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# taz.de -- Regierungskrise in Lettland: Der Premier schmeißt hin
> Valdis Dombrovskis übernimmt die politische Verantwortung für ein Unglück
> mit 54 Toten. Die Opposition nimmt ihm das nicht ab.
Bild: Rücktritt nach der Tragödie in einem Rigaer Supermarkt mit 54 Toten: Le…
STOCKHOLM taz | Erstaunen, Respekt aber auch Unverständnis im eigenen
politischen Lager, Kritik seitens der Opposition: Das sind die Reaktionen
auf den am Mittwoch erfolgten Rücktritt von Lettlands Ministerpräsidenten
Valdis Dombrovskis.
Damit übernehme er die „politische Verantwortung“ für den Einsturz des
Dachs eines Supermarkts in einem Vorort der Hauptstadt Riga am Donnerstag
vergangener Woche, hieß es zur Begründung. Dieses bislang folgenschwerste
Unglück in Lettland seit der Unabhängigkeit im Jahre 1991 kostete 54
Menschen das Leben. Als „sehr überraschend“ bezeichnet Daunis Auers,
Politikwissenschaftler an der Stockholm School of Economics in Riga, die
Entscheidung Dombrovskis.
Zwar war in den vergangenen Tagen der öffentliche Druck gewachsen und in
den Medien die Verantwortung der Politik eingefordert worden. Die
Katastrophe hatte Staatschef Andris Berzins als „Mord“ bezeichnet und
Korruption als mögliche Ursache hinter der Genehmigung einer möglicherweise
zu schwachen Dachkonstruktion vermutet. Unter Hinweis auf zu enge
Beziehungen zwischen den mächtigen Wirtschaftsunternehmen und der
politischen Führung ging Berzins so weit, die Einsetzung einer
Untersuchungskommission mit ausländischen Experten zu fordern.
Tatsächlich berichten Medien in den letzten Tagen nicht nur über enge
persönliche Beziehungen zwischen mehreren für Bau und Verwaltung des
Supermarkts verantwortlichen Personen und führenden Politikern, sondern
auch über großzügige Spenden der fraglichen Firmen an politische und
kulturelle Organisationen, die den Regierungsparteien nahestehen.
## Missbrauch der Tragödie für politische Zwecke
Was eine direkte Verantwortung von Dombrovskis selbst angeht, wird nur ein
in seiner Regierungszeit liberalisiertes Baurecht genannt, das
Genehmigungen für den boomenden Baumarkt erleichtert und beschleunigt habe.
Die Linksopposition bezweifelt daher auch die Motive des Premiers für
seinen Rücktritt und wirft ihm vor, er missbrauche die Tragödie, um sich
vor weiterer Regierungsverantwortung zu drücken. Sein Schritt sei ein
durchsichtiger Versuch im Hinblick auf die Wahlen 2014 Popularität zu
gewinnen.
Dombrovskis Mitte-Rechts Koalition stand vor großen ökonomischen
Herausforderungen: Die Insolvenz eines Stahlkonzerns, wodurch Tausende von
Arbeitsplätzen bedroht sind, die Einführung des in der Bevölkerung
ungeliebten Euro zum Jahreswechsel und eine steigende Inflationsrate. Zudem
hat die Regierung keine Mehrheit mehr im Parlament. Die zur Koalition
gehörende nationalistische Nationale Allianz hatte zuletzt mehrfach mit der
Opposition gestimmt. Mit dem Regierungschef gab es Konflikte wegen der
Auswechslung von Ministern. Ein Auseinanderbrechen der Koalition schien
daher nur eine Frage der Zeit zu sein.
Mit Dombrovskis Rücktritt scheidet die ganze Regierung aus dem Amt. Laut
Verfassung kommen Neuwahlen nicht in Frage, weil es weniger als 12 Monate
bis zu den nächsten regulären Parlamentswahlen 2014 sind. Staatspräsident
Berzins hofft, dass spätestens zum Jahresende eine neue Regierung steht.
„Das Problem ist, dass es hinter Dombrovskis keine Nummer 2 gibt“, sagt
Daunis Auers. Der 42-Jährige habe seit 2009 die Politik des Landes
unangefochten dominiert.
28 Nov 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Lettland
Regierung
Krise
Euro
Eurozone
Lettland
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