# taz.de -- Appell an die Stadt: „Wegsperren ist keine Lösung“ | |
> Hamburg solle keine Kinder mehr in der Haasenburg unterbringen, fordert | |
> die Gewerschaft Ver.di. Der Senat will sich nicht festlegen, Forscher | |
> benennen Alternativen. | |
Bild: Schild vor einer der Einrichtungen der Haasenburg GmbH | |
In den Streit über die Haasenburg GmbH hat sich jetzt Ver.di eingemischt. | |
In einer Resolution, die unter den Jugendämter verbreitet wird, warnt die | |
Fachgruppe Soziales, Kinder und Jugendhilfe (SKJ) angesichts der bekannt | |
gewordenen „kindeswohlgefährdenden Zustände“ dürfe die Fachbehörde die … | |
Heime der brandenburgischen Firma nicht mehr belegen. Denn fachliches | |
Handeln schließe eine Aufnahme gefährdeter Jugendlicher durch diesen Träger | |
aus. | |
Dem voran gingen nicht nur Zeitungsberichte und schriftliche Anfragen über | |
strittige Methoden des Heims. Ver.di-Mitglieder waren auch am 25. März bei | |
einer Veranstaltung vom Verein „Anwalt des Kindes“, als ein 19-Jähriger | |
Ex-Insasse das Wort ergriff und dem Fachpublikum berichtete, was er mit 16 | |
und 17 Jahren in der Haasenburg erlebte. Er sei häufig ohne Grund im Stehen | |
oder auf dem Boden liegend „begrenzt“ worden, wodurch ihm immer wieder | |
Schmerzen, Schürfwunden und blaue Flecke zugefügt worden seien. Noch heute | |
habe er Angst, wenn er im Bett liegt und Geräusche hört, dass Betreuer ins | |
Zimmer kommen. Gefängnis wäre ihm lieber gewesen. | |
„An dem Bericht hat jeder im Saal gemerkt, so etwas denkt sich keiner aus“, | |
sagt Mehmet Yildiz (Die Linke), der die Resolution begrüßt. Es sei doch | |
nicht zu verantworten, dass Hamburg die Heime belege. | |
„Wegsperren ist keine Lösung“, sagt auch die zuständige Ver.di-Sekretärin | |
Sieglinde Frieß. Geschlossene Unterbringung sei äußerst problematisch und | |
in einem anderen Bundesland wenig zu steuern. Dringend nötig wären | |
„adäquate Alternativen“, damit die Fachkräfte in den Allgemeinen Sozialen | |
Diensten (ASD) und beim Familieninterventionsteam (FIT) ihren | |
Jugendhilfeauftrag erfüllen könnten. | |
Nach taz-Information schicken einige Jugendämter bereits keine Kinder mehr | |
in die Haasenburg, doch insgesamt lassen die Bezirke noch vier und das | |
direkt der Behörde unterstellte FIT neun Kinder dort betreuen. | |
Mit der Ver.di-Forderung konfrontiert, erklärt Sozialbehördensprecher Olaf | |
Dittmann, es wäre mit dem Gesetz nicht vereinbar, bestimmte Angebote | |
auszuschließen. Die geschlossene Unterbringung fände nur in wenigen Fällen | |
als „ultima ratio“ statt. „Und auch dann umfasst sie nur wenige Wochen am | |
Beginn eines Hilfeprozesses“, sagt Dittmann. Diese Darstellung, die | |
SPD-Sozialsenator Detlef Scheele in der Bürgerschaft vorbrachte, deckt sich | |
nicht mit Berichten von Ex-Insassen. Wer aus der Haasenburg flüchtet, so | |
schildern sie, werde eingefangen und mit Einzelbetreuung bestraft. | |
Gleichwohl sagt die Behörde zu, sie sei an Alternativen interessiert. Wenn | |
es Träger gebe, die diese entwickeln, so Dittmann, würden die auch | |
berücksichtigt. | |
Einen konkreten Vorschlag hat das „Aktionsbündnis gegen geschlossene | |
Unterbringung“ (AGU), das sich seit Neuestem wieder in der Fachhochschule | |
des Rauhen Hauses trifft. „Es könnte ein Kooperations-Pool von erfahrenen | |
Mitarbeitern verschiedener Träger geben“, sagt Sozialwissenschaftler Timm | |
Kunstreich. Statt Jugendliche aus ihrem Umfeld zu reißen, solle man mit | |
ihnen zusammen eine Lösung finden. So einen Pool gab es in den 80ern schon. | |
„Es ist erwiesen, dass so schwierigste Situationen gemeistert werden | |
können“, sagt Kunstreich. | |
25 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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