# taz.de -- Entwurf für neues Hamburger Hochschulgesetz: Ein bisschen mehr Dem… | |
> Nach zwei Jahren legt Wissenschaftssenatorin Stapelfeldt einen | |
> Gesetzentwurf vor. Die radikale Wende zurück zur demokratischen | |
> Hochschule.ist ausgebleiben. | |
Bild: Bisher deutlichster Hinweis aufs präferierte Bildungideal: Stapelfeldt (… | |
HAMBURG taz | Zu Oppositionszeiten und als frisch gebackene Senatorin hat | |
Dorothee Stapelfeldt (SPD) den Hochschulen mehr Demokratie versprochen. | |
Dann kam lange nichts. Doch nun hat die Wissenschaftssenatorin geliefert: | |
Der taz liegt der Entwurf für ein neues Hochschulgesetzt vor, das am | |
Dienstag in den Senat gehen soll. | |
Die ganz radikale Wende gegenüber dem neoliberalen Gesetz von | |
Amts-Vor-Vorgänger Jörg Dräger (parteilos) von 2003 plant die | |
SPD-Politikerin nicht. Die externen Hochschulräte, die zum Teil mit | |
Wirtschaftsvertretern besetzt sind, bleiben erhalten. Und sie haben auch | |
weiterhin Einfluss auf das Hochschulgeschehen, genehmigen die | |
Wirtschaftspläne, beschließen die „Struktur- und Entwicklungsplanung“ | |
(Step) einer Hochschule – also etwa die Frage, welche Fachrichtungen | |
expandieren oder schrumpfen. | |
## Mehr Einfluss für den Hochschulsenat | |
Allerdings müssen diese Entwicklungspläne künftig im Einvernehmen mit dem | |
Hochschulsenat verabschiedet werden. Die dort vertretenen Studierenden, | |
Professoren und Mitarbeiter erhalten also wieder mehr Einfluss, denn bisher | |
durften sie das Dokument nur abnicken. Einigen sich beide Seiten nicht, | |
entscheidet die Behörde. | |
Der Hochschulsenat darf künftig auch wieder den Präsidenten wählen. Die | |
umstrittene Uni-Chefin Monika Auweter-Kurtz 2006 und nach ihrem Rauswurf | |
2009 ihr Nachfolger Dieter Lenzen wurden vom externen Hochschulrat gewählt, | |
der Hochschulsenat durfte auch dies nur noch abnicken. | |
Hier will Stapelfeldt das Prinzip umdrehen: Künftig soll der Hochschulsenat | |
zuerst den Präsidenten wählen oder abwählen dürfen, der Hochschulrat kann | |
das dann bestätigen, beziehungsweise blockieren. Doch die | |
„Doppellegitimation“, die die Uni-Chefs unabhängiger von der | |
Hochschul-Basis macht, bleibt. | |
## Präsidenten werden weiter ausgekungelt | |
Noch 2009 hatte Stapelfeldt als Oppositionspolitikerin gefordert, für die | |
Präsidentenwahl müsse es eine hochschulöffentliche Anhörung mit mehreren | |
Bewerbern geben. Die Basis hätte dann eine wirkliche Auswahl. | |
Dazu kommt es nun nicht. Denn die Auswahl der Kandidaten, für die 2006 | |
sogar ein Headhunter eingesetzt wurde, findet weiter im stillen Kämmerlein | |
einer „Findungskommission“ statt. Die wird je zur Hälfte von Hochschulsenat | |
und Hochschulrat beschickt, wobei letzterer den Vorsitz hat. Außerdem soll | |
künftig die Behörde ein Mitglied ohne Stimmrecht entsenden. | |
Den gleichen Wermutstropfen müssen die Hochschulmitglieder in der nächst | |
unteren Ebene schlucken: Die Fakultäten dürften ihre Dekane zwar selber | |
wählen und abwählen; ein Blockade-Recht der Hochschulleitung, von dem | |
Auweter-Kurtz Gebrauch machte, als sie 2009 den von den | |
Geisteswissenschaften gewählten Theologen Martin Gutmann als Dekan | |
verhinderte, gibt es nicht mehr. Allerdings behält der Präsident Einfluss, | |
weil es auch hier das Prinzip der „Findungskommission“ gibt, deren | |
Mitglieder er zur Hälfte bestimmen darf, zur anderen Hälfte tut dies der | |
Fakultätsrat selber. | |
## Professor kippte das alte Gesetz in Karlsruhe | |
Gegen das gültige Gesetz hatte 2010 ein Professor erfolgreich vor dem | |
Bundesverfassungsgericht geklagt, weil die Wissenschaft zu wenig Einfluss | |
habe. Dem trägt der Entwurf Rechnung, indem er den Fakultätsräten, in denen | |
die Professoren die Mehrheit haben, mehr Macht einräumt. Sie, und nicht | |
mehr das Dekanat, dürfen künftig Berufungskandidaten für Professuren | |
vorschlagen, über die dann das Hochschulpräsidium entscheidet. Und sie | |
dürfen „konkretisierende Beschlüsse“ zur Mittelverteilung fassen. Sie sind | |
an der „Step“-Planung zu beteiligen und sie dürfen ihren Dekan auch | |
abwählen. | |
Allerdings wird der Fakultätsebene auch Macht genommen: Was mit frei | |
werdenden Stellen geschieht, entscheiden an Uni-Hamburg und Hochschule für | |
Angewandte Wissenschaften (HAW) künftig nicht mehr die Dekane, sondern die | |
Präsidenten, die aber an die Vorgaben aus der „Step“ gebunden sind. | |
Die Macht des Präsidenten innerhalb der Präsidien wird zudem gestärkt. Die | |
Leitung solle bei einer „sichtbaren und verantwortlichen Einzelperson | |
liegen, die persönlich für die Entwicklungsziele einsteht“, heißt es. Der | |
Abschluss der Zielvereinbarungen mit der Behörde, Beschluss von | |
Wirtschaftsplänen und Gebührensatzungen sowie die Aufstellung der | |
Vorschläge zum „Step“ werden Chef- oder Chefinnensache. | |
## Fachbereiche wieder legal | |
Wieder mehr Demokratie wagt Stapelfeldt, indem sie wieder eine dritte Ebene | |
zulässt: Unter Jörg Dräger wurde die Uni von 17 Fachbereichen in sechs | |
große Fakultäten umstrukturiert und die Bildung von Untereinheiten wie | |
Fachbereichen oder Instituten verboten. Die sind nun wieder erlaubt, wenn | |
Stapelfeldts Gesetz durchkommt. Auch darf es in der dritten Ebene wieder | |
Selbstverwaltungsgremien geben. So werde Partizipation „an der ’Wurzel‘ d… | |
akademischen Selbstverwaltung wieder hergestellt“, heißt es in der | |
Begründung. | |
Insgesamt umfasst der Entwurf 67 Änderungen. So dürfen zum Beispiel die | |
Studierendenvertreter Stellung zum Wirtschaftsplan nehmen. Auch wird für | |
Gremien wieder eine Quote eingeführt. Die gilt allerdings für beide | |
Geschlechter: Allen Gremien sollen sowohl mindestens 40 Prozent Frauen als | |
auch 40 Prozent Männer angehören. | |
15 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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