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# taz.de -- Hochschulautonomie in Deutschland: Rektoren bangen um ihre Freiheit
> Lange hieß die Devise: Unis sollen unternehmerisch werden, mit starken
> Rektoren an der Spitze. Einige Länder sehen das nun nicht mehr so.
Bild: Autonomie in aller Munde: Proteste in Cottbus gegen eine geplante Uni-Fus…
BERLIN taz | Es sind erst Eckpunkte, aber sie sorgen für reichlich Unruhe
in den Hochschulen: Die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin
Svenja Schulze (SPD) möchte wieder stärkere Kontrolle über die Unis und FHs
des Landes ausüben und stößt damit auf Kritik auf Seiten der
Uni-Leitungen.
„Die Freisetzung der Hochschulen hat unsere Leistungsfähigkeit enorm
gesteigert“, meint etwa die Rektorin der Uni Münster, die auch zur
Sprechergruppe der Landesrektorenkonferenz gehört und am Samstag auf einem
Podium zum Thema am taz.lab teilnimmt. Das von FDP-Wissenschaftsminister
Andreas Pinkwart 2006 eingeführte Hochschulfreiheitsgesetz habe sich
bewährt, so Nelles.
Es wäre eine Wende zurück: Unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung
genossen die Hochschulen große Autonomie, das Land zog sich aus der
Fachaufsicht zurück, die Unis konnten sehr weitgehend selbst über ihr
Budget und Personal entscheiden. Aus Zweigstellen des Ministeriums wurden
wie Unternehmen geführte Wissenschaftsfabriken - mit starken Rektoren und
Aufsichtsräten der Wirtschaft nachempfundenen Hochschulräten als
wichtigstes Gremium.
Aus dem Hochschulfreiheitsgesetz will Wissenschaftsministerin Schulze nun
ein Hochschulzukunftsgesetz machen. Zum Wintersemester 2014 soll es in
Kraft treten.
Und nicht nur in Nordrhein-Westfalen fürchten die Hochschulrektoren um ihre
in den vergangenen Jahren erlangte Autonomie: Die neue rot-grüne Regierung
in Niedersachsen hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, Studierenden
wieder mehr Mitsprache in den Hochschulgremien zu geben. Die Hochschulräte
sollen weniger stark mit Wirtschaftsvertretern besetzt sein. Ähnliche
Überlegungen gibt es auch in Baden-Württemberg. Horst Hippler, Präsident
der Hochschulrektorenkonferenz, sieht einen Trend, der ihn beunruhigt: „Die
Welle rollt zurzeit rückwärts“, sagte er kürzlich.
## Eckpunkte in NRW
Am weitesten ist Nordrhein-Westfalen. Die Eckpunkte aus dem
Wissenschaftsministerium sehen unter anderem vor:
- Der Senat, das oberste Selbstverwaltungsorgan der Hochschulen, in dem
Vertreter der Professoren, der Studierenden, wissenschaftlicher und
nicht-wissenschaftlicher Mitarbeiter sitzen, soll wieder gestärkt werden.
Vor allem bei der Wahl der Hochschulleitung soll er mehr Mitsprache
bekommen.
- Die Arbeit der von Schwarz-Gelb eingeführten Hochschulräte soll
transparenter werden. Sie sollen Studierendenvertreter, Personalräte und
den Senat künftig einmal pro Semester über ihre Arbeit informieren.
Außerdem plant Rot-Grün eine Frauenquote: 40 Prozent der
Hochschulratsmitglieder sollen künftig weiblich sein, die Zusammensetzung
kommt auf den Prüfstand.
- Das Land will künftig für alle Hochschulen einen Entwicklungsplan
aufstellen. Das könnte etwa heißen, dass das Land stärker als bisher beim
Studienangebot mitredet. Ministerin Schulze nennt als Beispiel die
Ausbildung von Berufsschullehrern: Die Hochschulen würden von sich aus zu
wenige von ihnen ausbilden.
- Die Einwerbung von Drittmitteln, also Forschungsgeldern, die Hochschulen
von öffentlichen und privaten Institutionen über die Landesfinanzierung
hinaus erhalten, soll transparenter werden.
- Über Rahmenvorgaben will das Land Haushalts- und Personalangelegenheiten
wieder stärker steuern.
Rektorin Ursula Nelles sieht das Vorhaben kritisch, ebenso die
Informationspolitik der Landesregierung: „Wenn man die Fachaufsicht wieder
einführen will, soll man das offen sagen anstatt mit Nebelkerzen zu werfen
und von Rahmenvorgaben zu reden. Was ist denn eine Rahmenvorgabe? Dieses
Gesetz birgt Willkürpotential.“
19 Apr 2013
## AUTOREN
Bernd Kramer
Bernd Kramer
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taz lab 2024
NRW
Hochschule
Wissenschaft
Svenja Schulze
Elternzeit
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