# taz.de -- Jahreskonferenz des Nachhaltigkeitsrates: Carlowitz' Erben wursteln… | |
> Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich auf der Jahreskonferenz des | |
> Nachhaltigkeitsrates gute Noten. Aber die Öko-Gemeinde in Deutschland | |
> grummelt. | |
Bild: Nachhaltig: Nur so viel Bäume fällen, wie nachwachsen. | |
BERLIN taz | Es gab keine Buhrufe und kein Gelächter, sondern am Ende nur | |
freundlichen Applaus. So unwidersprochen konnte Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel (CDU) auf der Jahreskonferenz des Nachhaltigkeitsrats am Montag in | |
Berlin verkünden: „Die Bundesregierung vertritt mit Enthusiasmus die | |
Nachhaltigkeitstrategie“ – und als Beleg dafür darauf verweisen, beim | |
„lebenslangen Lernen“, der Pflege, dem demografischen Wandel und vor allem | |
bei der Finanzpolitik mache ihre Bundesregierung nachhaltige Fortschritte. | |
Das heißeste Eisen in der aktuellen Nachhaltigkeitsdebatte dagegen schob | |
Merkel zur Seite: Die Debatte um den europäischen Emissionshandel, der | |
gerade auch auf deutsches Drängen hin in Brüssel ruiniert wird. Wenn es zu | |
viele Zertifikate gebe, müsse man überlegen, ob man welche stilllegen | |
könne, so die Kanzlerin. Das gehe aber erst, wenn das | |
Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland geregelt sei, also „nicht mehr | |
vor der Wahl“. | |
Dass sich das Schicksal des Emissionshandels schon im Juni entscheidet, | |
erwähnte sie nicht. | |
Die Besucher des Kongresses, hauptsächlich in Business-Anzug oder Kostüm | |
erschienen, kümmerten sich danach weiter um das 300. Jubiläum des deutschen | |
Forstwirts Hans Carl von Carlowitz – als Erfinder der „Nachhaltigkeit“ ein | |
weiterer deutscher Exportschlager. | |
Dabei hatte die Vorsitzende des Nachhaltigkeitsrats, Marlehn Thieme, Merkel | |
direkt auf den Widerspruch von Nachhaltigkeitsgerede und dem Scheitern des | |
Emissionshandel angesprochen. Es „könne nicht sein, dass der Preis für | |
Emissionszertifikate in die Bedeutungslosigkeit abfällt“, sagte sie unter | |
Beifall. „Es ist weniger Preis- als Politikverfall.“ | |
## Scheitern des Klimaschutzsystems | |
Dem Nachhaltigkeitsrat macht eine Entwicklung Sorgen, die am gleichen Tag | |
auch den Präsidenten des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, zu einer | |
lauten Mahnung veranlasste: Die Angst, dass das europäische System des | |
Klimaschutzes scheitert, weil Wirtschaftsministerium und FDP jede Reform | |
verweigern und Deutschland in Brüssel nicht entscheidungsfähig ist. | |
Flasbarth machte deutlich: „Mit der jetzigen Politik verfehlt Deutschland | |
sein Klimaziel für 2020.“ Statt bei minus 40 Prozent lande Deutschland nur | |
bei 34 Prozent. Der Grund: Im europäischen Emissionshandel sind etwa 1,7 | |
Milliarden Zertifikate zu viel aufgelaufen, die die Preise drücken. | |
Statt geplanter 30 Euro kostet die Tonne nur noch 4 Euro. Um die deutschen | |
Ziele zu erreichen, brauche es dann „brachiales Ordnungsrecht“ oder den | |
„nationalen Alleingang“ mit einer CO2-Abgabe. „Das ist das schlimmste | |
Szenario“, so Flasbarth. | |
13 May 2013 | |
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