# taz.de -- Eröffnung von Barbies Dreamhouse: Alles so schön rosa hier | |
> Im Kreis herumfahrende Cupcakes, rosafarbene Plastik-Pudel und ein | |
> Laufsteg. Wie groß ist der Spaßfaktor in Barbies Dreamhouse in Berlin? | |
Bild: Quietschig rosa, süß und sooooo niedlich: das Barbie Dreamhouse. | |
BERLIN taz | Die barbusige Frau ist am frühen Eröffnungsnachmittag schon | |
weg. Sie wurde von der Polizei abgeführt. Mit ihrer brennenden Barbie am | |
Kreuz wurde zwar noch herumgefuchtelt, und eine amtliche Rangelei zwischen | |
Sicherheitskräften und DemonstrantInnen gab es zudem. Aber gegen 13.30 Uhr | |
liegt das rosa Flachdachgebäude mit dem geschwungenen „Barbie Dreamhouse | |
Experience“-Schriftzug recht verlassen hinter dem Berliner Einkaufszentrum | |
Alexa am Alexanderplatz. | |
Der Geruch nach verbranntem Plastik hat sich verzogen, und der große High | |
Heel, auf dem die Demonstrierende kurz vorher ihren Leib mit der Aufschrift | |
„Life in plastic is not fantastic“ dargeboten hatte, ist verwaist. | |
Der erste Tag der „interaktiven Barbie-Erlebnisausstellung“, die der | |
US-Spielzeuggigant „Mattel“ für dreieinhalb Monate in Berlin gastieren | |
lassen möchte, fing wild an und ging dann ruhig aus. Nach dem Verschieben | |
des Eröffnungstermins und einer Menge negativer Vorabberichte über die | |
„rosa Hölle“ war Zeitungen wie der taz deutlich gesagt worden, dass man | |
keinen Wert auf ihren Besuch lege. Jetzt, nach dem politischen | |
Trompetenstoß zu Beginn, haben sämtliche Teams ihre Bilder, die Aussagen zu | |
Sexismus und Rollenklischees werden baldmöglichst versendet, ein Rest | |
Presse hockt im Barbie-Café und sucht das beste Busenbild. | |
Besucher tummeln sich wenige auf der 2.500 Quadratmeter großen | |
Plastikfläche im Inneren: Die Zielgruppe mopst sich in Schule und | |
Kindergarten, und 12 Euro Eintritt ab vier Jahren und 17,70 für Erwachsene | |
sind kein Pappenstiel. Besonders nicht für die Begleitung, denn die | |
„Experience“ ist eher für Menschen bis 12 Jahre eine solche. Dennoch muss | |
in diesem Alter eine Aufsichtsperson dabei sein. So wird das | |
Barbie-Traumhaus ein teurer Spaß. | |
Vor allem, wenn der Spaßfaktor schwer zu finden ist: Die gesamte | |
Innenausstattung sieht aus wie ein orgiastischer Traum von Liberaces | |
Dekorateur und wird von Plexiglas geschützt. So steht man in Barbies rosa | |
Küche, in der bunte Plastik-Cupcakes im Kreis herumfahren, und schaut sich | |
Utensilien in schreienden Farben hinter Glas an. | |
## „Bravo! Du hast einen Cupcake mit Streuseln gebacken!“ | |
Ein kleines Zopfmädchen aktiviert das zum Raum gehörige Computerspiel mit | |
dem rosa Barbie-Armband, für das die Mutter 5 Euro Pfand hinterlegen | |
musste, und zieht mit dem Finger verschiedene „Toppings“ auf das | |
Muffinbild, schiebt es in den Ofen und drückt das Küchenuhrsymbol auf dem | |
Touchscreen. „Bravo! Du hast einen Cupcake mit Streuseln gebacken!“, | |
erscheint auf dem Bildschirm. Es ist zwar nur ein virtueller Kuchen. Aber | |
immerhin macht der nicht dick. | |
Denn Barbie ist bekanntermaßen zu dünn, und außer den drei großen K – Ken, | |
Kultivieren, Küche – ist auch sonst nicht viel mit ihr los. In der | |
Dreamhouse-Schminkstation kann man sich für den Barbie-Laufsteg aufbrezeln | |
oder von einer Mitarbeiterin im schwarzen „Barbie’s Friend“-Shirt | |
aufbrezeln lassen. | |
Ein etwa achtjähriges Mädchen nimmt vor dem Make-up-Spiegel Platz. „Hast du | |
dich schon mal geschminkt?“, will „Barbie’s Freundin“ wissen. „Nein�… | |
antwortet das Mädchen. „Das fängt immer irgendwann an“, sagt die Frau, und | |
bestäubt die Kinderlider mit Glitzerpuder. | |
Auf Barbies Balkon, wo der rosa Kugelgrill genau wie andere Requisiten | |
zugeklebt ist, warten Liegestühle auf Belagerung durch partywütige Mädchen. | |
Die Anti-Barbie-Fraktion würde jedoch schlucken: Durch rosa Münzfernrohre | |
ist Barbie am Strand beim Surfen, Speedboot- und Autofahren, Ukulelespielen | |
und Wasserball zu beobachten. | |
## Delphin springt aus dem Klo | |
In Barbies Badezimmer lugt auf Knopfdruck ein Delphin aus dem Klo und | |
schnattert, in Barbies Wohnzimmer lassen sich Postkarten gestalten und ein | |
Puzzle mit vier Teilen zusammensetzen, in Barbies Schlafzimmer steht eine | |
überdimensionierte Schmuckschatulle und eine fellausgekleidete Rutsche, | |
flankiert werden fast alle Räume der ebenerdigen, durch einen realistisch | |
ruckelnden Fahrstuhl auf virtuelle drei Etagen gezauberte Fläche von rosa | |
Plastik-Königspudeln. | |
Im zweiten Stock wartet Barbies Ankleidezimmer: Fast alles ist aufgemalt, | |
dazwischen ein paar lebensgroße Kleidungsstücke und Schuhe hinter | |
Plexiglas. Das echte Regal mit den Federboas dreht sich laut quietschend, | |
ein paar der Spiele sind noch nicht fertig. | |
## Hochprozentige Bar fehlt | |
Am Ende, als man das Armband zurückgeben und sein persönliches | |
Barbie-Erinnerungsbuch samt Postkarte abholen will, heißt es, der Drucker | |
komme erst in 8 bis 10 Tagen. Und das Buch kostet Extrageld. Die vom | |
Veranstalter geäußerte Aussicht, bis August 140.000 BesucherInnen begrüßen | |
und dann weitere Häuser in Deutschland eröffnen zu können, wird man | |
weiterbeobachten. | |
Dabei wäre es so einfach, die „Barbie Dreamhouse Experience“ in | |
florierenden Kommerz zu verwandeln. 1. Eine hochprozentige Bar, andere | |
Musik und ein Darkroom statt des Ankleidezimmers würden aus Kitsch für | |
Kinder Camp für eine gut gelaunte Schwulen-/Transenclique machen. 2. Einige | |
wenige genderbedachte und pädagogische Veränderungen (Abenteuerspielecke | |
mit echten Puppen und Astronauten- und Rennfahrerinnenkostümen, | |
Wissensspiele, Geschicklichkeitsaufgaben) würden kritische Eltern | |
zufriedenstellen. 3. Der Name ließe sich immer noch einer Riot-Grrrls-Band | |
verkaufen. Nach dem Konzert von „The Barbie Dreamhouse Experience“ auf dem | |
Kunstrasen könnte man dann das ganze Ding medienträchtig abfackeln. | |
17 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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