# taz.de -- Headhunter über „Spiegel“-Chefredakteur: „Gruner + Jahr hat'… | |
> Wolfgang Büchner wird „Spiegel“-Chef. Wie findet man eigentlich einen | |
> Chefredakteur? Ein taz-Gespräch mit Personalberater Frank A. Linden. | |
Bild: Endlich haben sie beim „Spiegel“ einen neuen Chef gefunden. | |
taz: Herr Linden, angenommen, Sie hätten einen neuen [1][Chefredakteur für | |
den] [2][Spiegel] suchen müssen, wie wären Sie vorgegangen? | |
Frank A. Linden: Bei einer Besetzung, die von derart großem öffentlichem | |
Interesse begleitet wird, geht dies nur über die diskrete Direktansprache. | |
Zunächst muss man mit den Verantwortlichen, in diesem Fall den | |
Gesellschaftern des Spiegels, ein Profil diskutieren. Dann erstellt man | |
eine sogenannte Short List mit potenziellen Kandidaten. Das wäre in diesem | |
Fall ein überschaubarer Kreis. Es gibt nicht viele Journalisten, die für | |
die Position des Spiegel-Chefredakteurs infrage kommen. | |
Warum das? | |
Man hat hier zwei Prioritäten. Er muss erstens ein herausragender | |
Redakteur, Netzwerker und Ideengeber sein und zweitens ein exzellenter | |
Chef, der sich mit persönlicher und fachlicher Autorität in der komplexen | |
Gemengelage des Spiegels durchzusetzen weiß. | |
Wie geht es dann weiter? | |
Die Identifikation und Ansprache der Kandidaten geht in diesem Fall rasch, | |
alle Spieler sind ja bestens bekannt. Was danach kommt, dauert oft länger. | |
Bis sich die Beteiligten geeinigt haben, vergehen oft mehrere Wochen. | |
Wie garantieren Sie, dass niemand der Beteiligten Namen ausplaudert? | |
Obwohl wir überwiegend für die Industrie tätig sind, haben mein Team und | |
ich eine Reihe von Chefredakteuren gesucht. Die Beteiligten selbst halten | |
sich immer an die Diskretion. | |
Beim Spiegel sickerte die Entlassung der beiden alten Chefredakteure | |
Mathias Müller von Blumencron und Georg Mascolo durch. | |
Das hatte etwas damit zu tun, wie die beiden entlassen wurden. Ein Plan war | |
offensichtlich nicht dahinter. Es sieht so aus, als ob mehrere Ebenen nicht | |
mehr miteinander konnten: Die Chefredakteure hatten Probleme unter sich und | |
mit den Kollegen, die Verlagsleitung mit ihren Führungskräften. Die | |
Kontroverse um die Bezahlschranke für Spiegel Online, die öffentlich | |
angeführt wurde, kann jedenfalls nicht der Auslöser gewesen sein: Das ist | |
in erster Linie ein Thema der Geschäftsführung und taugt nicht als | |
Erklärung für Hauruck-Entscheidungen. Da ist wohl einfach jemandem der | |
Geduldsfaden gerissen. | |
Woran machen Sie das fest? | |
Mich hat erstaunt, dass der Prozess der Kandidatensuche offenbar nicht vor | |
der Entlassung der beiden alten Chefredakteure begonnen hat. In gut | |
geführten Industrieunternehmen ist dies bei exponierten Positionen gang und | |
gäbe: Man beauftragt eine Executive-Search-Firma im Vorfeld, um diskret | |
einen möglichst geregelten Übergang zu gewährleisten. Auch beim | |
Spiegel-Miteigentümer Gruner + Jahr konnte man in letzter Zeit mehrfach | |
besichtigen, wie man es besser macht. | |
Denken Sie, dass für die Suche ein Personalberater engagiert wurde? | |
Die Verlage sind bei solchen Positionen eigentlich in der Lage, selbst | |
jemand Geeigneten zu finden. Es kann natürlich sein, dass sie sich einen | |
Headhunter zur Unterstützung an die Seite geholt haben. | |
Jetzt haben Sie gerade selbst die Bezeichnung „Headhunter“ benutzt. Ist das | |
in Ihrer Branche nicht ein völlig verpönter Begriff? | |
Das mag für bestimmte Firmen gelten, ich halte das für Dünkel. Unser Job | |
ist die Suche nach guten Köpfen. Warum sollte ich dafür den sperrigen | |
Begriff „Executive-search-Berater“ verwenden? Headhunter passt da besser. | |
Herr Linden, ich danke Ihnen für das Gespräch. | |
INTERVIEW: MAREN HENNEMUTH | |
30 Apr 2013 | |
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## AUTOREN | |
Maren Hennemuth | |
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