# taz.de -- Elektrofahrräder im Selbstversuch: Von 0 auf 25 in 3 Sekunden | |
> Bei der Stiftung Warentest kommen Elektrofahrräder schlecht weg. Und bei | |
> der taz? Kommt man mit einem Pedelec ohne Schwitzen ins Büro? | |
Bild: Elektrofahrräder sind im Kommen: Immer mehr Bundesbürger schaffen sich … | |
BERLIN taz | Überraschung: das Tempo. Mein Elektro-Fahrrad beschleunigt von | |
0 auf 25 Kilometer pro Stunde in gefühlten drei Sekunden. Die Trägheit | |
meiner Masse bringt mich auf dem Sattel in Rückenlage. Am Lenker halte ich | |
mich fest. Das parkende Auto da vorne kommt erstaunlich schnell näher. | |
Jetzt aber ganz rasch bremsen. | |
Zum Glück tun die Trommelbremsen ihren Dienst. Ich habe das Gerät wieder | |
unter Kontrolle. Weiter geht es in diesem Selbstversuch mit einem Fahrrad, | |
das von einem Elektromotor unterstützt wird - passend zum Test von Stiftung | |
Warentest und ADAC mit 16 dieser modernen Räder. | |
Warschauer Straße in Berliner Stadtteil Friedrichshain: schmaler Radweg, | |
links parkende Autos, rechts Geschäfte, Fußgänger, Kinderwagen, Hunde. Mit | |
maximaler Geschwindigkeit fahre ich in Richtung Kreuzberg. Der Fahrtwind | |
lässt meine Haare wehen. Erschrockende Passanten blicken mir nach. Ich habe | |
den Eindruck, ich bin zu schnell für diese beengte Verkehrssituation. | |
Hoffentlich öffnet niemand eine Autotüre. Ein Helm - ich hätte eine Sorge | |
weniger. | |
Die Pedelecs, wie die E-Räder im Fachjargon heißen, sind etwas für | |
reaktionsschnelle, geübte Radfahrer. Sie funktionieren so: Setzt man das | |
Rad mit Muskelkraft in Bewegung, schaltet sich der Elektromotor dazu. Die | |
Batterie unter dem Gepäckträger liefert den Strom. Mein E-Bike (ein Modell | |
von Kaufland, geliehen von der Firma Pedalpower) verfügt über vier | |
Geschwindigkeitsstufen. Die höchste beschleunigt auf maximal 25 km/h. Tritt | |
man nicht in die Pedale, spendet der Motor keine Kraft. Man kann ihn auch | |
ganz abschalten. | |
## Bei 25 km/h wird der Elektromotor gedrosselt | |
Nun geht es hoch zum Denkmal für den Sieg über Napoleon. Beim Anstieg zum | |
Kreuzberg, einem Hügel im Westen des Stadtteils, ist das Pedelec-Fahren | |
eine reine Freude. Wie auf einem Hollandrad throne ich entspannt auf dem | |
breiten Sitz und betrachte die Umgebung. Mit wissendem Lächeln ziehe ich an | |
schnaufenden Pedalisten vorbei, die sich Berlins Gipfel hinaufquälen. Ich | |
muss nicht strampeln, nur ein bisschen die Beine bewegen. Ich werde | |
gefahren. | |
Auf dem Rückweg bergab in Richtung Spree versagt der Elektromotor plötzlich | |
seine Hilfe. Ich blicke auf den Tacho: knapp über 25 Stundenkilometer. Das | |
Aggregat ist gedrosselt, für höhere Geschwindigkeiten gibt es aus | |
Sicherheitsgründen keinen Strom. Nun bin ich wieder auf meine eigene Kraft | |
angewiesen. | |
Diese gilt es auch einzusetzen, will man das Elektrorad bei schlechtem | |
Wetter mit der U- oder S-Bahn befördern. Dabei zeigt sich ein echter | |
Nachteil. Die Hightech-Räder sind mit 20 oder 30 Kilogramm meist so schwer, | |
als seien die Rohre mit Blei ausgegossen. Keine Chance, es mal eben auf die | |
Schulter zu nehmen und die Treppen zum Bahnsteig zu erklimmen. | |
Gesamturteil: Pedelecs sind ideal für Zeitgenossen, die Radfahren als bloße | |
Überbrückung mittlerer Distanzen betrachten. In gutem Zustand, ohne | |
Schwitzen, erreicht man das Büro. Mit gewisser sportlicher Betätigung, die | |
gesund sein soll, hat das aber nichts zu tun. Nachteil: Die Gefährte sind | |
unerwartet schnell. Unfallrisiko im Verkehrsgewühl der Stadt. | |
29 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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