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# taz.de -- Neue Folgen der Biene Maja: Barbie Maja
> Ab Karfreitag fliegt die Biene Maja mit neuer Titelmusik und in 3D über
> die Klatschmohnwiese. Und siehe da: Dünn ist sie. Zu dünn?
Bild: Mit pinken Wangen und Achtziger-Jahre-Friseur: die neue Biene Maja.
Mit schönen Kindheitserinnerungen ist nicht zu spaßen. Man gibt sie ungern
wieder her. Die Biene Maja, zum Beispiel. Sie war lustig, und frech und
überhaupt eine großartige Sonntagslangeweilevertreiberin. Und sie war, na
ja, fett.
Was einem eigentlich immer gar nicht so richtig aufgefallen war. Aber nun
hat es das ZDF gewagt, in den heiligen Hallen des kollektiven
Fernsehgedächtnisses ein bisschen mit dem Staubwedel durchzugehen. Und
damit einen richtigen kleinen Aufschrei provoziert: Die Biene Maja wird
3-D. Und: dünn!
Oder besser gesagt: dünner. Ab Karfreitag fliegt die Maja in 78 neuen,
knapp zwölfminütigen Folgen wieder über die öffentlich-rechtliche
Klatschmohnwiese – und das Bäuchlein der nun computeranimierten Maja ist
noch immer zart gerundet, zur Wespentaille reicht es naturgemäß nicht ganz.
Doch es reichte allemal, damit sich die Münchener [1][Süddeutsche Zeitung]
über „Bulimie an den Honigtöpfen, moderner Schlankheitswahn im
Öffentlich-Rechtlichen“ entsetzte. „Germany’s next Top Model“ ([2][Spi…
Online]) und „Die fetten Jahre sind vorbei“ (aus Österreich: [3][Der
Standard]) echote es aus der Medienlandschaft zurück. Im Netz schwappten
erschrockene „Huchs!“ nebst Vorher-hinterher-Beweisbildern der Maja von
Blog zu Blog.
Die Aufregung lange vor dem Start der neuen Folgen am Freitag schien selbst
Barbara Biermann, Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Kinder und Jugend,
beeindruckt zu haben. Man habe der Biene Maja durch die 3-D-Animation und
den „veränderten Look“ eine „neue Wertigkeit“ hinzufügen wollen, sagt…
in die Stille nach der Pressevorführung hinein.
Der große Kopf, die runden Kulleraugen, die nun auch eine Farbe, nämlich
Blau, bekommen haben: „Niedlicher und moderner“ habe man die neue Maja
visualisieren wollen, erklärt Produzent Patrick Elmendorff. Und Biermann
sagte, fast entschuldigend: „Vielleicht war es irgendwann einfach mal an
der Zeit, das nie Gedachte zu denken, das Ungeahnte zu wagen.“
## Schlank ist schön
Das nie Gedachte: Es gibt so ein paar heilige Kühe im deutschen
Kinderfernsehen, die Biene Maja gehört dazu, wer an sie rührt, braucht Mut.
Und wo es gefühlig wird, helfen auch durchaus vernünftige Argumente – man
könne über 30 Jahre altes Filmmaterial eben nur bedingt immer wieder
restaurieren, sagt Biermann – nicht unbedingt weiter.
Deshalb könnte man nun bei der Dünn-Debatte auch einfach ein bisschen
mitschimpfen, schließlich staksten in der jüngeren Vergangenheit ja schon
genug untergewichtige potenzielle Identifikationsfiguren („Top Model“,
„Model-WG“, „Das perfekte Model“) durchs Privatfernsehen. Und jetzt kom…
das öffentlich-rechtliche Kinderfernsehen (Bildungsauftrag! Unsere
Steuergelder!) und suggeriert schon den Kleinsten im Vorschulalter: schlank
ist schön?
Bei der ganzen Aufregung vergisst man – die Kinder. Spielt für sie Majas
Hüftumfang, ob bewusst oder unbewusst, für die Identifikation mit der Figur
überhaupt eine Rolle? Bei menschlichen Zeichentrickmädchen mag das noch mal
anders sein, aber bei einer (zugegeben sprechenden, vermenschlichten)
Biene?
Eine pädagogische Intention verfolge man mit der schlankeren Biene
jedenfalls nicht, sagt Biermann. Und: „Dünn ist auch immer relativ und
entsteht hier wohl vor allem im Vergleich mit der ersten Maja.“ Den
Vergleich zu früher haben wiederum nur die Erwachsenen – die es übrigens
offenbar bisher durchaus okay fanden, dass die 2-D-Maja im Laufe der beiden
alten Staffeln merklich schlanker wurde.
Die Dünn-Diskussion ist ohnehin nur Platzhalter für eine andere Debatte.
Denn das Entsetzen der erwachsenen Maja-Fans über die schlanker gewordene
Computer-Biene ist nichts anderes als der konservative Reflex, erst mal
alles verdächtig zu finden, was lange Geliebtes neu macht. Rührt nicht an
die Helden unserer Kindheit! Blickt man mal über das Kinderfernsehen
hinaus, gab es da jüngst die aufgeregt geführte Debatte um mittlerweile
rassistische oder schlicht veraltete Begriffe in Kinderbuchklassikern:
„Neger“ in „Pippi Langstrumpf“ und „Jim Knopf“, „wichsen“ anste…
„schlagen“ in Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“. Darf man, und wie v…
darf man, von etwas wegnehmen, um es richtiger zu machen?
## Die Klatschmohnwiese
Der Spagat zwischen Bewahren und Erneuern: „Der Wiedererkennungswert der
Geschichten, der Figuren, den wollten wir unbedingt erhalten. Wir haben
versucht, den Geist der alten Biene Maja auf heute zu übertragen“, erklärt
Produzent Elmendorff. Will heißen: Neben der 3-D-Optik wird jetzt vor allem
schneller, Elmendorff sagt: „dynamischer“, erzählt.
Die neuen Folgen sind nur etwa halb so lang wie die alten, die noch über
knapp 30 Minuten gingen. Man habe herausgefunden, dass die
Aufmerksamkeitsspanne von Vorschulkindern kürzer sei als früher angenommen,
sagt Elmendorff.
Geblieben ist die Klatschmohnwiesenwelt, genauso wie die Charaktere in
ihrem Wesen die gleichen geblieben sind: Die neugierige Maja (gesprochen
von Zalina Sanchez), die lieber nach ihren eigenen Regeln auf der Wiese als
im Bienenstock leben will, die schlafmützige Drohne Willi (Gerd Meyer), der
oberlehrerhafte Grashüpfer Flip (Hans-Jürgen Dittberner), die drollig-böse
Spinne Thekla (Beate Gerlach).
Und auch die neuen Geschichten handeln von Freundschaft und Courage, vom
Sich-was-Zutrauen und Für-andere-da-Sein. In der vorab gezeigten Episode
„Der Mistkugelwettbewerb“ will Mistkäfer Ben – einer von etwa einer
Handvoll neu dazugekommener Figuren – mit einer besonders schön gerollten
Kugel besagten Wettbewerb gewinnen. Die wirklich sehr schwangere Fliege
Lilly (Wehen bei einer Schmeißfliege, auch für den erwachsenen Zuschauer
durchaus unterhaltsam) braucht „Balli“ aber dringender, für ihre Eier. Am
Ende siegt natürlich Selbstlosigkeit, und Ben gewinnt, nur anders.
Gut erzählte Geschichten, stimmige Charaktere: darauf komme es am Ende an,
sagt Biermann. „3-D an sich ist kein Selbstzweck.“ Aber es macht, wenn man
mal aufhört, der neuen Maja verkniffen auf die Taille zu schielen,
schlichtweg ziemlich viel Spaß. Konnte man bei den alten Folgen bisher
„nur“ zugucken, fliegt man jetzt hinterher, mitten durch den
Gräserdschungel. Und wollte man genau das nicht immer schon mal machen, als
man so ungefähr fünf Jahre alt war?
Ein Kind ausgerechnet konnte übrigens gar nicht verstehen, was die
Erwachsenen sich alle so aufregen über die verschlankte Biene. Die
zwölfjährige Zalina Sanchez schaute auf der Pressevorführung sichtlich
verwirrt, als sie gefragt wurde, wie sie es fände, dass die Biene jetzt
dünn sei. Sie runzelte die Stirn und sagte, das wäre ihr, ehrlich gesagt,
noch gar nicht so richtig aufgefallen. Aber ob das denn wichtig sei? Ja.
Für die Erwachsenen.
28 Mar 2013
## LINKS
[1] http://www.sueddeutsche.de/medien/biene-maja-wird-moderner-wespentaille-1.1…
[2] http://www.spiegel.de/panorama/biene-majas-rueckkehr-in-der-germany-s-next-…
[3] http://derstandard.at/1360681872992/Biene-Maja-Die-fetten-Jahre-sind-vorbei
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
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