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# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Altmaier blockiert absichtlich
> Musste Umweltminister Röttgen gehen, weil er die Engergiewende wollte?
> Vielleicht hat ja die Buchautorin Claudia Kemfert eine Antwort.
Bild: Las Vegas hat schon Sonnenstrom.
Eines der größeren Rätsel der Menschheit ist es, wie man die brutale
Entscheidungsschlacht um die Energiewende in Deutschland erzählen muss,
damit die Leute tatsächlich zuhören.
Claudia Kemfert, 44, scheint die Lösung gefunden zu haben. Ihr neues Buch
„Kampf um Strom“ (Murmann) „wird uns aus den Händen gerissen“, sagt die
Autorin. Auf 140 Seiten erzählt sie ohne Fußnoten oder allzu viele
Rücksichten, mit welchen Tricks, Lügen und Angstszenarien Großkonzerne und
angeschlossene Politiker der CDU/FDP-Regierung in Wahrheit nicht den
Strompreis bremsen wollen – aus Sorge um Niedrigverdiener –, sondern die
Energiewende – aus Sorge um die Milliardengewinne dieser Konzerne.
Kemfert ist Delmenhorsts berühmteste Tochter (nach Sarah Connor) und wurde
Deutschlands jüngste Professorin für Umweltökonomie. Ihr schneller Aufstieg
wurde schon auch mit Misstrauen verfolgt. Vorwurf: anschmiegsame
Standpunkte. Gerade sitzt sie in ihrem Abteilungsleiterinnenbüro am
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und erscheint, wie
man sie aus Fernsehtalkshows kennt. Blonde, halblange Haare,
Business-Brille, professionelle Freundlichkeit.
Es gibt eine Behauptung in Kemferts Buch, die furchtbar ist, wenn sie
stimmt: Norbert Röttgen, dessen Schatten-Energieministerin sie war, sei von
Kanzlerin Merkel nicht nur wegen der verlorenen Landtagswahl in NRW und so
weiter gegen Peter Altmaier ausgetauscht worden, sondern weil er die
Energiewende wirklich umsetzen wollte. Nicht nur so tun, als ob.
## „Ich beschreibe die Schlacht“
Welche Belege haben Sie dafür, Frau Kemfert? „Röttgen hat sich nicht
beirren lassen. Ich vermute, dass er das Amt des Bundesumweltministers
nicht mehr fortführen durfte, weil die Kräfte aus der Wirtschaft sich bei
der Regierung durchsetzten, die, die das Projekt verhindern oder zumindest
bremsen wollen.“ Und die Belege? „Mehr Belege als die elf Kapitel meines
Buches braucht es nicht.“ Altmaiers „Strompreisbremse“, sagt sie, „ist …
eine Show, um die Energiewende zu diskreditieren“. Die Einsparung für eine
Familie betrüge einen Euro im Monat.
Bremst Altmaier also absichtlich? Kemfert zögert kurz. „Ich glaube, er
bremst absichtlich, ja.“ Welche Politiker torpedieren im Bann von
Lobbyisten die Energiewende? „In erster Linie die FDP, die, obwohl es im
Parteiprogramm steht, gegen die Energiewende ist. Teile der CDU, aber auch
Teile der SPD mit der ganzen Kohleindustrie.“ Was kann man von der SPD
erwarten? „Aus dem Wahlprogramm und dem, was ich höre, sehe ich nicht, wie
die SPD das Thema Energiewende schwerpunktmäßig und konsequent angehen
will.“
Jetzt mal aus der Hüfte heraus: Sind Sie links, Frau Kemfert? „Ich …“,
Minipause, „… bin neutral. Ich bin parteilose Wissenschaftlerin.“ Sie sei
„Kriegsbeobachterin“ und „beschreibe die Schlacht“. Im Übrigen sei die
Energiewende nicht mit dem alten Links-rechts-Schema zu verstehen.
Aber der Eindruck täuscht nicht, dass Ihre Positionen in der letzten Zeit
eindeutiger geworden sind? Sie lächelt. Doch, das täusche. „An meinen
Grundüberzeugungen hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert.
Wissenschaftliche Fakten sprechen dafür, die Energiewende umzusetzen.“ Ist
die Energiewende für Merkel wichtig oder schaut sie mal? „Gute Frage. Ich
dachte mal, sie will sie, aber im Moment weiß ich es nicht mehr.“
4 May 2013
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
Energiewende
Peter Altmaier
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