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# taz.de -- Die Wahrheit: Schwarz-gelbe Gefahr
> Was der grell gefärbte Salamander Lurchi und der nicht minder grell
> gefärbte Fußballverein Borussia Dortmund gemeinsam haben.
Bild: Unbegabte Nachahmer erreichen niemals an die Eleganz des echten Lurchi.
Unbemerkt von vielen Fans ist im schwarz-gelben Schatten von Borussia
Dortmund eine schon aus den Augen verloren geglaubte Amphibie zu neuem
Leben erwacht: Lurchi, der lustige Salamander! Fast zeitgleich mit Borussia
betrat der schwarz-gelbe Lurch die Bühne der Werbeöffentlichkeit (1904),
fünf Jahre später sollte der BVB gegründet werden. Das ist lange her, und
in jüngster Zeit stand die Markenfigur von Salamander bereits auf der
schwarz-gelben Liste der aussterbenden Tierarten. Was war geschehen?
Salamander war eingegangen oder wie man bei Schuhhäusern sagt, Salamander
hatte Insolvenz anmelden müssen. Der lustige Lurch kam so unter die Sohlen
diverser Aufkäufer und Auffanggesellschaften, so dass er ein kaum
beachtetes Nischendasein auf dem Schuhabsatzmarkt führte, „was für einen
Salamander in freier Wildbahn zwar typisch ist, markentechnisch aber
tödlich zu werden drohte“, wie die Marketingzeitschrift Absatzwirtschaft
treffend formulierte. Ein ähnliches Schicksal drohte Borussia Dortmund zur
gleichen Zeit im Jahr 2000, als der Verein gerade noch dem Abstieg entgehen
konnte und sich unter Manager Meier ein Schuldenberg von 98 Millionen
aufgetürmt hatte.
Dabei war der schwarz-gelbe Werbesalamander Lurchi in seiner besten Zeit
die wohl bekannteste Amphibie der Welt. Die Werbehefte mit dem lustigen
Salamander erreichten 1963 eine Auflage von 2,75 Millionen! Seine
Beliebtheit verdankte er den gereimten Abenteuergeschichten mit dem
obligatorischen Ausruf am Schluss: „Lang erschallt’s im Walde noch
’Salamander lebe hoch!‘“. Im gleichen Jahr wurde die Borussia um den
legendären Aki Schmidt Deutscher Meister.
Die erstaunliche Parallelität zwischen Borussia und Lurchi fiel zum ersten
Mal 1937 auf, als Salamander die Comicheft-Produktion von Lurchis Abenteuer
startete. Das Heft sollte den Kindern bei den lästigen Schuhanproben ihrer
Eltern die Zeit verkürzen. Im gleichen Jahre schnürten die Borussen nach
ihrem Aufstieg in die Gauliga zum ersten Mal in der „Kampfbahn Rote Erde“
ihre Fußballschuhe. Nach dem Super-GAU der Gauliga musste sich Borussia
Dortmund bis 1956 gedulden, bis es zum ersten Mal Deutscher Meister wurde.
Lurchi spielte da bereits in der Champions League der Schwanzlurche und war
bekannter als Sammy Molcho.
## Demütigende Erfahrung
Doch im Krisenjahr 2000 sollte dem sympathischen Nacktlurch eine
demütigende Erfahrung nicht erspart bleiben: Ein grausames Relaunch von
Lurchi-Zeichner Dietwald Doblies und einer gewissenlosen Werbeagentur
verpasste unserem Helden eine grüne (!) Hose und ein T-Shirt! Der
Mischkonzern EnBW hatte Salamander übernommen und Lurchi wider jeglichen
Artenschutz bekleidet. „Heute kann sich niemand mehr mit dem nackigen
Lurchi mit Tirolerhut und Salamanderschuhen identifizieren“, versuchte der
unselige Dietwald Doblies seine Schandtat zu rechtfertigen, und er verwies
auf eine „entsprechende Umfrage“ bei Kindern und Eltern. Diesen war
vermutlich bis dahin gar nicht klar, dass Lurchi nackt sein sollte, da
hautenge Latex-Anzüge ja bei Superhelden gang und gäbe waren.
Lurchi hatte auch niemand gefragt, und Insolvenz und Inkompetenz setzten
dem Markenlurch zu. „Doch bekanntlich verfügen Salamander als Lebewesen
über eine bemerkenswerte Regenerationsfähigkeit.“ Und so konnte die
Absatzwirtschaft schließlich jubeln: „Mit Lurchi läuft es wieder.“ Lurchi
kassierte im Jahr 2012 den begehrten Marken-Award zum Relaunch. Zusammen
mit wem? Mit Borussia Dortmund selbstverständlich, dem triumphalen Meister
und Pokalsieger des vergangenen Jahres, der mit einem Sonderpreis geehrt
wurde.
„Lurchi steht für die Kindheit, wie sie sein soll: Unbeschwert und frei.“
sagt Marketingleiterin Kerstin Jäger. Wie wär’s denn damit, ihm dann Hose
und Hemd wieder auszuziehen, das sollte Lurchi doch richtig unbeschwert
machen. Borussia Dortmund würde bestimmt parallel dazu etwas Schönes
einfallen, vielleicht sogar die Wiederkehr der originalen Ringelstutzen!
Denn wie heißt es im weltberühmten Lexikon Krikipedia: „Schwarz-Gelb ist
eine aggressive Signal- und Warnfärbung, die im Tierreich und in der
Fußballwelt anzutreffen ist.“
6 May 2013
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