# taz.de -- Peer Streinbrücks Gefühlsausbruch: Mädchen Peer | |
> Der harte Hund Steinbrück zeigt Gefühl – und alle machen sich ans | |
> Interpretieren: Nützen oder schaden seine Tränen ihm? | |
Bild: Zwei Menschen eine Seele: Gertrud Steinbrück und ihr Mann Peer | |
Die Männerträne – sie blinkt gern auf in Situationen, die jeder Fußballfan | |
versteht: Abschied eines Jürgen Klopp von Mainz 05. Abschied eines Manuel | |
Neuer von Schalke. Abschied Helmut Kohl. Abschied Gerhard Schröder von | |
seinem Amt mit Zapfenstreich. Alles Situationen, in denen Helden und | |
Staatsmänner nicht nur weinen dürfen, sondern ihnen dies sogar zu | |
besonderer Authentizität gereicht. Geadelte Tränen, quasi. Sie machen den | |
Mann menschlich und führen zur Aufwertung. Sie werden weithin überschätzt. | |
Anders verhält es sich mit Frauentränen. Sie werden auch überschätzt, aber | |
negativ. Sie machen die Frau in der Regel nicht menschlich, sondern | |
weibisch: Mädchen heulen. Unterstellung der großen Brüder oder späteren | |
Ehemänner: Es ist Machtweinen, um etwas zu erreichen. Oder es ist | |
Schwächeweinen, weil die Mädels die Härten der Welt nicht ertragen (und | |
implizites Machtweinen, weil man Mitleid bekommen will). | |
Es führt in der Regel zur Abwertung. Stichwort Claudia Roth. Die kämpft | |
unverdrossen für eine Umwertung der weiblichen Träne: Sie sei eben auch | |
authentisch. Erfolg: mittelmäßig. NRW-Landeschefin Hannelore Kraft dagegen | |
wurde mit dem Weinen beim Loveparade-Unglück unter Staatsfrau verbucht. Ein | |
echter Fortschritt für die Frauen. | |
Dass man oder frau aber weint, weil etwas einfach schwer zu ertragen ist, | |
weil man mit seinem Latein am Ende ist und einfach nicht mehr kann, kommt | |
in der Öffentlichkeit eher nicht vor. Die Tränen müssen etwas bedeuten, | |
positiv oder negativ. Die Interpretationsmaschine läuft heiß: Nützen oder | |
schaden Peer Steinbrück seine Schluchzer? Hilflos interpretieren die Medien | |
seine Tränen als Reaktion auf seine Frau: Sie rührt ihn zu Tränen, liest | |
man. Na also, da gab es eine unkalkulierbare externe weibliche Einwirkung | |
auf den armen Mann. | |
## Schlicht erschöpft? | |
Wirklich? Eigentlich hat er angefangen zu schluchzen, als Moderatorin | |
Bettina Böttinger ihn fragte, warum er sich den Tort der Kandidatur antue. | |
Kann es nicht sein, dass er einfach nur erschöpft war? Alles geht ihm | |
schief und nun noch diese gewagte Gratwanderung am emotionalen Rand mit | |
Ehefrau. These: Er konnte nicht mehr. | |
Das aber ist, bei aller Rührung, die seine Partei sofort an den Tag legte, | |
eher der Typ Weinen, der bei Frauen als Mädchenweinen, Schwächeweinen | |
gelabelt wird. Wäre er eine Frau, dann hätten am Sonntag die Medien | |
kollektiv die Stirn gerunzelt: Kann die das? Was ist, wenn sie auf einem | |
Gipfeltreffen in Tränen ausbricht? Steinbrück hat als Mann, der vor allem | |
als hart gilt, mehr Kredit. Noch schöner wäre es, wenn wir uns einfach mal | |
daran gewöhnen würden: Es sind alles Menschen, da vorne, und manchmal | |
können sie nicht mehr, und manchmal sind sie traurig. Das adelt sie weder, | |
noch wertet es sie ab. Sie weinen mal, und dann machen sie weiter. Wie wir | |
alle. | |
17 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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