# taz.de -- Anschlag an türkisch-syrischer Grenze: Spuren führen zu Assad | |
> Ein Doppelanschlag in Reyhanli hat mindestens 46 Menschen getötet. Nun | |
> macht die türkische Regierung das syrische Regime verantwortlich. Es gibt | |
> Festnahmen. | |
Bild: Reyhanli nach dem Doppelanschlag | |
ISTANBUL dpa/ap | Nach den Bombenanschlägen in der türkischen Grenzstadt | |
Reyhanli mit fast 50 Toten haben die Ermittlungsbehörden neun Verdächtige | |
festgenommen. Dies teilte der türkische Innenminister Muammer Güler am | |
Sonntag mit. | |
Nach seinen Worten geht der Terrorangriff auf das Konto einer Gruppe mit | |
Verbindungen zum syrischen Geheimdienst. Den Namen der Gruppe oder weitere | |
Details nannte er nicht. Die Regierung in Damaskus wies die Verdächtigung | |
als unwahr zurück. | |
Bereits zuvor hieß es aus Ankara, die Spuren führten zum Regime des | |
syrischen Präsidenten Bashar al-Assad. Die Attentäter hätten Kontakte zum | |
syrischen Geheimdienst, zitierten türkische Medien am Samstag | |
Vizeregierungschef Besir Atalay. | |
Die Organisation der Täter und ihre Hintermänner seien weitgehend bekannt. | |
Bei der Explosion zweier Autobomben kamen nach jüngsten Angaben mindestens | |
46 Menschen ums Leben, 140 weitere wurden verletzt. UN-Generalsekretär Ban | |
Ki Moon verurteilte die Tat scharf. | |
Vor Atalay hatte bereits Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärt, | |
die Anschläge könnten im Zusammenhang mit dem Krieg in Syrien stehen. | |
Außenminister Ahmet Davutoglu sieht in der Tat eine gezielt gegen sein Land | |
gerichtete Provokation. | |
Es ist der bislang schwerste Zwischenfall auf türkischer Seite der Grenze | |
seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011. Die Türkei steht auf | |
der Seite der syrischen Aufständischen und hat zahlreiche Flüchtlinge aus | |
Syrien aufgenommen. Erst jüngst hat Ankara den Kurs gegen Damaskus noch | |
einmal verschärft. Reyhanli ist nicht weit entfernt vom Grenzübergang | |
Cilvegözü, über den viele Flüchtlinge aus Syrien in die Türkei kommen. | |
## Übergriffe auf syrische Flüchtlinge | |
UN-Generalsekretär Ban erklärte nach Angaben eines Sprechers, er verurteile | |
„alle terroristischen Taten“. „Kein Grund oder Missstand kann jemals | |
Angriffe auf Zivilisten rechtfertigen.“ | |
Die syrische Opposition verurteilte die Anschläge mit scharfen Worten. „Wer | |
diese verabscheuungswürdigen Terroranschläge verübt hat, will damit die | |
türkische Regierung, die dem syrischen Volk beisteht, für ihre ehrenhafte | |
Haltung bestrafen“, erklärte die Nationale Syrische Koalition in Istanbul. | |
Ziel des Terrors sei es offensichtlich, einen Keil zwischen Syrer und | |
Türken zu treiben. | |
Syrische Revolutionsaktivisten warnten vor möglichen Übergriffen auf Syrer | |
im Grenzgebiet. Sie riefen über den Kurznachrichtendienst Twitter alle in | |
Reyhanli lebenden Flüchtlinge dazu auf, ihre Häuser nicht zu verlassen. Als | |
Reaktion auf die Anschläge soll es in dem Ort auch zu Übergriffen der | |
türkischen Bevölkerung auf syrische Flüchtlinge und auf Autos mit syrischen | |
Kennzeichen gekommen sein. | |
## „Niemand sollte unsere Macht testen“ | |
Davutoglu, der am Samstag in Berlin war, wurde von türkischen Medien mit | |
den Worten zitiert, hinter der Tat könnten Kräfte stecken, die den Frieden | |
in der Türkei stören wollten. „Niemand sollte unsere Macht testen. Unsere | |
Sicherheitskräfte werden alle nötigen Maßnahmen ergreifen“, sagte | |
Davutoglu. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteilte die | |
Anschläge. | |
US-Außenminister John Kerry sprach in Washington von „schrecklichen | |
Nachrichten“. Die USA stünden an der Seite „unseres Verbündeten Türkei�… | |
Fernsehbilder zeigten massive Zerstörungen – eine Explosion hatte ein | |
riesiges Loch in die Straße gerissen. Nach Angaben syrischer Aktivisten | |
waren unter den Verletzten auch einige Syrer. 29 Verletzte waren am | |
Samstagabend noch in kritischem Zustand, wie Innenminister Muammer Guler | |
nach Berichten der Nachrichtenagentur Anadolu mitteilte. | |
## „Starke Beweise“ für Giftgaseinsatz | |
Erst im Februar hatte es in dem Grenzort einen schweren Anschlag gegeben. | |
Damals waren bei der Explosion einer Autobombe zwölf Menschen getötet und | |
rund 30 verletzt worden. In der Türkei sind in den vergangenen Monaten | |
zudem immer wieder Granaten aus Syrien eingeschlagen. Die türkische Armee | |
reagierte mehrfach mit Artilleriefeuer. Am Abend erschütterte eine dritte | |
Explosion die Stadt Reyhanli. Sie war allerdings von einem technischen | |
Defekt an einem Auto ausgelöst worden. | |
Jüngst hat Ankara den Kurs gegen Assad verschärft. Ministerpräsident | |
Erdogan sagte in einem Interview mit dem US-Sender NBC, die von den USA | |
gezogene rote Linie zum Einsatz von Chemiewaffen sei von Syriens Regime | |
längst überschritten. Er forderte Washington zum Handeln auf. | |
US-Außenminister Kerry setzt allerdings trotz „starker Beweise“ für einen | |
Chemiewaffeneinsatz syrischer Regierungstruppen gegen die Aufständischen | |
auf eine diplomatische Lösung. Wenn sich alle Seiten verantwortungsbewusst | |
und verständigungsbereit zeigten, sei eine friedliche Beendigung des | |
blutigen Bürgerkriegs möglich, sagte Kerry am Freitag in einem Online-Chat. | |
12 May 2013 | |
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