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# taz.de -- Rollenklischees in Männermagazinen: Harte Stecher
> Rollenklischees gibt es nicht nur in Frauenmagazinen. In
> Männerzeitschriften ist der Mann von heute immer geil, immer fit, immer
> cool und flirtet jede ins Bett.
Bild: In Männermagazinen steckt auch in gewöhnlichem Spargel Sex.
Denken wir uns eine möglichst dämliche Kontaktanzeige für Leserinnen von
Frauenmagazinen: „Attraktiver 30-Jähriger, der sich seine Surfboards selber
schnitzt, gerade an seiner Doktorarbeit über den deutschen Spielfilm
schreibt und nebenbei Drehbücher lektoriert, sucht ….“ Dämlich? Ja.
Ausgedacht? Nein!
Denn genau so stellt es sich dar, das Bild des Supermanns in deutschen
Männerzeitschriften: sportlich, cool, intelligent, kreativ – je nach Typ
mit Jeansjacke oder Jackett ausstaffiert anstatt mit blau-rotem Cape. Im
vorliegenden Fall das Kurzportrait des Berliners Daniel, der in der
Zeitschrift Business Punk erzählt, wie er sich in seinem Wohnzimmer ein
Surfbrett aus Holz gebaut hat.
Welches Frauenbild Medien, Werbung oder Fernsehserien vermitteln, ist
Gegenstand vielfältiger öffentlicher Debatten und Proteste. Es gibt den
jährlichen Slutwalk, Aktionen gegen das Barbiehaus in Berlin, Aufkleber mit
der Aufschrift „sexistische Kackscheiße“, die auf Werbeplakate gekleistert
werden. Die Kritik gilt einem Rollenbild, das Frauen auf ihr Äußeres
reduziert, auf devote, allzeit bereite Lustobjekte für Männer.
Auch in der taz erschien vor einem Jahr ein Artikel, in dem [1][Margarete
Stokowski sich mit dem Bild der Frau in Frauenzeitschriften befasste].
Fragt sich: Wie sollen die Männer sein, die zu diesen Frauen passen – oder
umgekehrt: Was sind das für Männer, für die die Frauen sich so aufhübschen
sollen? Auch hier hilft ein Blick in ein paar geschlechtsspezifische
Magazine, die andere Seite der medialen Medaille.
## Mehr Fachmagazine
Auffällig ist zunächst, dass das Angebot an Männerzeitschriften weitaus
kleiner ist als das für Frauen: Playboy und Penthouse mal beiseite
gelassen, gibt es als klassische Männermagazine die GQ und seit Dezember
den FHM-Nachfolger Like. Der Rest geriert sich eher als
Special-Interest-Produkt – Men’s Health, Business Punk oder Beef –,
vielleicht weil Männer sonst Angst hätten, als schwul zu gelten.
„Unrealistische Schönheitsideale“, wie Stokowski sie für
Frauenzeitschriften konstatiert, gibt es auch hier: He-Man-artige Männer
mit Sixpacks und Bizeps wie Bällen. Aber natürlich sind die Botschaften für
Männer weniger „menschenfeindlich“. Klar: Dass weiße, heterosexuelle Män…
gesellschaftlich nicht diskriminiert werden, hat sich mittlerweile selbst
unter weißen, heterosexuellen Männern herumgesprochen.
Auch wird von ihnen weder Unterwürfigkeit noch Passivität verlangt. Aber
natürlich werden auch in Männerzeitschriften Rollenklischees produziert –
und das Frauenbild dabei immanent immer mitgeschrieben. Denn die
Rollenentwürfe in der Männer-sind-so-und-Frauen-sind-so-Welt funktionieren
nur, wenn es den passenden Gegenpol gibt.
Was einen erwartet, verrät bereits ein Blick auf das [2][Juni-Cover der
Men’s Health]: „100 Liegestütze am Stück: So klappt’s locker“, heißt…
dort, „Wie Sie immer cool bleiben – kleine Schwächen ganz einfach
überspielen“ und „Sex: So flirten Sie jede ins Bett!“ Der Mann als
eierhabende Erfolgssexsau.
## Ein 12-Stunden-Vorspiel
In der [3][Mai-Ausgabe verraten Redakteurinnen] des Schwesternblatts
Women’s Health, wie Männer „die Bestnote im Bett“ bekommen. Die „attra…
Redakteurin aus der Life-Redaktion (43)“ möchte ein 12-Stunden-Vorspiel
bestehend aus Komplimenten, SMS, Lächeln und Blicken, ihre „charmante
blonde“ Kollegin (28) „einen Mann, der ab und zu nach Hause kommt, mich
packt, aufs Bett oder Sofa schmeißt und gleich zur Sache kommt“.
Eine Dritte mahnt die Männer, den weiblichen Körper nicht mit einer
Playstation zu verwechseln – um mit den Worten zu schließen: „Dann könnt
ihr immer wieder den Highscore knacken.“ Zwar fehlt es nicht an
beruhigenden Banalitäten wie der, dass es auf die Größe nicht ankomme oder
dass es nicht schlimm sei, wenn die Frau mal keinen Orgasmus bekomme – aber
das hat die Redaktion ein paar Seiten später schon wieder vergessen. Dort
wird den Männern verklickert, was sie in den 24 Stunden vor dem Sex essen
sollen, damit der Körper „wie bei sportlichen Höchstleistungen den
richtigen Treibstoff in Form von Lebensmitteln“ bekommt.
Frauen wollen erobert werden, Männer müssen attraktiv und vor allem aktiv
sein – so die Botschaft der Magazine. Ein Nein ist dabei selbstverständlich
kein Nein (wer wird denn gleich vergewaltigen wollen?), denn auf die Frage,
was man tun solle, wenn einem die „Süße“ an der Supermarktkasse einen Korb
gegeben habe, empfiehlt die Men’s Health, es gleich noch mal zu probieren:
„Wenn Ihnen die Kassiererin also einen schönen Abend wünscht, könnten Sie
ihr etwa antworten: ,Ohne Sie wird das wohl nichts.‘“ Eine Übergriffigkeit,
die nicht nur jeden Humor vermissen lässt – sie macht das Prinzip Rainer
Brüderle alltagstauglich.
## „Wir befriedigen all Ihre Grillfantasien“
Dass Männer immer nur an das Eine denken, suggeriert auch Beef, das
Kochmagazin „für Männer mit Geschmack“. Obwohl es das einzige Heft ist, d…
ohne leicht bekleidete Frauen auskommt, ist Sex hier in Form einer ironisch
aufgegeilten Sprache allgegenwärtig. So lautet die Titelstory: „Du willst
es doch auch? Grill mich!“, darüber ist ein Stück nacktes Fleisch zu sehen,
ins Bild gesetzt wie ein Model; darunter die Zeile: „In dieser Ausgabe
befriedigen wir all Ihre Grillfantasien.“ Ein Bericht über Spargelernte ist
mit „Harte Stecher“ überschrieben, eine Hand voll Hot-Dog-Rezepte mit
„Doggy Style de Luxe“.
Ebenso wie sexuelle Machtphantasien in den Texten sprachlich konnotiert
sind, ist ihnen das Leistungsprinzip eingeschrieben. Auffällig ist vor
allem der Superlativ, der die Magazine durchzieht. So präsentiert Beef „das
beste Steak der Welt“, GQ einen „der effektivsten Fettverbrenner aller
Zeiten“ und das Magazin Business Punk den „erfolgreichsten und exklusivsten
Startup-Inkubator in den USA“, um nur einige Beispiele zu nennen.
Zum dargebotenen Männlichkeitsbild gehören Ehrgeiz und Erfolg zwingend dazu
– egal, ob im Beruf, im Bett oder beim Bergsteigen. Selbst im Scheitern
gilt es, produktiv zu sein, noch in der Niederlage erfolgreich: Auf dem
Cover der Business Punk prangt der Imperativ: „Rotz abwischen,
weitermachen!“ Und Men’s Health gibt Tipps, „wie Sie’s im zweiten Anlauf
garantiert schaffen“.
Flankiert wird diese an Sex und Leistungsprinzip ausgerichtete Erzählung
von Männlichkeit durch eine regressive Infantilität. In der Rubrik „Klein,
aber gemein“ der Zeitschrift Business Punk dürfen die Leser Gemeinheiten
von Schuljungs für den Büroalltag lernen („Wer es auf dem Pausenhof
schafft, der schafft es überall“).
## Aus Rettich die Traumfrau schnitzen
In der aktuellen Ausgabe der Beef wird unter dem Stichwort
„Abenteuerspielplatz“ ein Artikel über Küchenmesser kredenzt, jener
Schwanzverlängerung für kochende Männer: „Wer schon als Junge aus Ästen
Pfeile geschnitzt hat, wird jetzt seinen Spaß haben. Denn Schnitzen geht
auch in der Küche! Wir zeigen Ihnen 15 neue kleine und superscharfe
Arbeitsmesser, mit denen Sie sich aus Melonen Fußbälle, aus Roter Beete
Motorräder und aus Rettich Ihre Traumfrau schnitzen können.“
Dies ist die vorgeblich selbstironische Soße, die über die Ingredienzen
Leistungsbereitschaft, Sexbesessenheit und Infantilität gekippt wird, damit
man das Reaktionäre des Männerbilds nicht so schmeckt. Getreu dem Motto der
eingestellten FHM: Männer sind so! Das Frauenbild wird dabei immer
mitgeschrieben. Ein Mann, der aktiv, cool und erfolgreich ist, braucht eine
Frau, die passiv und emotional ist und zu ihm nach oben schaut, ihn
bewundert.
Es scheint, als würden Frauen- und Männer-Zeitschriften ihren Leserinnen
und Lesern verklickern, wie sie sein müssen, damit sie das Rollenbild der
jeweils anderen Seite bedienen. Wir sind ja nur so, wie die anderen uns
wollen.
5 Jun 2013
## LINKS
[1] /!97571/
[2] http://www.menshealth.de/men-s-health-06-2013.231678.htm
[3] http://www.womenshealth.de/women-s-health-mai-2013.17127.htm
## AUTOREN
Philip Meinhold
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