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# taz.de -- Depressionen und Suizide: Männer weinen heimlich
> Männer nehmen sich dreimal häufiger das Leben als Frauen. Trotzdem gehen
> nur wenige wegen Depressionen zum Arzt, sagt eine Studie.
Bild: Seelische Leiden: Exschiedsrichter Babak Rafati schrieb ein Buch über se…
Babak Rafati reist gerade viel durch die Republik. Er stellt sein Buch vor:
„Ich pfeife auf den Tod“. Darin gesteht der Exschiedsrichter der Bundesliga
seinen Suizidversuch vor anderthalb Jahren. Auslöser: Depressionen.
Babak Rafati ist prominent, man hört ihm zu. Er könnte jetzt so etwas
werden wie ein Botschafter für Männergesundheit. Denn seelische Leiden sind
die Hauptursache dafür, dass psychisch kranke Männer früher sterben als
Männer ohne solche Befunde. Das brachte der zweite Männergesundheitsbericht
(erster Bericht: 2010) zutage, den die Stiftung Männergesundheit am
Mittwoch vorstellte.
3,6 Millionen Männer in Deutschland leiden offiziell an Depressionen,
100.000 von ihnen begehen jährlich einen Suizidversuch. Ursachen: Stress,
Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit, Trennungen.
Obwohl mehr Frauen als Männer an Depressionen leiden, nehmen sich dreimal
so viele Männer wie Frauen das Leben. Warum? Babak Rafati erklärt es: „Ich
konnte mich nicht von meinen Männeridealen verabschieden.“ Diese männlichen
Ideale, das sind Stärke, siegen, strahlen. Depressionen, ein vermeintlicher
Ausdruck von Schwäche, passen da nicht hinein. Dazu zählt auch, dass Männer
mit Seelenleiden – im Gegensatz zu den Frauen – selten zum Arzt gehen. Sind
die Männer also selbst schuld?
## Depressionen werden nicht erkannt
Einerseits. Andererseits sind psychische Störungen bei Männern tabuisiert,
stigmatisiert und unterschätzt, sagt Anne Maria Möller-Leimkühler, Chefin
der Psychiatrischen Klinik der Ludwig-Maximilans-Universität in München:
„Es gibt häufig Fehldiagnosen in Richtung somatischer Erkrankungen.“ Oder
anders ausgedrückt: Depressionen werden nicht erkannt und als Verspannungen
oder Abgespanntheit behandelt.
Das müssen wir ändern, fordert Wolfgang Zöller (CSU), Patientenbeauftrager
der Bundesregierung: „Mit mehr Aufklärung und mehr Prävention.“ Vor kurzem
hat der Bundestag das Präventionsgesetz der Koalition beraten, das
Volksleiden wie Depressionen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
eindämmen soll.
Das Gesetz, das von der Opposition als „Etikettenschwindel“ krisiert wird,
weil es Armut vernachlässige, sieht eine jährliche Präventionskonferenz vor
und soll „Gesundheitsziele“ definieren. Für Männer könnte sich das in et…
so lesen: weniger Fleisch essen, häufiger zum Arzt gehen, besser auf die
eigenen Gefühle hören.
Sollen Männer jetzt „selbstbezogene Schlaffis“ werden, wie es der
Männerforscher Matthias Stiehler formuliert? Der Mitarbeiter im
Gesundheitsamt Dresden und einer der Autoren des Männergesundheitsberichts
plädiert dafür, die Studienergebnisse in Männerleben zu integrieren.
„Männlichkeit an sich soll nicht infrage gestellt werden“, meint er.
## Yoga in der Mittagspause
Wie könnte das aussehen? Zum Beispiel so: Yoga in der Mittagspause, weniger
Stress im Büro, Telefon abschalten nach Dienstschluss. Außerdem sollten
Arbeitgeber, Ehefrauen und Partnerinnen zuhören, wenn ihnen die Männer
andeuteten, dass sie nicht mehr können. „Wer sich schwach zeigt, ist in
Wirklichkeit stark“, sagt Stiehler.
Wolfgang Reuter, Chef der Medizinischen Beratung bei der privaten
Krankenversicherung DKV, fordert einen Männerarzt. Der sollte nicht nur
urologische Details im Blick haben, sondern ebenso Hormone und das
Selbstbild von Männern.
24 Apr 2013
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Babak Rafati
Suizid
Depression
Männerbild
Männer
Lebenserwartung
Risiko
Psychologie
Studie
Depression
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