevor. | |
Zugleich dürfte Renzi den Druck auf die Regierung unter Ministerpräsident | |
und PD-Parteifreund Enrico Letta erhöhen. Der neue Parteichef beansprucht | |
offen, Letta die Agenda zu diktieren. So soll die Reform des Wahlrechts | |
ebenso zügig in Angriff genommen werden wie ein drastischer Einschnitt bei | |
den Kosten des unpopulären Politikbetriebs. Hier strebt Renzi die | |
Abschaffung des Senats, der zweiten Kammer des Parlaments, an. | |
9 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## TAGS | |
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Enrico Letta | |
Italien | |
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