| # taz.de -- Humorforscherin über Geschlechterrollen: „Männer bevorzugen sex… | |
| > Für Barbara Wild ist der Witz fester Bestandteil männlichen | |
| > Balzverhaltens. Allerdings sei „Humor als Geisteshaltung“ wiederum kein | |
| > charakteristisches Merkmal der Deutschen. | |
| Bild: Dem deutschen Nachkriegshumor verpflichtet: Mario Barth. | |
| Frauen und Männer, sagt die Psychotherapeutin und Humorforscherin Barbara | |
| Wild, besitzen einen unterschiedlichen Humor. „Männer bevorzugen sexuelle | |
| Witze. Durch den Witz versuchen sie ihre sexuelle Potenz darzustellen. | |
| Freud geht zum Beispiel davon aus, dass man mit dem Witz verdrängte Wünsche | |
| und Konflikte ausdrücken kann, die ansonsten nicht salonfähig wären.“ A | |
| Außerdem sei der männliche Humor aggressiver. In Dating-Situationen sei es | |
| eher so, dass der Mann den Witz erzählt und die Frau darüber lacht. „Die | |
| Witzigkeit des Mannes,“ erläutert sie, „ist wie das Rad, das der Pfau | |
| schlägt. Damit zeigt der Mann nicht nur seine sexuelle, sondern eben auch | |
| seine menschliche und intellektuelle Potenz. Der Witz ist ein Bestandteil | |
| seines Balzverhaltens, mit der er die Frau erobern möchte.“ | |
| Barbara Wild, 1961 in Bad Godesberg geboren, ist Ärztin für Neurologie, | |
| Psychiatrie, Psychotherapie. Sie ist eine der profiliertesten | |
| Humorforscherinnen Deutschlands. Ihr Buch „Humor in Psychiatrie und | |
| Psychotherapie“ ist ein Standardwerk in der Humorforschung. | |
| Anders als bei den Briten, sagt Barbara Wild im sonntaz-Gespräch, sei der | |
| „Humor als Geisteshaltung“ kein charakteristisches Merkmal der Deutschen. | |
| Sie führt das auf den Bruch in der Nazi-Zeit zurück. Damals sei der | |
| wunderbare und selbstironische jüdische Humor ausgelöscht worden, und nach | |
| 1945 hätten blöde Witze über vollbusige Blondinen dominiert, die eine | |
| Funktion der Zudeckung hatten. Man wollte nicht an Vergangenes erinnert | |
| werden. | |
| Und auch in den Geisteswissenschaften sei der Humor lange Zeit verpönt | |
| gewesen. In der Frankfurter Schule um Adorno und Horkheimer galt das | |
| gemeinsame Lachen als eine Gleichschaltung in der Menge, die den Verlust | |
| des kritischen Geistes zur Folge hatte. Erst in den letzten zwanzig, | |
| dreißig Jahren habe man in Deutschland die Verkrampfung hinter sich | |
| gelassen. Im sonntaz-Gespräch sagt sie: „Ich bin Jahrgang 1961, also eine | |
| Post-Achtundsechzigerin, die vielleicht nicht mehr ganz so ernst und | |
| kritisch auf alles reagieren muss.“ | |
| Humor sei auch kein Luxusgut. Der statistische Zusammenhang zwischen Geld | |
| und Glück sei nicht besonders hoch. „Ich glaube,“ sagt Barbara Wild, „da… | |
| man in nahezu jeder Lebenslage humorvoll sein kann. Denken Sie zum Beispiel | |
| an Victor Frankl. Das war ein österreichisch-jüdischer Psychiater, der im | |
| KZ gewesen ist. Er schreibt, dass der Humor im KZ unglaublich wichtig war. | |
| Er hatte einen Freund, mit dem er ausgemacht hatte, dass man sich jeden Tag | |
| einen Witz erzählt. Für ihn war der Humor etwas, das ihm keiner nehmen | |
| konnte. Man konnte ihm sein Geld, seinen Titel, seine Gesundheit, sein | |
| Essen nehmen, aber eben nicht seinen Humor.“ | |
| 8 Jun 2013 | |
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