# taz.de -- Kommentar zu Erdogans USA-Besuch: Im Regen stehen gelassen | |
> Der türkische Ministerpräsident drängt auf militärisches Eingreifen in | |
> Syrien. Doch Barack Obama will keine neuen roten Linien. | |
Es gibt keine Zauberformel für Syrien, beschied Obama dem türkischen | |
Ministerpräsidenten Erdogan bei dessen Besuch in den USA und ließ ihn damit | |
im Washingtoner Regen stehen. Obama fordert Geduld, wo Erdogan längst die | |
Zeit ausgeht. Während der US-Präsident durch den Krieg in Syrien zunächst | |
nur mittelbar betroffen ist, steckt Erdogan mitten drin. Der verheerende | |
Bombenanschlag in der Grenzstadt Reyhanli, bei dem am letzten Samstag über | |
50 Menschen starben, war nur das letzte eindringliche Zeichen, dass der | |
syrische Krieg auch in der Türkei angekommen ist. | |
Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Erdogan mit seiner Syrienpolitik | |
gescheitert ist. Sicher, die Türkei hat anders als die USA eine 900 | |
Kilometer lange Grenze mit Syrien und konnte sich deshalb nur schwer aus | |
dem Konflikt heraushalten. Doch Erdogan hat sich offensichtlich übernommen. | |
Schon vor über einem Jahr hat die türkische Regierung den Weg der | |
Vermittlung aufgegeben und stattdessen eindeutig gegen das Assad Regime | |
Stellung bezogen. Die Erwartung in Ankara war, dass man Assad mit starker | |
Rhetorik und einer massiven Unterstützung der mehrheitlich sunnitischen, | |
von den Muslimbrüdern dominierten Opposition, zum schnellen Abgang zwingen | |
könnte. | |
Doch Assad denkt nach wie vor nicht an Rückzug, im Gegenteil: Nach einer | |
Phase des Rückzugs sind die Truppen des Regimes im Moment eher wieder auf | |
dem Vormarsch. Statt Assad verlassen immer mehr syrische Flüchtlinge das | |
Land. Fast eine halbe Million Syrer sind bereits in der ganzen Türkei | |
verteilt, sie werden zusehens zu einer innenpolitischen Belastung für | |
Erdogan. | |
Der türkische Ministerpräsident sucht deshalb nach einem Befreiungsschlag. | |
Doch Obama denkt nicht daran, sich mit den Türken in ein militärisches | |
Abenteuer in Syrien zu stürzen. Obama will verhandeln, gemeinsam mit Putin | |
und zur Not auch mit Assad. Erdogan wollte zumindest die Zusicherung, dass | |
diese Verhandlungen bis Ende Juni zeitlich befristet werden. Durchgesetzt | |
hat er sich damit nicht. Der Traum von der türkischen Großmacht im Nahen | |
Osten verwandelt sich für Erdogan immer mehr in einen syrischen Alptraum. | |
17 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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