# taz.de -- Schönheitssalon „Monaco Princesse“: Ich schmeiß hin und werd … | |
> In München hat ein Schönheitssalon für Kundinnen zwischen 5 und 15 Jahren | |
> eröffnet. Die Kritik daran ist groß. Ein Besuch. | |
Bild: Ein Traum in Pink. | |
Julias Mutter will nicht gehen. Verzückt steht die schlanke, groß | |
gewachsene Frau mit dem goldig-blonden Haar inmitten des Raums. Um sie | |
herum ist alles rosafarben: die Wände, die Polstersessel, die | |
Umkleidekabinen, die Vorhänge und all der glitzernd-plüschige Tand in den | |
Regalen – sogar das Gemälde, auf dem eine Ente in Marilyn-Monroe-Pose zu | |
sehen ist. | |
Auch das Tischchen ist rosa, auf das Julia artig ihre Hände gelegt hat, | |
weil sie gleich die Nägel lackiert bekommen soll. Julias Mutter wirkt fremd | |
mit ihrem schwarzen Daunenmantel in der rosafarbenen Mädchenwelt. „Wir | |
sollten gehen, Schatz“, sagt der Vater flehend. Auch er hebt sich farblich | |
ab. Er scheint jedoch gemerkt zu haben, dass er nicht so recht | |
hierhergehört. „Nein, warte noch“, sagt Julias Mutter und rührt sich nicht | |
vom Fleck, „ich will das sehen.“ | |
Die zehnjährige Julia ist eines von fünf Mädchen, die heute Nachmittag bei | |
„Monaco Princesse“ ein ziemlich erwachsenes Verwöhnprogramm bekommen | |
sollen, während der Rest der Familie flanieren geht. Maniküre, Hair | |
Styling, Make-up und ein Fotoshooting in Abendgarderobe gehören dazu. Der | |
lang gezogene Laden in der Münchner Innenstadt ist Deutschlands erster | |
Schönheitssalon für Kundinnen zwischen 5 und 15 Jahren. | |
Mitte September hat der Salon eröffnet. Seither hat Inhaberin Kerstin Kobus | |
viel Kritik einstecken müssen. „Monaco Princesse hat eingeschlagen wie eine | |
Bombe“, sagt die 41-Jährige. Laut Zeitungsberichten und Einträgen in | |
Internetforen ist ihr Salon der Inbegriff eines antiquierten Frauenbildes. | |
## Warum etwas hinterfragen, das funktioniert | |
Schon kleine Mädchen sollen dort lernen, dass sie in erster Linie hübsch | |
auszusehen haben. Bereits in jungen Jahren würden sie darauf getrimmt, | |
Objekt zu sein und einem von Männern geprägten Schönheitsideal zu | |
entsprechen. Inhaberin Kobus kennt die Kritik. Als Urheberin klassischer | |
Rollenprägung sieht sie sich nicht. | |
Warum viele kleine Mädchen auf Rosa stehen? „Das ist eben so“, sagt Kobus. | |
Vermutlich habe das damit zu tun, dass schon die Glückwunschkarten fürs | |
Neugeborene je nach Geschlecht blau oder rosa seien. Diese Prägung macht | |
sich Kobus in ihrem Laden zunutze. Dass das Konzept aufgeht, bestätigt | |
Storemanagerin Maria Martens: „Die Mädchen, die hier reinkommen, flippen | |
total aus“, sagt sie, „die rennen von der Mama weg und wollen sich alles | |
anschauen.“ Warum etwas hinterfragen, das funktioniert. | |
„She is very girly“, „sehr mädchenhaft“, hatte Julias Mutter noch unge… | |
erzählt, bevor sie den Laden verließ. Und dass Julia eine Schauspielschule | |
besuche, in der sie auch singen und tanzen lerne. Warum mädchenhaft? „Na, | |
sehen Sie mich mal an!“ | |
Jetzt, da Julia mit ihrer Freundin Luisa und den beiden Stylistinnen allein | |
im Laden ist, relativiert die wohlerzogene, adrett gekleidete Engländerin | |
mit dem zauberhaften Lächeln: „Nicht extrem mädchenhaft. Ich tanze gern, | |
aber ich mag auch Baseball.“ Ihre Fingernägel sind mittlerweile | |
fliederfarben lackiert und mit kleinen Schmetterlingen beklebt. | |
Nun wickelt ihr die Friseurin das braune, schulterlange Haar Strähne für | |
Strähne auf den Lockenstab. Aber ihr sei wichtig, wie sie aussehe, sagt sie | |
dann. Warum? Julia wird still und blickt sich suchend im Laden um. „Ich | |
weiß nicht“, sagt sie hilflos. Es ist eine dumme Frage, wenn man so will, | |
denn sie zweifelt ein Bedürfnis an, das für viele Menschen | |
selbstverständlich ist. | |
„Ich will einfach nicht hässlich sein“, lautet Julias Antwort. Was auch | |
sonst. Im Internet wirbt Monaco Princesse damit, „Mädchen, jungen | |
Prinzessinnen und solchen, die es werden wollen“, unter professioneller | |
Anleitung durch geschultes Fachpersonal die Welt von Beauty und Spa zu | |
eröffnen. Aber muss das in diesem Alter wirklich schon sein? | |
## Beautytage mit Fußbad, Massage und Pediküre | |
Patricia, eine etwa 40-jährige, sehr zierliche blonde Amerikanerin, | |
beantwortet diese Frage mit einem klaren Ja. „Es geht dabei ums Verwöhnen“, | |
sagt sie und erzählt, dass sie auch zu Hause mit ihren beiden Töchtern, der | |
siebenjährigen Jazlynn und der fünfjährigen Charlize, manchmal Beautytage | |
mit Fußbad, Massage und Pediküre macht. Das Publikum des Schönheitssalons | |
scheint international zu sein. Storemanagerin Maria Martens bestätigt: | |
„Viele Eltern auf der Durchreise bringen ihre Töchter zu uns.“ | |
Das liege auch daran, dass der Salon mit Hotels kooperiere. „Ich kann mich | |
noch sehr gut an meinen ersten Friseurbesuch erinnern“, erklärt Mutter | |
Patricia, warum sie ihre Töchter gerne ins Monaco Princesse bringt. „Ich | |
war sehr jungenhaft damals, aber ich erinnere mich an das gute Gefühl, | |
schön und hübsch hergerichtet zu sein, und daran, wie schön es war, so | |
umsorgt zu werden.“ | |
Während ihre Mutter spricht, hat Charlize genug vom Warten. „Ich will ein | |
Fußbad machen“, kräht sie und marschiert – ihre ältere Schwester im | |
Schlepptau – in den hinteren Teil des Salons. Dort tauscht sie ihr | |
Kleidchen gegen einen rosa Frotteebademantel und klettert auf die goldenen | |
Kissen, die etwas erhöht das quadratische Porzellanbecken umgeben. | |
Jazlynn nimmt neben ihr Platz, und während warmes Wasser in die Becken | |
läuft, bekommen die beiden Kirsch-Bananen-Saft in bauchigen Gläsern und | |
rosafarbene Marshmallows gereicht. Was den beiden hier im Salon besser | |
gefällt als ein Fußbad zu Hause? „Hier ist alles rosa“, sagt die | |
siebenjährige Jazlynn, „und zu Hause haben wir nur fünf Nagellacke.“ „H… | |
sind es Tausende!“, bekräftigt die fünfjährige Charlize. | |
Während die beiden Mädchen vergnügt mit den Füßen im Becken planschen und | |
interessiert zusehen, wie die weißen Schaumkronen auf die goldenen Polster | |
schwappen, sagt Mutter Patricia: „Es ist ein weibliches Bedürfnis, sich zu | |
schminken.“ Jedes Mädchen beobachte die Mutter zu Hause dabei, wie sie sich | |
zurechtmache, und wolle das dann nachahmen, erklärt die Frau im schwarzen | |
Hosenanzug. „Ich begrenze sie nicht.“ | |
Sie sei selbst erstaunt, wie gut den Mädchen das Beautyprogramm gefalle. | |
„Ich hätte gedacht, dass sie sich hier langweilen, aber im Gegenteil: Sie | |
lieben es.“ Und weil sie keinen falschen Eindruck erwecken will, fügt sie | |
an: „Ich will, dass meine Kinder viel erleben und ausprobieren können.“ | |
Bevor sie zur Behandlung gekommen seien, habe sie Charlize, die Kleinste, | |
vom Kindergarten abgeholt und noch schnell umgezogen. „Die dreckige Hose | |
und die matschigen Gummistiefel liegen noch im Wagen.“ Der Schönheitssalon | |
sei nur eine Erfahrung von vielen für die Kinder, wie sie sagt. | |
## Geburtstagsgesellschaft mit der Limousine | |
„Wir wollen den Mädchen in erster Linie einen schönen Tag bieten“, sagt | |
hingegen Inhaberin Kobus. Deshalb habe der Salon neben all den Spielsachen, | |
Kleidern und Beautybehandlungen auch Geburtstagspartys für die Mädchen im | |
Programm. 28 Euro pro Kind kostet die günstigste. | |
Dafür bekommen die Mädchen eine Pyjamaparty im „Strawberry Salon“, einem | |
dekorierten Raum nebenan, essen Pizza und schauen sich gemeinsam einen Film | |
auf dem Plasmabildschirm an. Die Geburtstagsparty „Little Diva“ kostet 369 | |
Euro pro Kind. Dafür wird die Geburtstagsgesellschaft mit der Limousine | |
abgeholt und im Salon fürs anschließende Fotoshooting gestylt. | |
„Ich habe einfach gemerkt, dass es sehr viel gibt, was Jungs an einem | |
Kindergeburtstag machen können“, sagt Kobus und zählt auf: „McDonald’s, | |
Gokartfahren? Aber etwas, das nur für Mädchen ist, das gab es nicht.“ Mit | |
Monaco Princesse will sie diese Lücke füllen. Auch Interessenten aus | |
anderen Städten gebe es bereits, die weitere Läden im Franchise-System | |
eröffnen wollen. | |
Während Julia und ihre Freundin Luisa bereits fertig gestylt verschiedene | |
Kleider probieren, sitzen Charlize und Jazlynn noch immer auf ihrem | |
Fußbadthron. „Das tut gut“, sagt Charlize und zieht dabei das „u“ in �… | |
ganz lang, als ihr die Kosmetikerin Füße und Waden mit einer Pflegecreme | |
massiert und sich der süßliche Duft von „Erdbeerschnitte“ im Salon | |
verbreitet. | |
Mutter Patricia hat derweil konzentriert die Inhaltsstoffe der | |
ausgestellten Kindernagellacke studiert. „Dieser hier ist ohne | |
Formaldehyd“, sagt sie und hält ein Fläschchen hoch. „Das finde ich gut.�… | |
Die Amerikanerin ist, das merkt man an vielen Sätzen, die sie sagt, eine | |
Mutter, die sich Gedanken über ihre Kinder macht. | |
18 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
## TAGS | |
rosa | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zoophile über ihre Leidenschaft: „Man nennt das Liebeskummer“ | |
Sex mit Tieren steht jetzt generell unter Strafe. Ist doch auch pervers, | |
sagen viele. Für Oliver Burdinski und Kurt Gehrl aber ist das eine | |
Katastrophe. | |
Kolumne Luft und Liebe: Die heilige Alice und der Saruman | |
Eines Tages werden mich meine Enkel fragen, wie es denn früher so war, als | |
es noch Sexismus gab. Und wo ich beim #Aufschrei war. | |
Kritik an „Germanys Next Topmodel“: „Bin ich schön genug?“ | |
Am Donnerstag startet die achte Staffel von „Germanys Next Topmodel“. Die | |
„PinkStinks“-Aktivistin Stevie Schmiedel will, dass die Sendung abgesetzt | |
wird. | |
Kolumne Luft und Liebe: Von Schäfchen und Storchenküken | |
Am letzten Donnerstag war für eine Viertelstunde alles gut. Denn wir hatten | |
plötzlich zwei Führer weniger. Doch dann kam Heidi Klum. | |
Kolumne Wortklauberei: Bratpfannenkleid & Wahlkampfgetöse | |
Wie kann man Wochen wie diese aushalten, zwischen Topmodelterror und | |
Groteskpolitiker Rösler? Mit Pressemitteilungen über Kochtopfmode. | |
Neue Folgen der Biene Maja: Barbie Maja | |
Ab Karfreitag fliegt die Biene Maja mit neuer Titelmusik und in 3D über die | |
Klatschmohnwiese. Und siehe da: Dünn ist sie. Zu dünn? | |
Rollenklischees in Männermagazinen : Harte Stecher | |
Rollenklischees gibt es nicht nur in Frauenmagazinen. In | |
Männerzeitschriften ist der Mann von heute immer geil, immer fit, immer | |
cool und flirtet jede ins Bett. |