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# taz.de -- Studie „Dysfunktionen“ im Sport: In der Spielhölle
> Laut der Deutschen Sporthilfe regiert Erfolgsdruck den Leistungssport.
> Doping und Versagensängste sind längst Normalität.
Bild: Liegend k.o.: 40 Prozent der Kaderathleten nehmen für ihren Sport „bew…
Manipulation, Burn-out, Depressionen, Essstörungen, Doping, Existenzängste.
Es sind wahre Horrorbegriffe, die der Sportnation zusetzen. Sie finden sich
in einer wissenschaftlichen Studie, die im Auftrag der Stiftung Deutsche
Sporthilfe erstellt wurde. Unter dem Titel
[1][//www.sporthilfe.de/Studien.dsh:„Dysfunktionen des Spitzensports:
Doping, Match-Fixing und Gesundheitsgefährdungen aus Sicht von Bevölkerung
und Athleten“] sind die Forschungsergebnisse der Sportwissenschaftler
Christoph Breuer und Kirstin Hallmann veröffentlicht worden. Sie zeichnen
ein düsteres Bild vom Leistungssport und seiner Wahrnehmung bei den
Sportkonsumenten in Deutschland.
5,9 Prozent der 1.154 befragten Spitzensportler geben an, „regelmäßig“
Dopingmittel einzunehmen, wobei fast die Hälfte der Befragten gar nicht auf
diese Frage antworten wollte. 40 Prozent der Kaderathleten nehmen für ihren
Sport „bewusst gesundheitliche Risiken“ in Kauf und knapp 10 Prozent von
ihnen haben schon einmal Absprachen über den Ausgang eines Wettkampfs
getroffen.
Der Einsatz von Schmerzmittel ist weit verbreitet und wird ebenso
akzeptiert wie die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln. Psychisch sind
etliche Sportler schon einmal ganz unten gewesen: 40 Prozent litten schon
an Depressionen, ebenso viele sprechen von einem Burn-out.
Die Bevölkerung glaubt, dass alles noch viel schlimmer sei, und hält
beinahe ein Drittel der SportlerInnen für Dopingsünder. Viele sehen darin
aber gar kein großes Problem. Man scheint sich mit dieser betrügerischen
Komponente des Sports abgefunden zu haben.
## Gesundheitsrisiken bewusst in kauf genommen
Denn die Bereitschaft, den Spitzensport zu fördern, verändert sich kaum,
wenn mehr und mehr Doper überführt werden. Und sie ist sogar größer, je
höher der Anteil an Athleten, die „bewusst gesundheitliche Risiken“ bei der
Ausübung des Sports in Kauf nehmen.
Seit dem vergangenen Freitag werden diese teilweise irrwitzigen Zahlen
diskutiert. Fragen nach dem Sinn der Arbeit der Nationalen
Anti-Doping-Agentur werden gestellt. 7.767 Trainingskontrollen hat die Nada
2011 durchgeführt, vier davon mit positivem Ergebnis.
Das passt so gar nicht zu den Zahlen der Sporthilfe-Studie. Die Nada
verteidigt sich: Immerhin sei es durch das immer aufwändiger organisierte
Kontrollwesen schwerer geworden, zu dopen. Forderungen nach einer
ordentlichen finanziellen Förderung des Antidopingkampfes wurden laut.
[2][Clemens Prokop], der Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes,
sieht hier akuten Handlungsbedarf und fordert ein dementsprechendes Gesetz,
das den Besitz jeglicher Mengen von verbotenen leistungssteigernden Mitteln
unter Strafe stellt.
Michael Vesper, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes,
[3][verlangt] von den dopenden Sportlern, sich an die Nada zu wenden und
„Ross und Reiter“ zu nennen. Allen Reaktionen gemeinsam ist das Entsetzen
über die Gründe für mögliche Betrügereien. 88 Prozent der Sportler führen
hier den hohen Erfolgsdruck an, 60 Prozent sprechen von Existenzangst.
## Ahnungslose Sportkonsumenten
In der Bevölkerung wird dies ganz anders wahrgenommen. Nur 12 Prozent der
Befragten glauben, dass Athleten wegen nackter Existenzangst zu Betrügern
werden. Auch der Erfolgsdruck wird als nicht so entscheidend erachtet. Die
Sportkonsumenten haben mithin immer weniger Ahnung von der Lebenswelt der
deutschen Leistungssportler.
Die Befragten schätzten das monatliche Nettoeinkommen eines
Spitzensportlers durchschnittlich auf rund 8.844 Euro und unterstellen die
schiere Profitgier – Werte, von denen selbst A-Kader-Athleten nur träumen
können. Im Durchschnitt verdienen die Athleten, die für die Studie befragt
wurden, wenig mehr als 1.000 Euro im Monat.
Dieses Sportprekariat, das am Leistungsdruck zu zerbrechen droht, wird die
Deutsche Sporthilfe in Zukunft anders fördern als bisher. Sportstipendien
sollen längerfristig – bis zu sieben Jahren – vergeben werden. Dauerhafte
Unterstützung wird die prämienfixierte Förderung vergangener Jahre
ersetzen. Vorbild sind die Briten, deren Sportler bei den Spielen in London
abgeräumt haben. Denn darum geht es auch weiterhin im deutschen
Sportfördersystem: um den maximalen Erfolg.
25 Feb 2013
## LINKS
[1] http://https
[2] http://www.dlv-sport.de/index.php?NavID=1&SiteID=28&NewsID=42265
[3] http://www.dosb.de/de/leistungssport/spitzensport-news/detail/news/vesper_u…
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Studie
Depression
Doping
Spitzensport
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Babak Rafati
Doping
Doping im Spitzensport
Doping im Spitzensport
DOSB
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