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# taz.de -- Verwaltungsexperte über Uni-Autonomie: „Wettbewerb hat sich bew�…
> Der Verwaltungswissenschaftler Jörg Bogumil warnt davor, Hochschulen
> wieder stärker unter staatliche Aufsicht zu stellen. NRW plant
> Einschränkungen.
Bild: War's das schon wieder?
taz: Herr Bogumil, die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin
Svenja Schulze (SPD) hat angekündigt, die Hochschulautonomie wieder
einschränken zu wollen. Die Regierung will stärker mitreden. Seither geht
unter den Rektoren die Angst um, nicht nur in NRW. Zu Recht?
Jörg Bogumil: Ich denke schon. Wir hier in Nordrhein-Westfalen haben
gemeinsam mit Baden-Württemberg das am weitesten gehende
Hochschulfreiheitsgesetz. Es wäre fatal, das wieder zurückdrehen zu wollen.
Vor allem gibt es keine Notwendigkeit. Als wenn die Ministerien keinen
Einfluss mehr auf die Hochschulen hätten. Natürlich haben sie den.
Und zwar?
Zuallererst über das Geld. Aus dem Wissenschaftsministerium bekommen die
Hochschulen noch immer fast 80 Prozent ihrer Mittel. Zweitens kann das
Ministerium mit jeder Hochschule eine ausführliche Zielvereinbarung
abschließen. Einflussmöglichkeiten gibt es genug.
Svenja Schulze sieht das anders.
Unsere Studie zeigt relativ klar: Die Hochschulautonomie ist zwar
gestiegen, aber der staatliche Einfluss ist nicht kleiner geworden. Das ist
ein Mythos. Er äußert sich lediglich anders.
Inwiefern?
Ein Beispiel: Der Rektor kann jetzt alleine Professoren anstellen, er
braucht nicht mehr für jede Besetzung die Genehmigung durch das
Ministerium. Aber: Durch Zielvereinbarungen mit der Hochschule kann das
Ministerium dafür sorgen, dass bestimmte Fachprofile oder Studiengänge
erhalten bleiben.
Das ist aber nur noch eine sehr grobe Art der Steuerung …
Natürlich, der Einfluss auf die Details ist zurückgegangen. Aber die zu
regeln kann nicht Aufgabe eines Ministeriums sein. Früher haben
Berufungsverfahren mindestens sechs Monate gedauert. Wenn eine Hochschule
heute einen neuen Professor anstellen will, geht das innerhalb von zwei
Monaten.
Es ist doch keine unwichtige Frage, wer mit Steuermitteln lehrt und
forscht.
Aber wie soll ein Minister das beurteilen können? Die Berufung von
Professoren ist Sache der Wissenschaft, es gibt Berufungskommissionen, es
gibt externe Gutachten. Da hatten die Ministerien schon früher kaum
mitgespielt. Sie haben zum Schluss noch einmal geguckt, ob die Unterlagen
vollständig sind, und dann einen Stempel darauf gemacht. Unnötige
Bürokratie. In ganz seltenen Fällen haben sie mal jemanden auf der Liste
nach vorn geschoben, meistens aus rein parteipolitischen Gründen.
Sie haben in Ihrer Studie eine ganze Reihe von Hochschulreformen der
vergangenen Jahre untersucht. Gibt es ein Leitbild hinter all diesen
Änderungen?
Ja, man kann es auf zwei Nenner bringen, die einander bedingen: mehr
Wettbewerb zwischen den Hochschulen und eine stärkere Stellung der Rektoren
innerhalb der Hochschulen.
Dass in einer Befragung unter Rektoren die Begeisterung überwiegt, ist
nicht so überraschend.
Stopp, wir haben nicht nur die Rektoren befragt. Wir haben auch einfache
Professoren befragt, und hier haben mich die Ergebnisse selbst überrascht.
Bisher hatte ich unter Kollegen immer eine ausgesprochen skeptische Haltung
vermutet. Aber in unserer Studie sagen sogar die Professoren: Bestimmte
Formen von Wettbewerb haben sich bewährt. Zum Beispiel, dass Ministerien
und Rektoren diejenigen mit zusätzlichen Mitteln belohnen können, die viele
Forschungsgelder einwerben.
Die Kritik daran lautet: Zusätzliche Mittel bekommen nicht die, die am
klügsten forschen. Sondern die, die besonders fleißig Anträge schreiben.
Wenn man den Wettbewerb überdehnt, wird es sinnlos, das stimmt. Aber diese
Befürchtung ist derzeit völlig unberechtigt. In Nordrhein-Westfalen werden
gerade einmal zwanzig Prozent der Mittel leistungsorientiert vergeben. Wenn
eine Universität die Leistungskennzahlen im nächsten Jahr nicht mehr
erfüllt, kann sie maximal drei Prozent dieser Mittel verlieren. Das ist
eine sehr harmlose Form von Wettbewerb.
Jeder überdehnte Wettbewerb beginnt harmlos.
Aber was ist die Alternative? Ich bin für moderate Reformen. Mehr Autonomie
gegenüber den Ministerien in Detailfragen hat sich bewährt. Andere Elemente
sollte man wieder zurückdrehen.
Welche?
An einigen Punkten ist das Hochschulfreiheitsgesetz über das Ziel
hinausgeschossen. Der Hochschulrat kann derzeit nicht abgewählt werden. Das
ist Blödsinn. Auch den Senat sollte man wieder stärken.
10 May 2013
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
Svenja Schulze
Universität
Hochschulpolitik
Universität
taz lab 2024
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