Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Linkspartei: Ein intellektuelles Armutszeugnis
> Zur tiefsten Krise des Kapitalismus fällt den Ost-Reformern nichts ein.
> In rot-roten Koalitionen ist die Linke handzahm: ein intellektuelles und
> machtpolitisches Versagen.
Es ist nicht klar, was Lafontaine zu seinem Anti-Euro Kurs treibt, ob es
mehr melancholische Rechthaberei oder populistische Effekthascherei ist.
Das spielt auch keine Rolle. Sicher ist, dass die Linkspartei als
neonationalistische Kraft, die mit der „Alternative für Deutschland“
konkurriert, zur Splitterpartei verkommen würde. Wäre Oskar Lafontaine noch
ihr Chef, dann hätte die Linkspartei derzeit die Wahl zwischen Pest und
Cholera, zwischen Spaltung und Untergang.
Die Parteiführung hat es recht geschickt verstanden, Lafontaines
destruktive Energie einzuengen. Als Bernd Riexinger vor einem Jahr
Parteichef wurde, hielten ihn manche nur für den Stellvertreter von
Lafontaines Gnaden. So ist es nicht: Riexinger ist ein eigenständigerer
Kopf als Klaus Ernst. Das zahlt sich nun aus.
Nebenbei legte die Eurodebatte wieder mal die Schwäche der Ost-Reformer
bloß. Zu Finanz- und Eurokrise fällt den Realos nichts ein. Sie haben bis
dato weder Köpfe noch Konzepte hervorgebracht. Es ist nicht nur ein
intellektuelles Armutszeugnis, dass die Ost-Reformer zur tiefsten Krise des
Kapitalismus nichts zu sagen haben. Es ist auch ein machtpolitisches
Versagen. Dabei ist zwischen Wagenknecht neomarxistischer Lust am Untergang
des Kapitalismus und dem verzagten „Ja, aber“der SPD zu Merkels Europolitik
Raum für vernunftgesteuerte linke Ideen.
Kurzum: Kreativ ist die Linkspartei derzeit nicht. Gefährdet wohl auch
nicht. Dass sie in einem Lagerwahlkampf zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb
zerrieben wird, das muss sie angesichts des Zustands von Rot-Grün nicht
befürchten. Die Linkspartei verwaltet ihre alten Forderungen – Hartz IV,
Rente, Mindestlohn, Reichensteuer – und hält sich zu Gute, die Rolle der
„sozialen Alarmanlage“ (Katja Kipping) zu spielen.
## Copyright auf Gerechtigkeitsthemen
Es stimmt, dass die Linkspartei auf fast alle Gerechtigkeitsthemen in
diesem Wahlkampf das Copyright beanspruchen kann. Sie verfügt über die
größte Durchlässligkeit gegenüber den allerdings überschaubaren
Protestbewegungen. Aber reicht es für eine linkssozialdemokratische Partei,
Verstärkeranlage sozialen Protests zu sein?
Das ungelöste Problem der Linkspartei bleibt die Regierungsfrage. In den
rot-roten Bündnissen im Osten ist die Partei meist verlässlich bis zum
Handzahmen, auf Parteitagen bedient man Anti-SPD-Reflexe. Bekannte Parolen,
gemischte Gefühle. Das Kalkül dahinter ist wohl die Hoffnung, dass die –
vor allem im Westen – in Atemnot befindliche Partei bald wieder eine
Sauerstoffzufuhr von der SPD bekommt.
Wenn die SPD als Juniorpartner in Angela Merkels Kabinett wird, dann werden
frustrierte sozialdemokratische Wähler und Funktionäre überlaufen, wie
2005. Vielleicht passiert das, vielleicht auch nicht. Sicher ist, dass die
Linkspartei dies nicht in der Hand hat. Sie wäre wieder Krisengewinner,
abhängig von der Schwäche der SPD – mehr nicht. Das ist zu wenig für eine
Partei, die vollmundig Moral und Gemeinwohl für sich reklamiert.
16 Jun 2013
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Parteitag
Die Linke
Bernd Riexinger
Oskar Lafontaine
Andrea Ypsilanti
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Wahlkampf
Oskar Lafontaine
Realos
Gregor Gysi
## ARTIKEL ZUM THEMA
Linke Bewegungen in Deutschland: Heillos fragmentiert
Der Kapitalismus steckt in der Krise, und es ist Bundestagswahl. Es könnte
die Zeit der Linken sein, doch dafür sind sie zu zerstritten.
Gregor Gysi über Rot-Rot-Grün: „Entweder jetzt oder 2017“
Der letzte Parteitag der Linken in Göttingen war ein Wendepunkt, sagt
Gregor Gysi. Zu Lafontaine habe er „ein sachliches Verhältnis“.
Parteitag der Linken: Tanzabend statt Desaster
Kein Flügelstreit, keine langen Debatten: Die Linkspartei absolviert einen
entspannten Parteitag. Lafontaine blieb mit seinem Anti-Euro-Kurs isoliert,
und die SPD bekam Hiebe.
Parteitag der Linkspartei: Debatte um Soziales
Am Wochenende setzt sich die Linkspartei mit ihren Antworten auf die großen
Fragen auseinander. Streitgespräche werden nicht ausbleiben.
Lafontaine will nicht in den Bundestag: Der allerletzte Rücktritt
Oskar Lafontaine tritt nicht für die Linkspartei zur Bundestagswahl an.
Zurückgetreten ist er schon oft, doch diesmal kommt die Partei ohne ihn
aus.
Wahlprogramm der Linken: In herzlicher Abneigung
Die Linkspartei will allein gegen alle kämpfen – und zugleich mit allen.
Sie präsentiert diese Botschaft mit einem Satz von Bert Brecht.
Bundestagswahlkampf der Linkspartei: Gysi soll Spitze sein
Gregor Gysi soll wohl alleiniger Spitzenkandidaten der Linkspartei bei der
Bundestagswahl sei – ein Triumph für das Realo-Lager. Er selbst schweigt
dazu.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.