Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lettland fit für die Eurozone: Ein zweites Zypern
> Lettland darf das 18. Euroland werden. Der Bankensektor macht Probleme,
> indem er russische Anleger in den Schengen-Raum lockt.
Bild: „Hereinspaziert!“, der lettische Premierminister Valdis Dombrovskis (…
STOCKHOLM taz | Die EU-Kommission hält Lettland für fit genug für die
Eurozone. Am Mittwoch gab sie grünes Licht für einen Beitritt zum 1. Januar
2014. Ganz leicht soll die Entscheidung nicht gefallen sein. Vor allem
Frankreich hatte offenbar für ein späteres Beitrittsdatum plädiert.
Die Bedenken des zweitgrößten Landes der Währungsgemeinschaft werden von
einer ganzen Reihe von Ökonomen geteilt. Denn seit September 2012 schafft
Lettland zwar die Maastricht-Hürden, unklar ist aber vor allem, wie
nachhaltig das Land beispielsweise die Inflationsgrenze einhalten kann.
Und dann ist da auch noch das Bankensystem. Im Verhältnis zum
Bruttonationalprodukt – also dem Wert aller innerhalb eines Jahres von
Inländern erzeugten Güter und Dienstleistungen – hat Lettland nach
Slowenien den zweitgrößten Bankensektor der im Rahmen der Osterweiterung
von 2004 aufgenommenen EU-Mitglieder.
Und es ist ein populäres Offshore-Bankenzentrum für Kunden aus den ehemals
zur Sowjetunion gehörenden Staaten, also aus den GUS-Ländern. Zum
Jahresbeginn wurden 51 Prozent der Einlagen lettischer Banken von
sogenannten Non-residents gehalten. In Zypern waren es vor dem
Zusammenbruch des dortigen Bankensystems vergleichsweise nur 37 Prozent
gewesen.
## Zwei große Bankenpleiten
In den letzten Monaten seien viele weitere Milliarden an russischen Geldern
aus Zypern nach Lettland geströmt, meldete die Financial Times im April.
Und Moody’s warnte vor einem Monat davor, dass der hohe Anteil solcher
Einlagen das Bankensystem instabil machen könnten.
Lettlands Bankenaufsicht FKTK und die Zentralbank betonen, das Bankensystem
sei gesund. Doch daran lassen die beiden großen lettischen Bankenpleiten
der letzten Jahre zweifeln: Die Parex-Bank war 2008 erst teilverstaatlicht
und später abgewickelt worden. Und Ende 2011 meldete die Latvijas Krajbanka
Zahlungsunfähigkeit.
In beiden Fällen reagierte die Bankenaufsicht zu spät. Nicht nur die
lettischen Steuerzahler zahlten für die Schulden, Riga war auch gezwungen,
sich von IWF und EU Geld zu leihen. Der Zusammenbruch der Parex-Bank war
2008 ein auslösender Faktor der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise des
Landes.
Lettlands Bankensektor ist zweigeteilt. Während einheimische Wirtschafts-
und Privatkunden vor allem von hauptsächlich in skandinavischem Besitz
befindlichen Kreditinstituten bedient werden, haben sich mehr als die
Hälfte der Banken auf Non-residents vor allem aus GUS-Staaten
spezialisiert.
## Auf der schwarzen Liste des US-Finanzministeriums
Beispielsweise die SMP-Bank. Ihre Hauptaktionäre sind Arkady und Boris
Rotenberg: Dollarmilliardäre, ehemalige Judo-Sparringspartner und gute
Freunde des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Noch unter dem Namen
Multibanka stand die SMP zeitweise auf der schwarzen Liste des
US-Finanzministeriums.
Kunden aus dem Osten werden dabei gar nicht primär mit Zinsen gelockt.
Rietumu Banka, Lettlands sechsgrößte Bank, etwa wirbt damit, dass jeder
Investor, der ein Konto über mindestens 300.000 Euro eröffnet oder ein
Grundstück im Wert von mehr als 72.000 Euro erwirbt, nach lettischem Recht
eine fünfjährige Aufenthaltserlaubnis und damit Bewegungsfreiheit in allen
25 Schengen-Staaten erhält.
„Lettland hat keine Einwände gegen russische Gelder“, heißt es in einer
Presseerklärung der Bank. Das Land sei dabei, „eine führende Rolle im
internationalen finanziellen Konzert zu spielen“.
5 Jun 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Eurozone
Lettland
Zypern
Schwerpunkt Finanzkrise
Lettland
Lettland
Lettland
Europäische Union
Schwerpunkt Angela Merkel
Euro
## ARTIKEL ZUM THEMA
Regierungskrise in Lettland: Der Premier schmeißt hin
Valdis Dombrovskis übernimmt die politische Verantwortung für ein Unglück
mit 54 Toten. Die Opposition nimmt ihm das nicht ab.
Reaktion auf Supermarkt-Einsturz: Lettischer Regierungschef tritt zurück
Wenige Tage nach dem Einsturz eines Supermarktes in Riga ist der lettische
Premier Dombrovskis zurückgetreten. Bei dem Unglück starben mehr als 50
Menschen.
Euro im Baltikum: Lettland wird die neue Schweiz
Der baltische Staat wird zum 1. Januar den Euro einführen. Das Land setzt
auf Steuersparmodelle und niedrige Unternehmensteuern. Eine Krise scheint
nah.
Debatte zum Euro: Ein wohnliches europäisches Haus
Es gibt gute Gründe für die Währungsunion in Europa. Dazu muss sie aber
auch zu einer Fiskal- und Sozialunion umgebaut werden.
Treffen von Merkel und Hollande: Wunsch nach dem Eurogruppen-Chef
Mehr Koordination und Zusammenarbeit: Bundeskanzlerin Merkel und
Frankreichs Präsident Hollande fordern einen „Vollzeit“-Präsidenten für …
Eurogruppe.
Finanzkrise in Europa: Brüssel ändert die Therapie
Die Spardiktate werden gelockert, die EU-Kommission setzt stattdessen auf
Agendapolitik. Vor allem Frankreich bekommt das zu spüren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.