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# taz.de -- Verfassungsgericht prüft Eurorettung: Der Zweck heiligt die Mittel…
> Die EZB werde den Euro retten, „koste es, was es wolle“ – so formulierte
> es EZB-Chef Draghi. Das Verfassungsgericht prüft nun, ob so die
> Demokratie ausgehebelt wurde.
Bild: Das Aktionsbündnis Direkte Demokratie protestiert vor dem Verfassungsger…
KARLSRUHE taz | Betreibt die Europäische Zentralbank (EZB) bei der Rettung
des Euro eine verbotene Staatsfinanzierung? Über diese Frage verhandelt das
Bundesverfassungsgericht am Dienstag und Mittwoch. „Dass die EZB bisher
erfolgreich war, darf hierbei keine Rolle spielen“, betonte
Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle zu Beginn der Verhandlung,
„sonst würde ja der Zweck die Mittel heiligen.“
Konkret geht es um die Ankündigung von EZB-Präsident Mario Draghi, dass die
Bank den Euro retten werde, koste es, was es wolle („whatever it takes“).
Im September 2012 beschloss die EZB dann ein Programm zum unbeschränkten
Ankauf von Staatsanleihen von Krisenstaaten, die sich zugleich einem
Strukturanpassungsprogramm unterwerfen.
Bisher ist das Programm noch gar nicht in Gang gesetzt worden. Doch die
bloße Ankündigung hat schon gewirkt. Die Risikoaufschläge für
hochverschuldete Staaten wie Portugal, Italien und Spanien sanken wieder.
Diese können sich nun wieder zu tragbaren Konditionen auf dem Kapitalmarkt
finanzieren.
Gegen diesen EZB-Beschluss liegen mehrere Verfassungsbeschwerden vor, unter
anderem vom CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler, der Fraktion der
Linken im Bundestag und dem Verein „Mehr Demokratie“ rund um die frühere
SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. Ursprünglich hatten die Kläger
gegen den Rettungsschirm ESM geklagt, der den Schuldenstaaten mit billigen
Krediten helfen sollte. Doch als das Verfassungsgericht den ESM-Vertrag im
September 2012 schon im einstweiligen Rechtsschutz billigte, erweiterten
die Kläger ihre Anträge auf die EZB-Frage.
„Hier geht die Demokratie vor die Hunde“, warnte Gauweilers Rechtsvertreter
Dietrich Murswiek. Die EZB schaffe mit dem Aufkauf solcher Staatsanleihen
Risiken in Billionenhöhe, die letzten Endes Staaten wie Deutschland tragen
müssten. „Das ist eine Vergemeinschaftung von Schulden, aus der
Währungsunion wird eine Haftungsunion – ohne dass der Bundestag je
zugestimmt hat.“ Auch die Linke und Mehr Demokratie kritisierten, dass die
EZB ihre Kompetenzen überschreite.
Die EZB sieht das angekündigte Ankaufprogramm im Rahmen ihres Mandats, der
Sicherung von Preisstabilität. Solange die Finanzmärkte von einzelnen
Eurostaaten hohe Zinszuschläge verlangten, könne die EZB mit ihren
Zinssignalen keine inflationsdämpfende Wirkung erzielen. Sie müsse daher
zuerst die Märkte beruhigen. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen wollte
dies als Sachverständiger nach Redaktionsschluss erläutern.
## „Die Gewinne überwiegen die Risiken“
Die EZB-Kritiker halten die preispolitische Begründung für das
Ankaufprogramm für vorgeschoben. Hier werde eindeutig verschuldeten Staaten
bei der Staatsfinanzierung geholfen. Die Deutsche Bundesbank hat im EZB-Rat
deshalb gegen das Programm gestimmt. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann
sagt auch als Sachverständiger aus.
Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle unterstützte als Vertreter des
Bundestag die EZB-Politik. Der Bundestag beobachte die EZB-Politik genau.
„Aber ich und viele andere glauben, dass die Gewinne die Risiken überwiegen
und, mit Verlaub, wir sind die Volksvertreter“, sagte Barthle.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verwies auf die Unabhängigkeit
der EZB, die Deutschland in Europa durchgesetzt hatte. Deshalb habe die
Europäische Zentralbank nun einen weiten Handlungs- und
Entscheidungsspielraum, sagte Schäuble. Sollte die Zentralbank aber ihr
Mandat eindeutig verletzen, werde die Bundesregierung selbst die EZB beim
Europäischen Gerichtshof verklagen. „Bisher haben wir aber keine Anzeichen
hierfür.“
Das Bundesverfassungsgericht hatte im September 2012 in seinem
ESM-Beschluss erklärt, der Ankauf von Staatsanleihen auf dem Markt sei dann
unzulässig, wenn er „auf eine von den Kapitalmärkten unabhängige
Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten zielt“. Danach käme es auf
die Intention der Zentralbank an – aber wer will sie feststellen?
11 Jun 2013
## TAGS
Euro-Rettung
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Demokratie
Portugal
Portugal
Schwerpunkt AfD
Zypernkrise
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